Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst
Seit einigen Jahrzehnten wird der Begriff auch in der Psychologie (und anderen Disziplinen) verwendet. Zuerst wurde der Begriff vorwiegend auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen bezogen. So führte die Psychologin Emmy Werner Anfang der 1950er-Jahre Forschungen auf Hawaii zur Entwicklung von Kindern aus schwierigen Familienverhältnissen durch. Sie versuchte, diejenigen Schutzfaktoren zu finden, die bei einem Teil der Kinder zu einer positiven Entwicklung zu stabilen und gut integrierten Erwachsenen führten. Inzwischen wurden in zahlreichen Studien wichtige Resilienzfaktoren für Kinder und Jugendliche gefunden (s. Abschn. 2.1).
Daher gehört Resilienz inzwischen in den Ausbildungsstoff von Erzieherinnen und Erziehern sowie von Lehrern. Es gibt verschiedene Programme zur Entwicklung von Resilienz in verschiedenen Institutionen der Erziehung und Sozialarbeit.
Da psychische Belastungen auch bei Erwachsenen zunehmend die öffentliche Aufmerksamkeit finden, wurde der Resilienzgedanke inzwischen auch auf Erwachsene übertragen. Allerdings gibt es nach wie vor kein einheitliches Konzept der Resilienz. Einige Forscher bezweifeln, dass Resilienz überhaupt ein neuer Ansatz gegenüber bereits existierenden psychologischen Konzepten ist (z. B. Coping, Hardiness, Salutogenese). Andere Wissenschaftler sehen in der Resilienz durchaus ein eigenes Konstrukt, fassen dennoch unterschiedliche Fähigkeiten oder Verhaltensweisen darunter.
Resilienz lässt sich trainieren
Es wird davon ausgegangen, dass Resilienz zu einem gewissen Teil (ungefähr 50 %) genetisch bestimmt ist, dass zur Resilienz aber auch Einstellungen, Verhaltensweisen und Fähigkeiten gehören, die sich fördern und trainieren lassen.
Gerade in der betrieblichen Gesundheitsförderung gewinnt das Resilienzkonzept immer mehr an Bedeutung. Es wird als eine vielversprechende Möglichkeit zur Prävention von psychischer Beanspruchung, negativen Stressfolgen und Burnout angesehen. Da auch in den nächsten Jahrzehnten mit einer zunehmenden Stressbelastung in Unternehmen gerechnet werden muss, wird die Förderung der Resilienz zu einem zusätzlichen Interventionsansatz der Gesundheitsförderung, als Ergänzung von Maßnahmen zur Verringerung der eigentlichen Stressbelastung.
Es wird allerdings auch Kritik am Resilienzkonzept und seiner Anwendung in der betrieblichen Gesundheitsförderung geäußert. Kritiker meinen, dass durch die Resilienzförderung Arbeitnehmer möglicherweise nur fit gemacht werden sollen für eine psychisch immer belastendere Arbeitswelt. Der Fokus solle stattdessen auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, also z. B. die Reduzierung der Stressbelastung, gelegt werden. Diese Kritik ist nur bedingt stichhaltig. Natürlich müssen laut Arbeitsschutzgesetz die Gefährdungen auch für die psychische Gesundheit von den Arbeitgebern an der Quelle bekämpft werden. Daneben können aber durchaus Maßnahmen der Verhaltensprävention – und dazu gehören auch Maßnahmen zur Förderung der individuellen Resilienz – für die Mitarbeitenden angeboten werden. Dies wird auch im Bereich der körperlichen Gesundheit so gehandhabt: es werden ergonomische Möbel zur Verfügung gestellt und parallel dazu auch Kurse zur Rückenstärkung angeboten.