Rn 2

Bereits aus § 1 I ergibt sich, dass Versorgungsanrechte dem Versorgungsausgleich nur insoweit unterliegen, als sie in der Ehezeit erworben worden sind. Der Erwerbsvorgang muss in der Ehezeit stattgefunden haben, dh, dass das Anrecht – zumindest tw – durch Arbeit oder Vermögen in der Ehezeit begründet oder aufrechterhalten worden sein muss (vgl § 2 II Nr 1). Ist ein rechtlich selbstständiges Anrecht durch eine zusätzliche Vereinbarung erst nach Ende der Ehezeit begründet worden, fällt es nicht in den Versorgungsausgleich, auch wenn bei dem gleichen Versorgungsträger vorher bereits während der Ehezeit ein Anrecht erworben wurde (BGH FamRZ 09, 1735 Rz 26). Ist ein und dasselbe Anrecht – wie idR – teils in der Ehezeit, teils in der Zeit davor oder danach erworben worden, so muss für die Zwecke des Versorgungsausgleichs der Ehezeitanteil des Anrechts (iSd § 1 I) ermittelt werden. Der Erwerb eines Versorgungsanrechts (oder eines werterhöhenden Teiles) nach Ende der Ehezeit (auch wenn er unmittelbar danach erfolgte, in der Ehezeit ›angelegt‹ war oder nachträglich ›für die Ehezeit‹ begründet wurde) bleibt unberücksichtigt.

 

Rn 2a

II regelt, wann ein Anrecht der Ehezeit zuzurechnen ist. Diese Frage bereitet keine Probleme, wenn das Kapital, mit dem ein Anrecht erworben worden ist, in der Ehezeit gezahlt worden ist, oder wenn die Versicherungs- oder Anrechnungszeiten, aus denen ein Versorgungsanrecht herrührt, in die Ehezeit fallen. Denn dann können die entspr Bestandteile des Anrechts ohne weiteres der Ehezeit zugeordnet werden. Fraglich ist die Zuordnung aber dann, wenn diese Zeiträume nicht deckungsgleich sind. Der Reformgesetzgeber hat die Frage in Übereinstimmung mit der vom BGH bereits zum früheren Recht vertretenen Auffassung iSd sog In-Prinzips entschieden. Danach ist ein Anrecht insoweit der Ehezeit zuzuordnen, als die den Versorgungserwerb auslösende Arbeitsleistung oder Kapitalentrichtung in der Ehezeit erfolgt ist (BTDrs 16/10144, 47). Dagegen unterliegen Anrechte, die auf Beiträgen beruhen, die nach Ende der Ehezeit für in der Ehe liegende Zeiten nachentrichtet worden sind, nicht dem Versorgungsausgleich; die nachgezahlten Beiträge sind auch nicht in entspr Anwendung des § 225 FamFG in den Versorgungsausgleich einzubeziehen (BGH FamRZ 15, 1279 Rz 9). Führt die strikte Anwendung des In-Prinzips im Einzelfall zu einem grob unbilligen Ergebnis, so kommt eine Korrektur nach § 27 in Betracht. Dies gilt zB dann, wenn der Ausgleichspflichtige nach Ende der Ehezeit aus seinen Mitteln freiwillige Beiträge für den anderen Ehegatten nachentrichtet hat und der einbezahlte Betrag keinem güterrechtlichen Ausgleich zu seinen Gunsten unterliegt (BGH FamRZ 87, 364).

 

Rn 2b

Problematisch ist die zeitliche Zuordnung von Anrechten, die während eines in eine Arbeits- und eine Freistellungsphase aufgeteilten Zeitraums erworben worden sind. Bei diesem Altersteilzeitmodell wird während der – idR vorangehenden – Arbeitsphase ein gekürztes Arbeitsentgelt gezahlt und zugleich ein sog Zeitwertguthaben oder Zeitwertkonto angesammelt, das in der Freistellungsphase dadurch verbraucht wird, dass das Arbeitsentgelt trotz Freistellung von der Arbeitsleistung weitergezahlt wird. Da es in der gesetzlichen Rentenversicherung darauf ankommt, wann die Beiträge geleistet worden sind, mit denen Entgeltpunkte und damit Rentenanwartschaften erworben worden sind, müssen die Entgeltpunkte, die während der Freistellungsphase aus den in diesem Zeitraum abgeführten Rentenversicherungsbeiträgen gutgeschrieben worden sind, auch dieser Zeitphase zugeordnet werden (BTDrs. 16/10144 S. 48; Kobl FamRZ 20, 988). Kann ein Wertguthaben nicht vereinbarungsgemäß verwendet werden (zB weil das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet worden ist), so ist das Arbeitsentgelt aus dem Wertguthaben auf die in der Vergangenheit liegenden Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen bei dem Arbeitgeber, bei dem das Wertguthaben angespart worden ist, zu verteilen, und aus den nachzuentrichtenden Beiträgen werden für die Vergangenheit zusätzliche Entgeltpunkte gutgeschrieben (§ 70 III SGB VI). Insoweit ist für den Versorgungsausgleich nach dem In-Prinzip von einem Erwerb im Zeitpunkt der tatsächlichen Nachentrichtung auszugehen (Schmeiduch FamRZ 1999, 1035, 1038). In der betrieblichen Altersversorgung sind Zeitwertguthaben, die nur der Finanzierung der späteren Freistellung vor Eintritt des Alters- oder Invaliditätsfalles dienen, im Allgemeinen nicht im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen (Celle FamRZ 14, 1699; Kobl FamRZ 20, 988).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge