1 Unterhaltsrechtliche Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Rostock (Stand: 1.1.2019)
Vorbemerkung
Die Familiensenate des Oberlandesgerichts Rostock verwenden diese Leitlinien als Orientierungshilfe für den Regelfall unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH, wobei die Angemessenheit des Ergebnisses in jedem Fall zu überprüfen ist. Wesentliche Änderungen zu den bis 31.12.2018 geltenden Leitlinien beruhen auf der Anhebung des Mindestunterhalts (Verordnung zur Festlegung des Mindestunterhalts minderjähriger Kinder nach § 1612 a Abs. 1 BGB vom 03.12.2015; BGBl. I S. 2188 i.d.F. der Ersten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 28.09.2017; BGBl. 2017 S. 3525) und der Anhebung des Kindergeldes ab 01.07.2019 (Art. 7 Nr. 1 FamEntlastG vom 29.11.2018; BGBl. I S. 2210) und betreffen die Bedarfssätze beim Kindesunterhalt der ersten bis dritten Altersstufe (die vierte Altersstufe bleibt unverändert) im Anhang I. (Unterhaltstabelle) und die Anrechnung von Kindergeld im Anhang II. (Zahlbetragstabellen). Im Übrigen bleiben die Leitlinien gegenüber denen, Stand 01.01.2018, unverändert.
1.1 Unterhaltsrechtlich maßgebendes Einkommen
Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um Verwandten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht.
Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuerrechtlichen Einkommen.
1. Geldeinnahmen
1.1 Auszugehen ist vom Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte einschließlich Renten und Pensionen.
1.2 Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen (z.B. Weihnachts- und Urlaubsgeld), werden sie auf ein Jahr umgelegt. Einmalige Zahlungen (z.B. Abfindungen) sind auf einen angemessenen Zeitraum (in der Regel mehrere Jahre) zu verteilen.
1.3 Überstundenvergütungen werden dem Einkommen regelmäßig zugerechnet, soweit sie in geringem Umfang anfallen oder berufsüblich sind, darüber hinaus im absoluten Mangelfall (vgl. Nr. 23). Entsprechendes gilt für Einkünfte aus Nebentätigkeiten.
1.4 Ersatz für Spesen und Reisekosten sowie Auslösungen gelten in der Regel als Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen - vermindert um häusliche Ersparnis - sind jedoch abzuziehen. Bei Aufwendungspauschalen (außer Kilometergeld) kann 1/3 des Nettobetrages als Einkommen eingesetzt werden.
1.5 Bei der Ermittlung des zukünftigen Einkommens eines Selbstständigen ist in der Regel der Gewinn der letzten drei Jahre zugrunde zu legen. Für die Vergangenheit sind die im jeweiligen Kalenderjahr erzielten Einkünfte maßgebend.
1.6 Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen:
Auszugehen ist von den Einnahmen abzüglich notwendiger Ausgaben. Für Gebäude ist keine Absetzung für Abnutzung (AfA) anzusetzen.
1.7 Steuerzahlungen oder -erstattungen sind in der Regel im Kalenderjahr der tatsächlichen Leistung zu berücksichtigen. Es besteht die Obliegenheit, mögliche Steuervorteile in Anspruch zu nehmen.
1.8 Sonstige Einnahmen, z. B. Trinkgelder
2. Auch folgende Sozialleistungen sind Einkommen:
2.1Arbeitslosengeld (§ 136 SGB III) und sonstige Lohnersatzleistungen nach dem SGB III (Übergangs- , Ausbildungs-, Kurzarbeiter- und Insolvenzgeld) sowie Krankengeld
2.2 Arbeitslosengeld II (§§ 19 ff. SGB II) beim Verpflichteten; beim Berechtigten nur, soweit es um Unterhalt für die Vergangenheit geht und der Unterhaltsanspruch nicht nach § 33 SGB II auf den Leistungsträger übergegangen ist
2.3 Wohngeld, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt
2.4 BAföG-Leistungen, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden, mit Ausnahme von Vorausleistungen nach den §§ 36, 37 BAföG
2.5 Elterngeld nach Maßgabe des § 11 Bundeselterngeldgesetz.
2.6 Unfall- und Versorgungsrenten nach Abzug des Betrages für tatsächliche Mehraufwendungen
2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindenhilfe, Versorgungsrenten, Schwerbeschädigten- und Pflegezulagen nach Abzug eines Betrages für tatsächliche Mehraufwendungen; § 1610a, 1578a BGB ist zu beachten.
2.8 Der Anteil des Pflegegeldes bei der Pflegeperson, durch den ihre Bemühungen abgegolten werden; bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt dies nach Maßgabe des § 13 Abs. 6 SGB XI.
2.9 In der Regel Leistungen nach §§ 41 bis 43 SGB XII (Grundsicherung) beim Verwandtenunterhalt, nicht aber beim Ehegattenunterhalt
2.10/11 Kein Einkommen sind Sozialhilfe nach dem SGB XII und Leistungen nach dem UVG. Die Unterhaltsforderung eines Empfängers dieser Leistungen kann in Ausnahmefällen treuwidrig sein.
3. Kindergeld
Kindergeld ist kein Einkommen der Eltern (vgl. Nr. 14).
4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers
Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z.B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen.
5. Wohnwert
Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen.
Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst, erforderliche ...