Rn 6
Ein Anrecht, das gem § 9 I dem Wertausgleich bei der Scheidung oder nach früherem Recht dem öffentlich-rechtlichen VA unterfiel, aber dennoch unberücksichtigt geblieben ist, kann nur dann noch schuldrechtlich ausgeglichen werden, wenn sich aus der Ausgangsentscheidung ergibt, dass das Gericht dieses Anrecht gesehen hat, aber einem späteren schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten wollte. Das gilt zB, wenn das Anrecht zu Unrecht als nicht ausgleichsreif angesehen oder wenn die Ausgleichsreife offengelassen worden ist (BGH FamRZ 17, 197 Rz 19, 21). Dagegen kann ein Anrecht, das – aus welchen Gründen auch immer – bei Durchführung des Wertausgleichs übersehen und über dessen Ausgleich (oder Ausschluss vom VA) keine Entscheidung getroffen worden ist, nicht mehr schuldrechtlich ausgeglichen werden (BGH FamRZ 13, 1548 Rz 21 ff; 13, 1642 Rz 23; 14, 1614 Rz 13; vgl dazu näher FAKomm-FamR/Wick § 20 Rz 8 ff). Insoweit ist auch kein Abänderungsverfahren nach § 51 oder nach § 225 FamFG mehr möglich, da dieses eine nach dem Ende der Ehezeit eintretende Veränderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse der berücksichtigten Anrechte voraussetzt, die auf den ermittelten Ehezeitanteil (Ausgleichswert) zurückwirkt (s § 51 Rn 8). In Betracht kommen in diesen Fällen allenfalls ein Wiederaufnahmeverfahren gem § 48 II FamFG iVm §§ 579, 580 ZPO, wenn die ausgleichspflichtige Person ein Anrecht in betrügerischer Absicht bewusst verheimlicht hat, oder Schadensersatzansprüche des Ausgleichsberechtigten gegen den eigenen Anwalt oder gegen den Ausgleichspflichtigen (vgl Wick FuR 23, 118). Im Übrigen erwächst die ›falsche‹ Entscheidung in Rechtskraft. Ausgleichsansprüche nach der Scheidung sind auch ausgeschlossen, soweit das Gericht iRd Entscheidung über den Wertausgleich ausdrücklich festgestellt hat, dass ‹ein VA nicht stattfindet›. Dies betrifft die in § 224 III FamFG geregelten Fälle kurzer Ehezeit (ohne einen auf Durchführung des VA gerichteten Antrag), eines vereinbarten Ausschlusses des VA, einer Herausnahme von Anrechten aus dem VA gem § 18 und eines Ausschlusses des VA gem § 27. Auch wenn das Gericht nur tituliert hat, dass ein ›Wertausgleich bei der Scheidung‹ nicht stattfindet, schließt die Rechtskraft der feststellenden Entscheidung nach § 224 III FamFG eine nachträgliche Korrektur im Wege einer Durchführung des schuldrechtlichen VA aus. Etwas anderes gilt nur für den Fall, dass die Ehegatten sich in einer Vereinbarung ausdrücklich einen schuldrechtlichen VA vorbehalten haben (vgl § 6 I 2 Nr 3).