Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 45 Abs. 3 WEG, § 139 Abs. 1 ZPO, § 568 Abs. 2 ZPO, § 793 ZPO, § 888 ZPO
Kommentar
1. Die Zwangsvollstreckung aus rechtskräftigen wohnungseigentumsgerichtlichen Titeln findet gem. § 45 Abs. 3 WEG nach den Vorschriften der ZPO statt. Eine sofortige weitere Beschwerde (hier zum zuständigen Bayer. Obersten Landesgericht) ist gem. § 568 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 793 ZPO und § 891 ZPO nur insoweit zulässig, als in der Entscheidung der Vorinstanz (des Landgerichts) ein neuer selbstständiger Beschwerdegrund enthalten ist (vorliegend verneint). Es ging hier um festgesetztes Zwangsgeld gegen einen Vollstreckungsschuldner in Höhe von DM 8.000, ersatzweise Zwangshaft bis längstens 4 Wochen, da ein im Erkenntnisverfahren verurteilter Schuldner (BayObLG vom 9. 5. 1996, WM 96, 491) bisher seine im 4. OG unmittelbar am Zugang zu seiner Wohnung errichtete Wohnungseingangstüre nicht entfernt und auch zwei Trennwände im 5. OG im Zuge eines Spitzbodenausbaues nicht beseitigt hatte.
Schwerwiegende Verfahrensverstöße stellen auch bei inhaltlich übereinstimmenden Vorentscheidungen einen neuen selbständigen Beschwerdegrund dar, wenn der Fehler nicht schon dem AG unterlaufen, also neu ist, und die Beschwerdeentscheidung darauf beruht (BayObLG, NJW-RR 96, 780).
Vorliegend rügte jedoch der Vollstreckungsschuldner allein die Verletzung von Aufklärungspflichten ihm gegenüber durch das LG. Diese Rüge ist jedoch nicht begründet. Die Vorschrift des § 139 Abs. 1 ZPO begründet richterliche Aufklärungs- und Hinweispflichten ausschließlich mit dem Ziel, die Parteien zur vollständigen Erklärung über alle erheblichen Tatsachen, zur Bezeichnung der Beweismittel und zur Stellung sachdienlicher Anträge zu veranlassen (BGH, NJW 91, 704). Der Vollstreckungsschuldner wendet sich hier allein gegen die Annahme des LG, ein gerichtliches Vorgehen gegen seinen Mieter sei nicht von vornherein aussichtslos und deshalb nicht zumutbar, somit gegen die materiell-rechtliche Beurteilung der Voraussetzungen einer Zwangsvollstreckung. Damit versucht er, eine - wirklich oder vermeintlich - unrichtige Rechtsansicht des Tatrichters auf dem Umweg über eine angebliche Hinweispflicht gegenüber den Parteien in einen Verfahrensmangel umzudeuten; dies ist nicht zulässig.
2. Im Übrigen wäre das Rechtsmittel auch nicht begründet, da sich aus dem vorgelegten Schriftwechsel ergibt, dass der Vollstreckungsschuldner Möglichkeiten einer außergerichtlichen Einigung mit seinen Mieternnicht ausgeschöpft, insbesondere kein konkretes Angebot einer Mietminderung oder Ausgleichszahlung unterbreitet hat. Der Vollstreckungsschuldner konnte deshalb mit seiner Argumentation nicht durchdringen, dass er den Titel nicht erfüllen könne, da es an der Zustimmung seiner Mieter fehle, für die ein vorübergehender Auszug aus den angemieteten Räumlichkeiten erforderlich gewesen wäre und für ihn der Umbau eine Verschlechterung der Wohnsituation zur Folge hätte.
3. Kostenentscheidung in der sofortigen weiteren Beschwerde zu Lasten des Vollstreckungsschuldners bei Wert des Gegenstandes der Rechtsbeschwerde von DM 8.000.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 26.10.1998, 2Z BR 114/98)
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