Rn 3

Das Zusammenspiel der §§ 433, 650 führt zu folgenden Abgrenzungen: (1) Reine Lieferverträge, also bes Verträge mit Händlern und über Serienprodukte, sind Kaufverträge (BGHZ 200, 337 Rz 18–20). (2) Bei Verträgen, die neben der Lieferung zur Herstellung, Montage oder zu geistigen Leistungen wie Entwicklungstätigkeit verpflichten, entscheidet, welche Leistung den Vertrag prägt: (a) Verträge mit Herstellungs- und Lieferpflicht unterliegen gem § 650 I 1 KaufR, sofern sie nicht die Pflicht prägt, einen darüber hinaus gehenden Erfolg zu erbringen (Stuttg NJW-RR 11, 202, 203 [OLG Stuttgart 05.05.2010 - 3 U 79/09]). (b) Geistige Leistungen wie Planungsleistungen, die der Verkäufer zur Erfüllung der Lieferpflicht erbringen muss, führen zur Annahme eines Werkvertrags nur, wenn sie dominieren (BGHZ 182, 140 Rz 18 ff; BGH BB 10, 1561 Rz 8; Ddorf NJW-RR 13, 460; Naumbg BeckRS 14, 16164; abw Schuhmann BauR 05, 293, 295: immer Kauf); zB: Entwicklung eines Prototyps: Werkvertrag, anschließende Lieferung der Serienprodukte: Kaufvertrag (Hamm NJW-RR 13, 213 [OLG München 13.11.2012 - 13 U 1624/12 Bau]; aA wohl Naumbg BeckRS 14, 16164: einheitlich Werkvertrag). (c) Lieferverträge mit Montage- und ähnlichen Werk-/Dienstleistungspflichten sind einheitlich Kaufverträge, es sei denn die Werk-/Dienstleistung prägt den Vertrag (Prägung Nein: Einbauküche BGH BeckRS 18, 17582 Rz 19; BGH ZIP 16, 1538 Rz 22; wohl abw 13, 1431 Rz 18; NJW 13, 2584: Kauf Fahrzeug mit Umrüstung auf Flüssiggas; Schlesw BeckRS 14, 12003: Kauf und Teilmontage einer Brandschutzanlage; Kauf und Montage von Blockheizkraftwerken (Naumbg BeckRS 14, 09218; Jena BeckRS 22, 4490); von Solaranlage (Münch NJW 15, 3314 [OLG München 09.07.2015 - 14 U 91/15] Rz 41 f; Stuttg MDR 16, 1131; Saarbr BeckRS 16, 00820 Rz 23 ff); BGH GRUR 21, 1531 [BGH 20.10.2021 - I ZR 96/20]: Lieferung u Montage eines individuell angepassten Treppenlifts; Prägung ja: Kobl NZBau 12, 780, 781 [OLG Koblenz 30.07.2012 - 5 U 492/12]: Einfügung eines Ofens in ein Gebäude) oder steht im Vordergrund (BGH BeckRS 13, 15325: Herstellung eines Parkettbodens). (3) Verträge über unvertretbare Sachen, auch bei Bestimmung für ein Bauwerk (BGHZ 182, 140 Rz 13–15; Kobl BeckRS 13, 10634; LG Landau BeckRS 14, 15168: Lieferung/Einbau eines Automatencasinos), unterliegen gem § 650 I 3 den werkvertraglichen §§ 642 (Mitwirkung des Bestellers), 643 (Kündigung bei unterlassener Mitwirkung), 645 (Verantwortlichkeit des Bestellers), 648 (Kündigungsrecht des Bestellers) und 649 (Kostenanschlag); § 651 I 3 stellt klar, dass statt der werkvertraglichen Abnahme die kaufrechtlichen Zäsuren der §§ 446 (Gefahrübergang) und 447 (Versendungskauf) entscheiden. Damit sind Zulieferverträge Kaufverträge; ihr Charakteristikum sind Herstellung und Lieferung auf die Bedürfnisse des Gesamtherstellers (OEM) zugeschnittener und damit unvertretbarer Kaufsachen, zB passgenaue Fenster/Innenausstattung von Kfz. (4) Die Beistellung von Material durch den Käufer ändert Vertragstypus nicht, da gem § 650 I 2 durch dieses Material verursachte Mängel der Kaufsache zur Anwendbarkeit von § 442 I 1 führen. Die für den Kaufvertrag charakteristische Übereignung der Kaufsache wird trotz der Beistellung erreicht (MüKo/Westermann vor § 433 Rz 21; Röthel NJW 05, 625 ff; aA Celle ZIP 09, 1386: Besteller ist Hersteller und bleibt Eigentümer).

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