Dr. Axel Deutscher, Dr. iur. Thorsten Junker
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist – ebenso wie im Strafverfahren bei der Berufung bzw. der Revision – eine Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf abtrennbare Teile möglich. |
2. |
Der in der Praxis häufigste Fall ist auch hier die Beschränkung der Rechtsbeschwerde – unter Hinnahme des Schuldspruchs – auf den Rechtsfolgenausspruch. |
3. |
Die Beschränkung kann entweder ausdrücklich erklärt sein oder sich durch Auslegung aus der Rechtsbeschwerdebegründung ergeben. |
Rdn 2972
Literaturhinweise:
S. die Hinw. bei → Rechtsbeschwerde, Allgemeines, Rdn 2932 und → Rechtsmittel, Allgemeines, Rdn 3221.
Rdn 2973
1. Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist – ebenso wie im Strafverfahren bei der Berufung bzw. der Revision – eine Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf abtrennbare Teile möglich (dazu eingehend Burhoff/Kotz/Junker, RM, Teil A Rn 1085 ff. und Rn 2085 ff.; → Einspruch, Beschränkung, Rdn 921). Das ergibt sich aus § 344 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3, der bestimmt, dass der Beschwerdeführer anzugeben hat, "inwieweit" er das Urteil anfechte. Voraussetzung der Beschränkung ist, dass eine selbstständige Prüfung und rechtliche Beurteilung des Teils möglich ist, auf den sich die Rechtsbeschwerde nach der Beschränkung noch beziehen soll (vgl. BGHSt 47, 32, 35; OLG Köln, Beschl. v. 21.6.2017 – 1 RBs 127/17, zfs 2017, 714). Das ist z.B. der Fall bei der Zumessung der Geldbuße (OLG Düsseldorf VRS 95, 42; OLG Koblenz VRS 60, 54). Hat der Amtsrichter den Betroffenen wegen mehrerer rechtlich selbstständiger Taten verurteilt, sind die einzelnen Taten ebenfalls grds. selbstständig anfechtbar. Ist eine solche selbstständige Prüfung des verbleibenden Teils jedoch nicht möglich, ist die Beschränkung unwirksam (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 318 Rn 6 m.w.N., Burhoff, HV, Rn 671 [zur Berufung] und Rn 2575 [zur Revision], jew. m.w.N. zur Trennbarkeitsformel des BGH; u.a. OLG Koblenz SVR 2010, 341; OLG Hamm, Beschl. v. 10.5.2007 – 4 Ss OWi 255/07). Diese Frage hat das OLG von sich aus zu prüfen (vgl. BGHSt 29, 359, 364 = NJW 1981, 589 und BGHSt 19, 46, 48 = NJW 1963, 1987). Bei wirksamer Beschränkung erwächst der nicht angefochtene Teil in Teilrechtskraft.
☆ Soll eine zunächst (auf die Rechtsfolgen) beschränkte Rechtsbeschwerde , dann doch in vollem Umfang durchgeführt werden, muss das grds. innerhalb der einwöchigen Rechtsbeschwerdefrist geschehen. Wird die Rechtsbeschwerde nicht innerhalb der Wochenfrist erweitert, ist → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand , Rdn 4245 , gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerdeeinlegungsfrist möglich, weil die ursprüngliche Teilanfechtung keinen Teilverzicht mit der Folge der Teilrechtskraft, sondern ohne entsprechende Erklärung nur eine Konkretisierung des Anfechtungsumfangs darstellt (KG StRR 2011, 384 m. Anm. Deutscher ).beschränkte Rechtsbeschwerde, dann doch in vollem Umfang durchgeführt werden, muss das grds. innerhalb der einwöchigen Rechtsbeschwerdefrist geschehen. Wird die Rechtsbeschwerde nicht innerhalb der Wochenfrist erweitert, ist → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Rdn 4245, gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerdeeinlegungsfrist möglich, weil die ursprüngliche Teilanfechtung keinen Teilverzicht mit der Folge der Teilrechtskraft, sondern ohne entsprechende Erklärung nur eine Konkretisierung des Anfechtungsumfangs darstellt (KG StRR 2011, 384 m. Anm. Deutscher).
Rdn 2974
2.a) Der in der Praxis häufigste Fall ist die Beschränkung der Rechtsbeschwerde – unter Hinnahme des Schuldspruchs – auf den Rechtsfolgenausspruch. I.d.R. ist diese Beschränkung wirksam. Der Rechtsfolgenausspruch ist in Bußgeldsachen – ebenso wie in Strafsachen – unabhängig von den Feststellungen zum Schuldspruch einer isolierten Nachprüfung zugänglich (OLG Düsseldorf NJW 1993, 2063, 2064; OLG Koblenz VRS 60, 54; OLG Köln NZV 1994, 157, 158).
Rdn 2975
Die Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch kommt aber nur in Betracht, wenn das AG zur Schuldfrage hinreichende Feststellungen getroffen hat (OLG Düsseldorf VRS 86, 354; 85, 472; OLG Köln VRS 96, 289; OLG Oldenburg StraFo 2008, 385). Sind die Feststellungen zum objektiven oder subjektiven Tatbestand lückenhaft, so ist die nur teilweise Anfechtung der Entscheidung unwirksam (vgl. z.B. BGH, Beschl. v. 27.4.2017 – 4 StR 547/16, BGHSt 62, 155 = NJW 2017, 2482 = NZV 2017, 433 [erforderlicher Umfang der Feststellungen beim Fahren ohne Fahrerlaubnis]; BayObLG StV 1983, 418; KG NJW 1976, 813; OLG Bamberg VRR 2010, 323; Urt. v. 14.3.2017 – 3 OLG 6 Ss 22/17, StV 2018, 276; OLG Düsseldorf VRS 72, 117 und 64, 36; NJW 1993, 2063; OLG Koblenz VRS 70, 144; OLG Stuttgart NJW 1978, 711; Meyer-Goßner/Schmitt, § 318 Rn 16 m.w.N.; s. auch BGH, Urt. v. 2.12.2015 – 2 StR 258/15 [zur Revision]). Die Beschränkung ist auch dann unwirksam, wenn sich dem Urteil des Tatrichters nicht entnehmen lässt, ob der Betroffene wegen einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit verurteilt worden ist (OLG Zweibrücken VA 2008, 137 [Ls.] für Geschwindigkeitsüberschreitung). H...