Rn 6

Das Spektrum denkbarer Regelungstechniken im Haftungsrecht reicht von der Fallgruppenbildung (wie etwa ursprünglich im englischen Recht) bis zur umfassenden Generalklausel (wie etwa im französischen Recht). In §§ 823 ff wurde ein Mittelweg gewählt, indem 3 ›kleine‹ (eingeschränkte) Generalklauseln sowie Sondertatbestände für einzelne Regelungsbereiche geschaffen wurden. Die erste, praktisch wichtigste Generalklausel in § 823 I betrifft die Verletzung bestimmter wichtiger Rechtsgüter, die auch fahrlässig erfolgen kann. Nach § 823 II verpflichtet der Verstoß gegen bestimmte Schutzgesetze nach den für diese Vorschriften geltenden Regeln zum Schadensersatz. Diese Generalklausel ist für die Entwicklung neuer Schutzgesetze offen und somit besonders flexibel. § 826 schließlich regelt den Schadensersatz bei vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, enthält also eine rechts- und sozialethische Komponente. Innerhalb der Generalklauseln besteht eine Tendenz zur Fallgruppenbildung, insb bei § 823 I iRd Schutzes ›sonstiger Rechte‹ und bei der Verletzung von Verkehrspflichten sowie bei § 826.

 

Rn 7

Bedeutsam sind heute Fortentwicklungen des Deliktsrechts durch die Rspr, insb eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der §§ 823 ff (va durch die Rspr zum Allgemeinen Persönlichkeitsrecht und zum Recht am Unternehmen, § 823 Rn 79 ff, sowie durch die inhaltliche Ausweitung der Verkehrspflichten, § 823 Rn 106 ff) und beweisrechtliche Modifikationen. Alle diese Weiterentwicklungen laufen letztlich auf eine Haftungsausweitung hinaus, die va durch den Ausbau des Versicherungsschutzes möglich wurde.

 

Rn 8

Grenzen der Rechtsfortbildung, die der Vorhersehbarkeit der Haftung und damit der Rechtssicherheit für (potentielle) Schädiger dienen, stellen insb die enumerative Aufzählung der geschützten Rechtsgüter in § 823 I sowie die subjektiven Voraussetzungen der §§ 823 II, 826 dar. Va besteht kein allg Schutz bei fahrlässig verursachten reinen Vermögensschäden (zu Streitfragen insb Staud/J Hager Vorbem zu §§ 823 ff Rz 20 ff).

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