Leitsatz
In der Räumungsklage kann eine - zuvor nicht oder nicht wirksam erklärte - erneute Kündigung liegen, wenn mit hinreichender Deutlichkeit zu erkennen ist, daß die Klageschrift neben der Prozeßhandlung auch eine materiell-rechtliche Willenserklärung enthält und nicht lediglich der Durchsetzung einer bereits außerprozessual erklärten Kündigung dienen soll.
Sachverhalt
Zwischen den Parteien bestand ein Mietvertrag über gewerbliche Räume. In einem Prozeß wegen wiederholter Mietzinsrückstände einigten sich die Parteien darauf, daß das Mietverhältnis am 31.7.1996 enden solle. Nach dem Mietvertrag mußte die Kündigung des Mietverhältnisses schriftlich erfolgen. Der Mieter geriet im Jahre 1993 erneut mehrfach in Zahlungsverzug, woraufhin ihn die Vermieterin abmahnte. Sie übergab dann durch ihren Geschäftsführer dem Mieter persönlich in den Mieträumen ein rechtsanwaltliches Schreiben, in dem wegen der wiederholten unpünktlichen Mietzahlungen die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses erklärt wurde, sowie eine Prozeßvollmacht für den Rechtsanwalt zur "Mietvertragskündigung".
Zwischen den Parteien ist streitig, ob das Originalkündigungsschreiben und die Vollmachtsurkunde mit der Originalunterschrift des Geschäftsführers. übergeben wurden oder jeweils ein Fax. Der Anwalt der Mieterin wies die Kündigung als inhaltlich nicht gerechtfertigt sowie wegen Fehlens einer Originalvollmacht zurück. Zeitgleich mit der Kündigung erhob die Vermieterin Räumungsklage. Das LG gab der Klage statt und verurteilte den Mieter zur Räumung und Herausgabe der gemieteten Räume. Auf die Berufung des Mieters wies das OLG die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Revision hatte Erfolg.
Entscheidung
Die ständigen unpünktlichen Mietzahlungen des Beklagten stellen unter den gegebenen Umständen und angesichts der Vielzahl der aus diesem Grund geführten Prozesse eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar, die zur fristlosen Kündigung berechtigt (§ 554 a BGB).
Eine etwaige mündliche Kündigung des Geschäftsführers ist unwirksam, da für die Kündigung Schriftform vereinbart wurde (§ 2 Nr. 2 des Mietvertrages). Und der Mieter hat sowohl das Kündigungsschreiben als auch die beigelegte Vollmacht nur als Fax bzw. Faxkopie erhalten. Dies reicht jedoch für die Kündigung insofern nicht aus, als die vertraglich vereinbarte Schriftform nicht gewahrt wurde.
Die Kündigung war hier jedoch in der Räumungsklage zu sehen. In einer solchen kann eine - zuvor nicht oder nicht wirksam erklärte - (erneute) Kündigung liegen, wenn deutlich zu erkennen ist, daß die Klageschrift nicht nur die Räumung der Wohnung zum Ziel hat, sondern daneben auch eine sog. Willenserklärung enthält, mit der klar zum Ausdruck kommt, daß gekündigt werden soll (vgl. BGH, Urteil v. 2.11.1988 - VIII ZR 7/88 -, WPM 1989, 153 (155)).
In der Klageschrift hat die Vermieterin neben dem Antrag auf Räumung und Herausgabe darauf hingewiesen, daß die fortlaufenden unpünktlichen Mietzahlungen einen Kündigungsgrund i.S. von § 554 a BGB darstellten. Sie hat anschließend auf ihr Kündigungsschreiben verwiesen. Insbesondere mit dem Hinweis darauf, daß die fortlaufenden unpünktlichen Mietzahlungen einen Kündigungsgrund i.S. von § 554 a BGB darstellten, hat die Vermieterin - auch für den Mieter hinreichend deutlich erkennbar - zum Ausdruck gebracht, daß sie das Mietverhältnis aus dem genannten Grund gemäß § 554 a BGB mit sofortiger Wirkung beendet sehen wolle und daß die Klage erhoben wird mit dem Ziel, die fristlose Auflösung des Mietverhältnisses zu erreichen. Das reicht aus, um (auch) in der Klageerhebung eine rechtswirksam erklärte fristlose Kündigung des Mietvertrages wegen grober Pflichtverletzungen zu sehen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 06.11.1996, XII ZR 60/95
Fazit:
Auch befristete Mietverhältnisse können bei wiederholten Mietzinsrückständen trotz Mahnung fristlos gekündigt werden. Ist im Mietvertrag vereinbart, daß eine Kündigung schriftlich zu erfolgen hat, müssen sowohl Kündigungsschreiben als auch - im Falle einer Erklärung durch einen Vertreter, z.B. einen Rechtsanwalt - die Vollmachtserteilung schriftlich im Original vorgelegt werden. Ein Fax reicht hier nicht aus.