In dem vom OLG Dresden entschiedenen Fall macht nach Beendigung des Mietverhältnisses über Gewerberäume der Mieter die Rückzahlung der geleisteten Kaution geltend, während der Vermieter Zahlung eines bezifferten Mindestschadens wegen Beschädigung des Mietobjekts verlangt. Den Übergabetermin nahm für den Vermieter der von ihm beauftragte Zeuge G wahr. Es wurde ein schriftliches Übergabeprotokoll gefertigt und von G unterzeichnet. Darin heißt es u. a.: "Folgende Mängel wurden festgestellt: Übergabe erfolgte im Zustand besenrein! Ohne Mängel!" Zwei Wochen später machte der Vermieter gegenüber dem Mieter zahlreiche vorliegende Mängel geltend, verlangte u. a. das Verschließen von Bohrlöchern, das Erneuern gekürzter Türen sowie eines beschädigten Fensters und verweigerte die Rückzahlung der Kaution.
Der Mieter berief sich auf die Feststellungen im Übergabeprotokoll, wonach die Mieträume "ohne Mängel" zurückgegeben wurden. Das OLG Dresden wies darauf hin, dass der rechtliche Gehalt einer Bestandsaufnahme zum Zustand des Mietobjekts anlässlich seiner Rückgabe an den Vermieter in einem Übergabeprotokoll im Einzelfall durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln ist. Dabei kommt es entscheidend auf den Erklärungswert der Feststellungen auf Grundlage des Empfängerhorizonts (hier: des Mieters) an. Enthält das Übergabeprotokoll die Feststellung bestimmter Schäden am Mietobjekt, kann dies dahin verstanden werden, dass vom Vermieter nur in Bezug auf diese Schäden noch Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können, auch wenn tatsächlich noch weitere (erkennbare) Schäden am Mietobjekt vorhanden sein sollten. Der Sinn und Zweck der Aufnahme von Feststellungen in ein Übergabeprotokoll besteht nämlich gerade darin, einen späteren Streit über das Vorhandensein und die Art von Schäden am Mietobjekt zu vermeiden. Wird also vom Vermieter im Übergabeprotokoll bescheinigt, dass sich das Mietobjekt in einem ordnungsgemäßen Zustand befinde, der Zustand also der vertraglichen Verpflichtung des Mieters entspreche, kann das vom Empfängerhorizont des Mieters aus dahin verstanden werden, dass es mit der erfolgten Rückgabe des Mietobjekts sein Bewenden hat und etwaige Schadensersatzansprüche wegen des Zustand des Mietobjekts vom Vermieter nicht geltend gemacht werden (sog. deklaratorisches/ negatives Schuldanerkenntnis i. S. v. § 397 Abs. 2 BGB).
Die Berufung des Vermieters an das OLG Dresden gegen das Urteil des LG Chemnitz, das den Vermieter zur Rückzahlung der Kaution verurteilt und dessen Widerklage auf Schadensersatz abgewiesen hat, blieb daher erfolglos.