1 Leitsatz
Es entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn sich die Wohnungseigentümer entscheiden, dass jeder Wohnungseigentümer selbst den Anforderungen der Landesbauordnung, Rauchwarnmelder einzubauen, nachkommen soll.
2 Normenkette
§ 9a Abs. 2 WEG
3 Das Problem
In einer Anlage gibt es über 100 Wohnungseigentumsrechte sowie ein Teileigentumsrecht. Im Jahr 2018 beschließen die Wohnungseigentümer, dass die den einzelnen Wohnungseigentümern nach der Landesbauordnung obliegenden Pflichten betreffend die Ausstattung der betroffenen Räume mit Rauchwarnmeldern sowie die Übernahme der Sicherstellung der erforderlichen Betriebsbereitschaft die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausüben soll. Ferner beschließen sie, die ausstattungspflichtigen Räume durch ein Fachunternehmen einheitlich mit Rauchwarnmeldern ausstatten zu lassen sowie deren Betriebsbereitschaft durch Vergabe eines Wartungsvertrages sicherzustellen. Sie beauftragen die Verwaltung, "die Ausschreibung abzuschließen".
Die Verwaltung analysiert in der Folgezeit die technischen Standards und nimmt eine Ausschreibung vor. In der Versammlung im August 2020 meint ein Wohnungseigentümer, nach BGH (Urteil v. 8.2.2013, V ZR 238/11) sei eine gemeinsame Wahrnehmung der Einbauverpflichtung erforderlich, damit die Leistungen aus der Feuerversicherung nicht gekürzt werden. Demgegenüber verweist ein Mitarbeiter der Verwaltung auf ein Schreiben der Feuerversicherung, wonach das Fehlen von Rauchwarnmeldern oder Installationsmängel und die Verletzung von Wartungspflichten sich nicht schadenserhöhend auswirken. Die Wohnungseigentümer heben daraufhin den Beschluss aus dem Jahr 2018 auf.
Dagegen geht Wohnungseigentümer K im Wege der Anfechtungsklage vor.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Die Entscheidung sei ordnungsmäßig. Die Wohnungseigentümer seien befugt gewesen, den Beschluss aus dem Jahr 2018 aufzuheben. Diese Entscheidung sei ermessensfehlerfrei. Es entspreche außerdem ordnungsmäßiger Verwaltung, die Installation und Wartung von Rauchwarnmeldern den Wohnungseigentümern zu überlassen. Adressat der Einbauverpflichtung sei der einzelne Wohnungseigentümer. Eine geborene Wahrnehmungskompetenz der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer habe nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG a. F. nur bestanden, wenn die Einbauverpflichtung sämtliche Wohnungseigentümer getroffen hätte, woran es fehle, wenn es – wie im Fall – in einer Anlage wenigstens ein Teileigentum gebe. Zwar könnten die Wohnungseigentümer der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in diesem Fall die Pflicht zuweisen, Rauchwarnmelder einzubauen und zu warten. Den Wohnungseigentümern stehe insoweit aber Ermessen zu.
5 Hinweis
Problemüberblick
Der Fall, der leider noch im alten Recht spielt, beleuchtet die hochaktuelle Frage, wie mit den von den Landesbauordnungen angeordneten Einbauverpflichtungen in Bezug auf Rauchwarnmelder umzugehen ist.
Pflichten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im alten Recht
Für die Rechtslage bis zum 1.12.2020 hatte der BGH der Sache nach geklärt, dass die Verpflichtung, Rauchwarnmelder einzubauen und zu warten, grundsätzlich eine Aufgabe der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist. Er leitete dies aus § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG a. F. ab. Etwas anderes sollte nur dann gelten, wenn es – wie im Fall – in der Anlage auch Teileigentum gab. In diesem Fall sollte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach BGH-Ansicht nicht von Gesetzes wegen verpflichtet sein. Der BGH billigte den Wohnungseigentümern aber die Beschlusskompetenz zu, die Pflicht, Rauchwarnmelder einzubauen und diese zu warten, der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zuzuweisen.
Pflichten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im neuen Recht
Nach § 9a Abs. 2 WEG übt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Pflichten sowie solche Pflichten der Wohnungseigentümer aus, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern. Die Pflicht, in bestimmten Räumen Rauchwarnmelder einzubauen und zu betreiben, ist jedenfalls keine sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebende Pflicht. Denn die Pflicht betrifft offensichtlich im Sondereigentum stehende Wohnungen. Man kann hingegen fragen, ob es sich um eine Pflicht handelt, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordert. Hierzu gibt es noch keine Rechtsprechung. Im alten Recht lag es jedenfalls nicht so und es war eine Vergemeinschaftung erforderlich. Diese ist im neuen Recht aber nicht mehr möglich. Die Rechtslage muss daher leider als offen betrachtet werden.
Feuerversicherung
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schreibt Folgendes: "Rauchmelder sollen Leben retten, der Schutz vor Sachschäden ist dabei zweitrangig. Grundsätzlich muss der Versicherungsnehmer einer Hausrat- oder Gebäudeversicherung alle bestehenden gesetzlichen und behördlichen Sicherheitsregeln beachten. Hierzu kann auch die Rauchmelderpflicht (Installation, Wartung und Betrieb) gehören. Praktisch gibt es keine Auswirkungen auf den Versicherungsschutz, weil der fehlende oder unsachgemäß betriebene Rauchmelder für den Schaden bzw. ...