Leitsatz
Die Parteien waren geschiedene Eheleute und stritten um die Abänderung nachehelichen Unterhalts, der durch ein Anerkenntnisurteil im Jahre 2002 i.H.v. 668,00 EUR zugunsten der Beklagten tituliert worden war. Der 1958 geborene Kläger und die im Jahre 1964 geborene Beklagte hatten im Jahre 1988 die Ehe geschlossen. Aus der Ehe waren drei in den Jahren 1989, 1992 und 1994 geborene Kinder hervorgegangen. Die Trennung der Eheleute erfolgte im Jahre 1997. Die Ehescheidung war seit Februar 2003 rechtskräftig. Die drei gemeinsamen Kinder wuchsen nach der Trennung bei der Beklagten auf. Der Kläger leistete Unterhalt.
Das erstinstanzliche Gericht hat auf die Abänderungsklage des Klägers den nachehelichen Unterhalt ab April 2009 entfallen lassen und dazu ausgeführt, dass die Beklagte ihren angemessenen Bedarf selbst verdienen könne und über sechs Jahre hinaus den vollen Unterhalt erhalten habe.
Die hiergegen von der Beklagten gerichtete Berufung hatte im Wesentlichen Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG führte in seiner Entscheidung aus, der Unterhaltsanspruch der Ehefrau ergebe sich dem Grunde nach aus § 1573 Abs. 2 BGB, das Maß des Unterhalts folge den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB). Die abzuändernde Entscheidung stütze sich erkennbar auf eine bestehende Betreuungssituation (§ 1570 BGB). Nunmehr werde Aufstockungsunterhalt als Anschlussunterhalt geschuldet. Die sowohl für ihren Unterhaltsbedarf als auch ihre Bedürftigkeit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte brauche sich allerdings nicht an die Ausgangsentscheidung binden zu lassen. Vielmehr trage sie im Rahmen ihres Verteidigungsvorbringens zutreffend ihren gesamten Bedarf vor und mache diesen geltend, ohne hieran durch die Zeitschranke des § 323 Abs. 2 ZPO gehindert zu sein (BGH, FamRZ 1999, 98, 101).
Erwerbsbemühungen der Beklagten hätten erst im Januar 2008 einsetzen müssen, so dass erst ab diesem Zeitpunkt ein Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit berücksichtigt werden könne. Dies beruhe darauf, dass der Beklagten bis dahin der titulierte Betreuungsunterhalt zugestanden habe, weil das jüngste Kind zu diesem Zeitpunkt 13 Jahre alt gewesen sei und der Beklagte sie erst zu Beginn des Jahres 2008 zur Aufnahme einer vollschichtigen Tätigkeit aufgefordert habe.
Bei der Beurteilung des fiktiven Einkommens sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte 45 Jahre alt sei, ihren Beruf als Bankkauffrau 20 Jahre lang nicht ausgeübt habe und aus diesem Grund in diesem Bereich kaum Chancen hätte, eine Arbeitsstelle zu finden. Aus diesem Grunde rechnete ihr das OLG ein Einkommen als Bürokraft i.H.v. 1.200,00 EUR brutto = 930,00 EUR netto zu.
Das OLG errechnete einen Unterhaltsanspruch von 618,00 EUR. Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Abänderungsklage sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der abzuändernden Entscheidung um ein Anerkenntnisurteil handele und die wesentliche Änderung darin liege, dass ein Kind nunmehr in die Obhut des Klägers gewechselt sei. Für eine Unterhaltsbegrenzung nach § 1578b BGB seien die ehebedingten Nachteile zu berücksichtigen. Die Beklagte als Bankkauffrau könnte ein Nettoeinkommen von 1.480,00 EUR erzielen, so dass ihr ehebedingter Nachteil bei 547,00 EUR liege. Vor dem Hintergrund der ehelichen Lebensverhältnisse werde eine Übergangszeit von vier Jahren festgelegt. Danach werde der Unterhalt wegen ehebedingter Nachteile auf 500,00 EUR herabzusetzen sein.
Link zur Entscheidung
OLG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2009, 17 UF 128/09