Leitsatz
Die im Antragsformular zur Unfallversicherung verwendete Klausel, nach der der Antragsteller die AUB 94 sowie die beantragten und im Versicherungsschein dokumentierten Besonderen Bedingungen anerkennt, ist rechtswirksam, wenn der Antragsteller an optisch hervorgehobener Stelle über dem Unterschriftsfeld auf das Widerspruchsrecht hingewiesen wird.
Normenkette
§ 5a VVG, § 2 AGBG, § 9 AGBG, § 23 AGBG
Sachverhalt
Der Bekl. Versicherer verwendete in seinem Antragsformular für den Abschluss einer Unfallversicherung, die als Erklärung des Versicherungsnehmers gestaltet war, folgende Formulierung:
Vertragsgrundlage sind die Allgemeinen Versicherungs-Bedingungen (AUB 94) sowie die beantragten und im Versicherungsschein dokumentierten Besonderen Bedingungen bzw. Zusatzbedingungen, die ich anerkenne.
Etwa 5 cm darunter, direkt über dem Unterschriftsfeld, befand sich in einem umrahmten Kästchen und unter der durch Inversdruck hervorgehobenen Überschrift "Widerspruchsrecht des Antragstellers" diese Formulierung:
Ich erhalte die für den beantragten Versicherungsschutz geltenden Versicherungsbedingungen und die gesetzlich vorgeschriebenen Verbraucherinformationen nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes zusammen mit dem Versicherungsschein. Dem Versicherungsvertrag kann ich ab Stellung des Antrags bis zum Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins und der vorgenannten Unterlagen widersprechen.
Nach Ablauf der Widerspruchsfrist kommt der Vertrag auch ohne weitere ausdrückliche Willenserklärung zustande, wenn ich nicht rechtzeitig Widerspruch eingelegt habe. Auf mein Widerspruchsrecht werde ich in dem mir zustehenden Versicherungsschein nochmals ausdrücklich hingewiesen.
In der als Erstes wiedergegebenen Formulierung sah der Kl. eine Umgehung von § 2 AGBG, weshalb er vom Bekl. die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verlangte.
Das LG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Kl. hatte Erfolg.
Entscheidung
Der Kl. könne vom Bekl. - so das OLG - die Unterlassung der beanstandeten Formulierung in Versicherungsverträgen nicht verlangen. Insbesondere stelle diese beanstandete Formulierung keine Umgehung von § 2 AGBG dar.
Auch nach der Deregulierung des Versicherungsmarkts gelte § 2 AGBG nicht uneingeschränkt für Versicherungsverträge. Nach § 23 Abs. 3 AGBG könnten vom BAV genehmigte Versicherungsbedingungen ohne Einhaltung der Erfordernisse des § 2 Abs. 1 AGBG Vertragsbestandteil werden. Seit dem nahezu völligen Wegfall des Genehmigungserfordernisses für Versicherungsbedingungen habe der Gesetzgeber durch Gesetz vom 21.7.1994 (BGBl I 1630) § 5a VVG eingeführt. Diese Bestimmung solle zugunsten der Versicherer die Rechtslage modifizieren, die bis zum Wegfall des Erfordernisses der Genehmigung von Versicherungsbestimmungen bestand. Damit habe der Gesetzgeber neben das bis dahin auch schon geltende so genannte "Antragsmodell", bei dem die Frage der Einbeziehung der Vertragsbedingungen an § 2 AGBG zu messen sei, gleichberechtigt das so genannte "Policenmodell" gestellt. Insbesondere sei die Vorgehensweise nach dem "Policenmodell" keineswegs nur den Fällen vorbehalten, in denen dem Versicherer ein Vorgehen nach dem "Antragsmodell" nicht zuzumuten sei. Indem sich der Bekl. im vorliegenden Fall offensichtlich für das "Policenmodell" entschieden habe, bewege er sich im Rahmen des rechtlich Zulässigen. § 2 AGBG stelle, wie sich bereits aus den Ausnahmen in §§ 23 f. AGBG ergebe, keine abschließende Regelung dar. Deshalb sei die Auffassung des Kl., durch die beanstandete Formulierung würden die Einbeziehungsvoraussetzungen des § 2 AGBG fingiert, bereits vom Ansatz her verfehlt.
Aber auch im Übrigen sei die Formulierung inhaltlich nicht zu beanstanden; sie verstoße insbesondere nicht - was der Kl. im Rahmen des Verbandsprozesses rügen könne - gegen §§ 9 bis 11 AGBG. Konkret sei hier lediglich ein möglicher Verstoß gegen § 9 Abs. 1 und 2 Nr. 1 AGBG zu erörtern.
Nach § 9 Abs.1 AGBG seien die Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligten. Eine unangemessene Benachteiligung sei nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der rechtlichen Regelung, von der abgewichen werde, nicht zu vereinbaren sei. Insoweit sei bereits dargelegt worden, dass eine Abweichung von der ohnehin nicht abschließenden Regelung des § 2 AGBG nicht vorliege. Der Erörterung bedürfe aber die vom Kl. aufgeworfene Frage, ob dem Versicherungsunkundigen, dem Antragsteller, als dessen Erklärung der Versicherungsantrag formuliert worden sei (§ 24a Nr. 1 AGBG), durch die gewählte Formulierung praktisch das in § 5a VVG vorgesehene Widerspruchsrecht abgeschnitten werde, namentlich durch den letzten Halbsatz: "die ich anerkenne".
Insoweit verbiete sich aber eine isolierte Betrachtung nur dieses Teils des Antragsformulars. Es gelte das Gebot der einheitlichen Auslegung der AGB. Sie seien ausgehend von de...