(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden nach Anhörung der zuständigen Behörden, die zeitnah antworten, jede Zahlungs- oder Lieferverpflichtung, die sich aus Verträgen ergibt, zu deren Vertragsparteien die in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b, c oder d genannten Institute oder Unternehmen gehören, aussetzen können, wenn alle folgenden Bedingungen erfüllt sind:

 

a)

Es wurde festgestellt, dass das Institut oder Unternehmen gemäß Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe a ausfällt oder auszufallen droht;

 

b)

es gibt keine sofort verfügbare Maßnahme der Privatwirtschaft im Sinne von Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe b, mit denen sich der Ausfall des Instituts oder Unternehmens abwenden ließe;

 

c)

die Ausübung der Befugnis zur Aussetzung wird als erforderlich erachtet, um die weitere Verschlechterung der Finanzlage des Instituts oder des Unternehmens zu verhindern; und

 

d)

die Ausübung der Befugnis zur Aussetzung ist erforderlich,

i)

um entweder zu der in Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe c vorgesehenen Feststellung zu gelangen oder

ii)

um zu entscheiden, welche Abwicklungsmaßnahmen geeignet sind, oder um die wirksame Anwendung eines oder mehrerer Abwicklungsinstrumente sicherzustellen.

 

(2) Von der Befugnis gemäß Absatz 1 ausgenommen sind Zahlungs- und Lieferverpflichtungen gegenüber

 

a)

Systemen oder Betreibern von Systemen, die gemäß der Richtlinie 98/26/EG benannt wurden,

 

b)

zentralen Gegenparteien, die in der Union gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 zugelassen sind, und zentralen Gegenparteien aus Drittländern, die von der ESMA gemäß Artikel 25 der genannten Verordnung anerkannt wurden,

 

c)

Zentralbanken.

Die Abwicklungsbehörden setzen den Umfang der Befugnis nach Absatz 1 dieses Artikels unter Berücksichtigung der Umstände des einzelnen Falls fest. Insbesondere bewerten die Abwicklungsbehörden sorgfältig, ob die Ausweitung der Aussetzung auf erstattungsfähige Einlagen im Sinne der Begriffsbestimmung in Artikel 2 Absatz 1 Nummer 4 der Richtlinie 2014/49/EU, insbesondere auf gedeckte Einlagen, die von natürlichen Personen, Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen gehalten werden, angemessen ist.

 

(3) Die Mitgliedstaaten können bestimmen, dass in den Fällen, in denen die Befugnis zur Aussetzung von Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen im Hinblick auf erstattungsfähige Einlagen ausgeübt wird, die Abwicklungsbehörden sicherstellen, dass Einleger täglich Zugang zu einem angemessenen Betrag dieser Einlagen haben.

 

(4) Die Dauer der in Absatz 1 genannten Aussetzung muss so kurz wie möglich sein und geht nicht über den Zeitraum hinaus, den die Abwicklungsbehörde für die Zwecke des Absatzes 1 Buchstaben c und d für mindestens erforderlich hält, überschreitet aber keinesfalls den Zeitraum zwischen der öffentlichen Bekanntgabe der Aussetzung nach Absatz 8 und dem Ende (Mitternacht) des auf den Tag der Bekanntgabe folgenden Geschäftstags im Mitgliedstaat der für das Institut oder Unternehmen zuständigen Abwicklungsbehörde.

Nach Ablauf des in Unterabsatz 1 genannten Aussetzungszeitraums entfaltet die Aussetzung keine Wirkung mehr.

 

(5) Die Abwicklungsbehörden berücksichtigen bei der Ausübung einer Befugnis gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels die möglichen Auswirkungen der Ausübung dieser Befugnis auf das ordnungsgemäße Funktionieren der Finanzmärkte und tragen den geltenden nationalen Rechtsvorschriften sowie aufsichtlichen und justiziellen Befugnissen Rechnung, um die Rechte von Gläubigern und deren Gleichbehandlung in regulären Insolvenzverfahren zu gewährleisten. Abwicklungsbehörden berücksichtigen insbesondere, ob möglicherweise infolge der Feststellung nach Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe c nationale Insolvenzverfahren auf das Institut oder Unternehmen angewandt werden, und treffen die Vorkehrungen, die sie für zweckmäßig halten, um eine angemessene Abstimmung mit den nationalen Justiz- und Verwaltungsbehörden sicherzustellen.

 

(6) Werden im Rahmen eines Vertrags bestehende Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen gemäß Absatz 1 ausgesetzt, so werden die Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen jeder Gegenpartei dieses Vertrags für den gleichen Zeitraum ausgesetzt.

 

(7) Eine Zahlungs- oder Lieferverpflichtung, die während des Aussetzungszeitraums fällig geworden wäre, wird unmittelbar nach Ablauf dieses Zeitraums fällig.

 

(8) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden das Institut oder das Unternehmen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b, c oder d und die Behörden im Sinne von Artikel 83 Absatz 2 Buchstaben a bis h unverzüglich benachrichtigen, wenn sie die Befugnis nach Absatz 1 dieses Artikels ausüben, nachdem die Feststellung nach Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe a getroffen wurde, dass das Institut ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, und bevor der Abwicklungsbeschluss getroffen wird.

Die Abwicklungsbehörde veröffentlicht die Anordnung oder das Instrument, durch die/das die Verpflichtungen gemäß diesem Artikel ausgesetzt werden, sowie die Bedingungen und D...

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