Leitsatz
In einem Verfahren vor dem LG hatte die Klägerin die Vorsitzende Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und ihren Ablehnungsantrag u.a. mit dem Vorwurf der Verletzung der zivilprozessualen Prozessförderungspflicht begründet.
Das LG hat den Befangenheitsantrag als unbegründet zurückgewiesen.
Die hiergegen von der Klägerin eingelegte sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, die von der Klägerin geltend gemachten Ablehnungsgründe könnten von ihrem Standpunkt aus bei vernünftiger Betrachtung nicht die Befürchtung wecken, die Richterin stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber.
Ein Ablehnungsgrund ergebe sich auch nicht aus dem von der Klägerin erhobenen Vorwurf der Verletzung der zivilprozessualen Prozessförderungspflicht. Allerdings könne sich durch eine Häufung von Verfahrensfehlern zum Nachteil einer Partei bei einer vernünftigen und besonnenen Partei der Eindruck unsachlicher Einstellung oder willkürlichen Verhaltens des abgelehnten Richters ergeben. Hierzu zähle auch die Verletzung der zivilprozessualen Prozessförderungspflicht durch auffällige und hartnäckige Verzögerung der Bearbeitung (MünchKomm/Gehrlein, 3. Aufl., ZPO § 42; Zöller/Vollkommer, 26. Aufl., ZPO § 42 Rz. 24, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Handlungen, die als verfahrensrechtlich vertretbare Prozessleitung anzusehen seien, kämen als Ablehnungsgrund jedoch nicht in Betracht.
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes sei eine die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigende Verletzung der Prozessförderungspflicht durch die abgelehnte Richterin zu verneinen.
Es sei nicht zu beanstanden, dass die Richterin nach der Übernahme des Dezernats Anfang 2007 nicht ohne weiteres den Beweisbeschluss vom 21.12.2006 ausgeführt, sondern sich zunächst einen eigenen Überblick über den Sach- und Streitstand verschafft habe. Ebenso wenig sei zu beanstanden, dass die abgelehnte Richterin durch Beschluss vom 27.9.2007 den Parteien Gelegenheit gegeben habe, bis zum 25.10.2007 zu den erteilten Hinweisen Stellung zu nehmen. Es sei zwar verkannt worden, dass mit Rücksicht darauf, dass die Äußerungsfrist allen Parteien gewährt worden sei, der Übergang in das schriftliche Verfahren vollzogen worden sei. Dies sei ohne Zustimmung der Parteien unzulässig. Bei Versagung der Zustimmung hätte ein neuer Verhandlungstermin anberaumt werden müssen. Aus diesem Verfahrensfehler folge jedoch keine Verzögerung des Fortgangs des Rechtsstreits.
Der von der Richterin den Parteien unterbreitete Vergleichsvorschlag könne nicht als Ausdruck des Unwillens, eine Sachentscheidung zu treffen, gewürdigt werden. Ob der ablehnenden Haltung der Klägerin bereits in der mündlichen Verhandlung vom 27.9.2007 seien möglicherweise die Chancen für eine Annahme des gerichtlichen Vergleichsvorschlages gering gewesen. Dies rechtfertige es aber nicht, den gerichtlichen Vergleichsvorschlag nebst Äußerungsfrist als fehlerhafte prozessuale oder materielle Prozessleitung zu qualifizieren.
Objektive Gründe, die aus der Sicht der Klägerin bei vernünftiger Betrachtung die Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden Richterin begründen könnten, waren nach Auffassung des OLG nicht gegeben.
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 16.05.2008, 19 W 26/08