Leitsatz
Nicht miteinander verheiratete Eltern eines minderjährigen Kindes lebten mit dem gemeinsamen Sohn zusammen in Israel. Die Kindesmutter reiste mit dem Sohn mit Einverständnis des Vaters im März 2003 nach Deutschland. Ende März teilte sie telefonisch mit, sie werde nicht nach Israel zurückkehren. Einem Antrag auf Herausgabe des Kindes zum Zwecke der Rückführung nach Israel wurde vom Familiengericht stattgegeben. Das hiergegen gerichtete Rechtsmittel der Kindesmutter blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
Die Parteien sind nicht miteinander verheiratet. Sie lebten mit ihrem gemeinsamen minderjährigen Sohn in Israel. Die Kindesmutter ist deutsche Staatsangehörige, der Vater besitzt die britische und die israelische Staatsangehörigkeit. Der gemeinsame Sohn ist deutscher und israelischer Staatsangehöriger. Das Sorgerecht für ihn steht sowohl nach deutschem als auch nach israelischem Recht den Eltern gemeinsam zu.
Die Eltern lebten seit Ende 1998 in Israel zusammen. Die Mutter reiste im März mit Einverständnis des Vaters mit dem gemeinsamen Kind nach Deutschland. Ende März teilte sie ihm telefonisch mit, sie werde mit dem Kind nicht mehr nach Israel zurückkehren.
Der Vater beantragte daraufhin am 25.04.2003 die Herausgabe des Kindes zum Zwecke der Rückführung in den Staat Israel nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen vom 25.10.1980 (HKiEntü) sowie den Erlass von Vollstreckungsanordnungen. Das AG gab dem Antrag statt mit der Begründung, die Eltern hätten vor und auch nach der Geburt des Kindes in Israel zusammen gelebt und dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt. Diesen gewöhnlichen Aufenthalt teile auch das Kind. Nach israelischem Recht stehe die elterliche Sorge beiden Eltern gemeinsam zu, es sei von ihnen auch gemeinsam ausgeübt worden. Der Entschluss, in Deutschland zu bleiben, sei von der Kindesmutter einseitig und ohne Zustimmung des Vaters gefasst worden, dessen Einverständnis sich lediglich auf einen vorübergehenden Aufenthalt bezogen habe, nicht jedoch auf einer dauerhaften Wechsel des Aufenthaltsortes. Gründe für die Annahme einer Unzumutbarkeit der Rückführung des Kindes nach Israel seien nicht gegeben.
Die Mutter hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt und verfolgt mit ihrem Rechtsmittel den Antrag auf Abweisung des Rückführungsbegehrens weiter. Das OLG hielt die Beschwerde für nicht begründet.
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG kann der Kindesvater die sofortige Rückführung des Kindes in den Staat Israel nach Art. 12 Abs. 1 HKiEntü verlangen, nachdem die Mutter des Kindes widerrechtlich i.S.v. Art. 3 HKiEntü nach Deutschland verbracht hat und keiner der Ausnahmetatbestände des Art. 13 HKiEntü, die gegen eine Rückführung sprechen könnten, erfüllt ist.
Das HKiEntü ist im Verhältnis zu Deutschland für den Staat Israel am 1.12.1991 in Kraft getreten und auf den vorliegenden Fall anwendbar.
Das Verbringen des Kindes in die Bundesrepublik Deutschland war widerrechtlich i.S.v. Art. 3 Abs. 1a HKiEntü. Durch diese Maßnahme wurde das Sorgerecht verletzt, das dem Vater sowohl nach dem Recht des Staates Israel, als auch aufgrund der gemeinsamen Sorgerechtserklärung der Eltern vom 4.07.2001 nach deutschem Recht gemeinsam mit der Mutter zusteht. Der Vater ist ausdrücklich mit dem dauernden Verbleib des Kindes in Deutschland nicht einverstanden.
Ein der Rückführung entgegenstehender Ausnahmetatbestand gem. Art. 13 Abs. 1 HKiEntü liegt nicht vor. Nach Auffassung des OLG ist nicht ersichtlich, dass die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist oder es auf andere Weise in eine unzumutbare Lage gebracht wird.
Der Senat folgt der Auffassung der Kindesmutter insoweit, als die Trennung eines Kindes von dem Elternteil, der es überwiegend betreut hat, im Fall eines Kleinkindes im Einzelfall eine der Rückführung entgegenstehende Gefährdung des Kindeswohls bedeuten kann (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 15.11.2000 - 5 UF 112/00, OLGReport Zweibrücken 2001, 273 m.w.N.). Im vorliegenden Fall stehe jedoch nicht fest, dass die Rückführung des Kindes in den Staat Israel mit einer Trennung von seiner Mutter verbunden sein muss.
Würde sich die Mutter dazu entschließen, mit dem Kind wieder nach Israel zurückzukehren, könnte sie als Mutter eines Kindes mit israelischer Staatsangehörigkeit ohne weiteres ein unbefristetes Visum dort erhalten. Statusrechtliche Hindernisse stehen einer Rückkehr der Antragsgegnerin nach Israel daher nicht entgegen.
Der Vater habe der Mutter im Laufe der mündlichen Verhandlung im Übrigen angeboten, während der ersten Zeit nach ihrer Rückkehr mit dem gemeinsamen Kind in der Wohnung seiner Mutter wohnen zu können, bis es ihr gelungen sei, eine eigene geeignete Wohnung zu finden. Das OLG hielt eine solche Lösung für zumutbar mit der Begründung, die Notwendigkeit der Rückkehr des Kindes nach Israel habe Vorrang vor der Rücksichtnahme auf persönliche Befindlichkeiten der Mutter. Sie habe ...