Leitsatz

Außergerichtliche Kostenerstattung (RA-Kosten) analog § 47 WEG bei vorprozessualer Erledigung einer Wohngeldforderungsangelegenheit (durch Zahlung des säumigen Schuldners)

 

Normenkette

§ 47 WEG, § 118 BRAGO, § 6 BRAGO, § 32 BRAGO

 

Kommentar

Auch im Fall vorprozessualer Erledigung der Hauptsache sind die Wohnungseigentümer befugt, einen Anspruch auf Erstattung notwendiger außergerichtlicher Kosten im WE-Verfahren gegen den verpflichteten Wohnungseigentümer geltend zu machen, wobei das WE-Gericht über die Kostenerstattungspflicht unter Anwendung der Ermessensgrundsätze des § 47 WEG zu entscheiden hat.

Ein Eigentümer war fällige Sonderumlageraten schuldig geblieben. Zahlungsanzeige und zwei weitere Mahnschreiben des Verwalters blieben ergebnislos. Daraufhin beauftragte die Verwaltung einen Anwalt mit gerichtlicher Verfahrenseinleitung; das Anwaltsmandat wurde auch darüber hinaus mehrheitlich beschlossen. Nachdem die beauftragte Anwaltskanzlei bereits den Antragsschriftsatz vorbereitet hatte, bezahlte der säumige Eigentümer seine Schuld (also noch vor Anhängigmachung der Sache bei Gericht).

Im Verfahren machte nun die restliche Gemeinschaft einen Erstattungsanspruch der ihr durch die Beauftragung ihrer Verfahrensbevollmächtigten erwachsenen Anwaltsgebühren geltend (berechnet mit einer vollen Geschäftsgebühr gemäß § 118 Abs. 1 S. 1 BRAGO zuzüglich eines Mehrvertretungszuschlags gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO mit zwei vollen Gebühren, Unkostenpauschale und MwSt).

Während das Amtsgericht den Antrag zurückwies und auch auf sofortige Beschwerde der Antragsteller das Landgericht die Beschwerde mit der Begründung zurückwies, dass der geltend gemachte Erstattungsanspruch erst dann entstehe, wenn die Antragsteller die Anwaltsgebühren tatsächlich aufgewendet hätten (was nicht vorgetragen worden sei) und die Antragsteller die Stellung eines Freistellungsantrages ausdrücklich abgelehnt hätten, erklärte das KG Berlin als Rechtsbeschwerdeinstanz die Forderung als teilweise begründet.

Die antragstellende Gemeinschaft sei nach Meinung des Senats befugt, materiell-rechtliche Ansprüche auf Erstattung etwaiger notwendiger außergerichtlicher Kosten im WE-Verfahren gegen den Antragsgegner selbstständig geltend zu machen, wenn sich die Sache - wie hier - wegen des Hauptanspruches (Zahlung rückständiger Sonderumlagebeiträge) vor Anhängigmachung durch Zahlung seitens des Schuldners erledigt habe. Insoweit bestehe zwar ein Widerspruch zwischen der Wertung der gesetzlichen Regelung des § 286 Abs. 1 BGB (Verzugsschadenersatz) und der Kostenregelung des § 47 WEG (Ermessensentscheidung des WE-Richters). Dieser Wertungswiderspruch werde jedoch durch eine entsprechende Anwendung des § 47 WEG behoben. Auch hier seien also die Ermessensgrundsätze des § 47 WEG anzuwenden, was u. U. auch dazu führen könne, dass die beanspruchte Kostenerstattung zu versagen sei, obwohl die äußeren Voraussetzungen für einen Verzugsschaden vorlägen. Habe also das WE-Gericht analog § 47 WEG zu entscheiden, könnte es auch nicht darauf ankommen, ob die Auftraggeberseite die angefallenen Anwaltsgebühren an den beauftragten RA bereits ganz oder teilweise gezahlt habe oder ob der Auftraggeber vor Gericht erklären ließe, ein Schuldbefreiungsantrag werde auch nicht hilfsweise gestellt.

Im Kostenfestsetzungsverfahren würden ebenfalls außergerichtliche Kosten (also insbesondere bei Rechtsanwaltskosten) ohne Nachweis der Zahlung zulasten des Schuldners festgesetzt (h. M.). In solchen Fällen gelte es generell als glaubhaft gemacht, dass die Zahlung der Anwaltsgebühren notwendig werden würde, sodass der Kostengläubiger nicht auf einen Schuldbefreiungsanspruch ( § 157 S. 1 BGB) beschränkt sei.

In Fällen wie hier, in denen es um fällige Zahlungsansprüche aus Wohngeld gehe, mit deren Erfüllung der Verpflichtete in Verzug geraten sei und denen er durchgreifende Einwendungen nicht entgegensetzen könne, entspreche es im Rahmen der Billigkeitsermessensentscheidung des Gerichts nach § 47 WEG, außergerichtliche Kostenerstattung anzuordnen (ebenfalls h. M.). Damit sei Erstattungspflicht der notwendigen außergerichtlichen Kosten anzuordnen, die den Antragstellern bis zur vorprozessualen Erledigung der Hauptsache erwachsen seien. Die Forderungshöhe errechne sich jedoch nicht nach einer vollen Geschäftsgebühr gemäß § 118 Abs. 1 S. 1 BRAGO, sondern nur nach einer halben Prozessgebühr gemäß § 32 Abs. 1 BRAGO. Der Verwalter hätte hier den Anwalt nach mehrfachen Mahnungen sofort mit einem Prozessführungsmandat betrauen müssen; in einem solchen Fall wäre dann jedoch nur eine halbe Prozessgebühr gemäß § 32 Abs. 1 BRAGO verdient, da der Anwaltsauftrag vor Einreichung eines ein WE-Verfahren einleitenden Antrages endete. Demgemäß reduziere sich auch die Mehrvertretungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO auf eine zusätzliche volle Gebühr aufgrund des die Mandatserteilung bestätigenden Eigentümerbeschlusses.

Die Kostenentscheidung dieses Verfahrens nach § 47 WEG führte zur Gerichtskostentragung aller Beteili...

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