Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 44 Abs. 3 WEG, §§ 812ff. BGB, § 717 Abs. 2 ZPO
Kommentar
Aufgrund gerichtlicher einstweiliger Anordnung zur Vermeidung einer Vollstreckung geleistete Wohngelder, für die mangels eines genehmigten Wirtschaftsplanes keine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage vorhanden war, können weder über § 717 Abs. 2 ZPO (Schadenersatzleistung nach Zahlung auf ein nur vorläufig vollstreckbares Urteil nach Aufhebung oder Änderung des Urteils) noch aus Grundsätzen ungerechtfertigter Bereicherung ( §§ 812ff. BGB) von der Gemeinschaft zurückgefordert werden.
Die Rückabwicklung einer durch einstweilige gerichtliche Anordnung gem. § 44 Abs. 3 WEG veranlassten Vermögensverschiebung kann grundsätzlich nur nach Maßgabe materiell-rechtlicher Vorschriften und nicht in analoger Heranziehung des für zivilprozessuale Urteile geltenden § 717 Abs. 2 ZPO erfolgen; nach ZPO führt der vorzeitige Vollzug eines auflösend bedingten Titels zur Einstandspflicht des Titelgläubigers aus dem Gesichtspunkt der Risiko- oder Gefährdungshaftung (BGH, NJW 83, 232).
Die gleichzeitig oder nachträglich ergehende Entscheidung gem. § 717 Abs. 2 ZPO dient dazu, nach ungerechtfertigter Zwangsvollstreckung die Schadensfolgen auf Schuldnerseite zu beseitigen und den durch die Hauptsacheentscheidung vorgegebenen Vermögensstand herzustellen.
Bei der Vollstreckung aus einstweiliger Anordnung nach § 44 Abs. 3 WEG ist die Situation jedoch anders, selbst wenn im gleichzeitig anhängigen Hauptsacheverfahren das Forderungsbegehren der Antragstellerseite rechtskräftig abgewiesen werden sollte. Schadenersatzansprüche bestehen hier wegen des Vollzuges einer richterlichen einstweiligen Anordnung nicht, da der Anordnungstitel (auflösend bedingter Vollstreckungstitel) nicht später rückwirkend weggefallen ist.
Eine Anordnung tritt allein - da nur für die Dauer des Verfahrens erlassen - mit rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens für die Zukunft außer Kraft, nicht jedoch mit ex tunc-Wirkung. Gläubiger auf Antragstellerseite sind hier nicht einer persönlichen Risiko- oder Gefährdungshaftung ausgesetzt.
Rückzahlungsansprüche beurteilen sich hier allein nach materiell-rechtlichen Vorschriften, insbesondere Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung. Eine Rückzahlung ist i.Ü. erst dann begründet, wenn sich aus einem späteren Jahresabrechnungsbeschluss endgültig eine zu erstattende Überzahlung des Wohnungseigentümers ergeben sollte. Dass es allerdings für die Fälligkeit und Durchsetzung von Hausgeldansprüchen der vorherigen Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan oder eine Jahresabrechnung bzw. einer diesbezüglichen ersetzenden gerichtlichen Feststellung für und gegen alle Wohnungseigentümer bedarf, führt nicht zur Folgerung, dass eine vor Eintritt dieser rechtlichen Voraussetzungen an die Gemeinschaftskasse geleistete Zahlung rechtsgrundlos ist. Auch eine vor Fälligkeit erbrachte Leistung hat Erfüllungswirkung und ist nicht von vorneherein mangels Rechtsgrund rückforderbar. Gleiches muss für Zahlungstitel aus einstweiliger Anordnung gelten, erlassen, um schwerwiegende Nachteile für eine verwaltete Wohnanlage abzuwenden. Bis nicht über Abrechnungsgenehmigungsbeschlüsse Überzahlungen feststehen, kann nicht vom Wegfall des rechtlichen Grundes für die geleistete Wohngeldzahlung ausgegangen werden. Ein gerichtlicher Feststellungsantrag auf Schaffung der Abrechnungsgrundlagen für und gegen alle Eigentümer war jedoch nicht gestellt und nicht gewollt.
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 06.02.1989, 24 W 6754/88= WE 4/1989, 138).
zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren
Anmerkung:
Diese Entscheidung erscheint mir rechtlich nicht unbedenklich, wenn sich nachträglich herausstellt, dass eine einstweilige richterliche Anordnung in Verkennung der wohnungseigentumsrechtlichen Rechtslage (kein Anspruchsgrund!) ergangen ist, welche nach h.R.M. mit rechtskräftiger Hauptsacheentscheidung (Abweisung eines Zahlungsantrages) "automatisch" hinfällig wird. Ist jedoch selbst mit ex nunc-Wirkung ein richterliches Zahlungsgebot entfallen, muss m. E. über Grundsätze ungerechtfertigter Bereicherung wegen nachträglichen Wegfalls der Causa der Zahlungspflicht Rückerstattung seitens der Gemeinschaft geleistet werden (sicher zu Recht nicht über § 717 Abs. 2 ZPO Schadenersatz). Ein Zahlungsschuldner kann nicht dafür "bestraft" werden, dass ein Untergericht entgegen h.R.M., also zu Unrecht eine einstweilige Zahlungsanordnung erlässt. Ein Wohnungseigentümer muss nicht einer Gemeinschaft sozusagen "Versorgungskredit" gewähren, wenn es die Gemeinschaft bisher nicht geschafft hat, die Anspruchsgrundlagen für Wohngeldzahlungen herbeizuführen (also Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan bzw. über eine Gesamtabrechnung). Säumnisse eines Verwalters in diesem Zusammenhang müssten Eigentümer über entsprechende Verpflichtungsanträge (zur Vorlage dieser Abrechnungsunterlagen) erwirken. Nicht anerkannt werden kann die Begründung des KG Berlin, dass ein diesseits für berechtigt gehaltener Rück...