Rdn 3367

 

 

Rdn 3368

1. Vereinzelt erfolgt die Rotlichtüberwachung auch noch mit anderen Messmethoden, die jedoch aufgrund der mangelnden Messpräzision nicht nur zu erheblichen Sicherheitsabschlägen, sondern regelmäßig auch zu Beweisschwierigkeiten führen. Die Ermittlung eines Rotlichtverstoßes durch Polizeibeamte mittels Schätzung, Zählen (der Sekunden) oder Stoppuhr wird hierbei nicht als "Messverfahren" im eigentlichen Sinn angesehen (→ Rotlichtverstoß, Urteil, qualifizierter Rotlichtverstoß, Rdn 3415). Es wird in der Rechtsprechung aber als grds. zulässig angesehen, die Dauer der Rotlichtphase (eines sog. qualifizierten Rotlichtverstoßes) im Rahmen einer gezielten Ampelüberwachung durch Mitzählen festzustellen, allerdings muss diese "Messmethode" überprüfbar sein (s. dazu OLG Hamm, Beschl. v. 12.3.2009 – 3 Ss OWi 55/09, NZV 2010, 44 = VRR 2009, 271 = VA 2009, 156; a. noch OLG Hamm VRR 2010, 71 zum Schluss auf einen Rotlichtverstoß aus den Angaben von Zeugen; zu allem → Rotlichtverstoß, Urteil, qualifizierter Verstoß, Rdn 3398). Ausreichend für die Feststellung eines qualifizierten Rotlichtverstoßes ist nicht die bloße gefühlsmäßige Schätzung, vielmehr ist eine kritische Würdigung des Beweiswertes der Aussagen geboten. Dies gilt sowohl für Polizeibeamte als auch für sonstige zufällig anwesende Zeugen. Die Anforderungen können hier nicht niedriger sein, als bei einer gezielten Kreuzungsüberwachung im Hinblick auf Rotlichtverstöße (OLG Hamm, Beschl. v. 24.10.2017 – 4 RBs 404/17, NStZ-RR 2018, 26 = zfs 2019, 293; s.a. die Rspr. bei → Rotlichtverstoß, Urteil, allgemeiner Rotlichtverstoß, Rdn 3376). Entfernungsangaben, die ausschließlich auf visuellen Beobachtungen beruhen, sind grundsätzlich – ebenso wie Zeitschätzungen – mit einem erheblichen Fehlerrisiko behaftet und daher kritisch zu hinterfragen. Gleiches gilt für die Nutzung von im Internet zur Verfügung gestellten Messfunktionen für die Berechnung von Entfernungen (OLG Hamm, Beschl. v. 18.7.2019 – 4 RBs 185/19).

 

Rdn 3369

2. Die Rotlichtüberwachung kann aber auch mittels eigentlich für die Geschwindigkeits- oder Abstandsüberwachung entwickelter Messgeräte erfolgen. So wurde bereits eine Rotlichtüberwachung aus einem günstig positionierten Polizeifahrzeug mittels Videonachfahrsystem (ProViDa bzw. Police-Pilot) beobachtet (Löhle/Beck DAR 2000, 1). Die Rotlichtzeit wird hier anhand der Videoaufnahme sowie der geeichten Zeitmessung ermittelt. In einem derartigen Fall sind allerdings nicht nur die Eigenfehler des ProViDa-Systems, sondern auch im Einzelfall auftretende Auswertungsprobleme zu berücksichtigen, die sich etwa aus der Aufnahmequalität oder aus standortbedingten Winkelverzerrungen ergeben können.

 

☆ Da es sich hierbei nicht um ein standardisiertes Messverfahren handelt, ist der Tatrichter zu intensiver Prüfung etwaiger Fehlerquellen und Sicherheitsabschläge angehalten.intensiver Prüfung etwaiger Fehlerquellen und Sicherheitsabschläge angehalten.

Siehe auch: → Rotlichtverstoß, Allgemeines, Rdn 3322 m.w.N.; → Rotlichtverstoß, Urteil, Allgemeines, Rdn 3378 m.w.N.

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