Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährung nach § 61 Abs. 2 HGB

 

Leitsatz (amtlich)

Kommt die dreimonatige Verjährung, welche im § 61 Abs. 2 H.G.B. für die Ansprüche des Prinzipals gegen den Handlungsgehilfen auf Schadensersatz und auf Eintritt in die Geschäftsabschlüsse des letzteren bestimmt ist, auch für den Anspruch des Prinzipals auf Unterlassung eigenen Gewerbebetriebs seitens des Handlungsgehilfen oder eigener Geschäftsabschlüsse im Handelsweige des Prinzipals zur Anwendung?

 

Normenkette

HGB § 61 Abs. 2, §§ 60, 113

 

Verfahrensgang

Thüringer OLG

LG Altenburg

 

Gründe

„Der Beklagte war von der Klägerin, wie dieselbe behauptet, bis zum 1. Januar 1910 als Handlungsgehilfe angenommen, hat aber diese Stellung bereits für den 31. Dezember 1903 aufgekündigt und zu dieser Zeit in Gemeinschaft mit dem Kaufmann M. im Orte M. eine Porzellanfabrik zur Anfertigung elektrotechnischer Porzellan-Massenartikel, wie der in der Fabrik der Klägerin hergestellten, aufgetan. Wegen dieser Verletzung des von ihr behaupteten Vertragsverhältnisses hat die Klägerin am 20. Juli 1904 wider ihn Klage erhoben mit dem Antrage, ihn zu verurteilen, das von ihm unter der Firma H. & M. in M. gemeinschaftlich mit einem anderen betriebene Handelsgewerbe sofort aufzugeben und es künftig zu unterlassen, bis zum 1. Januar 1910 irgendein Handelsgewerbe zu betreiben oder in dem Handelszweige der Klägerin Geschäfte zu machen.

In zweiter Instanz hat der Beklagte gegen diesen Anspruch die Einrede der (dreimonatigen) Verjährung nach § 61 Abs. 2 H.G.B. vorgeschützt, und nachdem die Klägerin zugegeben hatte, daß sie länger als drei Monate vor der Klagerhebung von der Errichtung der offenen Handelsgesellschaft H. & M. sowie von der Beteiligung des Beklagten an diesem Konkurrenzunternehmen Kenntnis gehabt habe, hat das Berufungsgericht auf Grund dieser Verjährungseinrede die Klage abgewiesen. Dasselbe hat dabei erwogen, daß die im § 61 Abs. 2 H.G.B. zunächst für die Schadensansprüche des Prinzipals, sowie für seinen Anspruch auf Eintritt in die von dem Handlungsgehilfen widerrechtlich abgeschlossenen Geschäfte, bestimmte dreimonatige Verjährung bei der Gleichartigkeit des gesetzgeberischen Grundes auch auf die vorliegenden Unterlassungsansprüche Anwendung zu finden habe, die dreimonatige Frist aber unter entsprechender Anwendung der Vorschrift im § 113 Abs. 3 H.G.B., wonach die Ansprüche der offenen Handelsgesellschaft gegen einen an einer anderen Gesellschaft rechtswidrig sich beteiligenden Gesellschafter binnen drei Monaten seit erlangter Kenntnis von dieser Teilnahme verjähren, vorliegendenfalls von dem Zeitpunkte ab, wo der Prinzipal von der Beteiligung des Klägers an der erwähnten Gesellschaft und an deren Betrieb Kenntnis erhalten, zu berechnen, mithin nach dem Zugeständnis der Klägerin abgelaufen sei. Auf weitere, sich immer erneuernde Geschäftsabschlüsse komme es dabei nicht an, und die scheinbar entgegenstehende Ausführung in der Denkschrift zu dem Entwurf des Handelsgesetzbuchs vom 10. Mai 1897 S. 84 sei mit Cosack, Handelsrecht 5. Aufl. S. 547, und gegen die Mehrzahl der Kommentatoren (Staub, Lehmann, Goldmann, Makower) für unzutreffend zu erachten.

Die Revision hat hiergegen die entsprechende Anwendung der Verjährungsvorschriften im § 61 Abs. 2 und im § 113 Abs. 3 für unzulässig erklärt und unter Bezugnahme auf die angeführte Stelle der Denkschrift bemerkt, daß letztere Vorschrift eine andere, als die ihr von dem Berufungsgericht beigemessene Bedeutung habe.

Es war indessen dieser Revisionsangriff für unbegründet zu erachten, und der Auffassung des Berufungsgerichts im wesentlichen beizutreten.

Nach § 60 Abs. 1 H.G.B. darf der Handlungsgehilfe ohne Einwilligung des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben, noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. Für den Fall der Verletzung dieser Verpflichtung wird zwar dem Prinzipal im § 61 Abs. 1 nur ein Anspruch auf Schadensersatz sowie auf Eintritt in die von dem Handlungsgehilfen gemachten Geschäfte und die daraus entspringenden Vorteile eingeräumt. Mit Recht wird jedoch, von Rechtslehre und Rechtsprechung,

s. Staub, Kommentar 6./7. Aufl. § 61 Anm. 5; Entsch. des R.D.H.G.'s Bd. 16 S. 160, Bd. 19 S. 138,

dem Prinzipal daneben auch der Anspruch auf Unterlassung eigenen Gewerbebetriebs von seiten des Handlungsgehilfen, oder eigener Geschäftsabschlüsse im Handelszweige des Prinzipals zugestanden, ein Anspruch, der sich nicht, wie der Revisionsbeklagte ausführt, als ein Schadensersatzanspruch nach § 249 B.G.B., sondern als ein Anspruch, auf Erfüllung der dem Handlungsgehilfen nach § 60 Abs. 1 obliegenden Verpflichtung darstellt.

Es fragt sich nun vor allem, ob die im § 61 Abs. 2:

„die Ansprüche verjähren in drei Monaten von dem Zeitpunkte an, in welchem der Prinzipal Kenntnis von dem Abschlusse des Geschäfts erlangt”,

geordnete Verjährung auch, auf diesen Unterlassungsanspruch Anwendung findet. Allerdings bezieht sich diese Vorschrift zunächst nur auf die im vorhergeh...

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