1. Voraussetzungen
Rz. 99
Die Adoption ist in den Art. 124–144 FGB geregelt. Sie ist zulässig, wenn sie dem Interesse des Kindes dient und das Kind minderjährig ist (Art. 124 Abs. 2 i.V.m. Art. 123 Abs. 1 Unterabs. 3 FGB). Die Adoption Volljähriger ist gesetzlich nicht vorgesehen und wird als unzulässig angesehen. Bei der Adoption sind u.a. zu berücksichtigen:
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die ethnische Herkunft des Kindes; |
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seine religiöse und kulturelle Zugehörigkeit; |
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die Muttersprache des Kindes; |
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die Möglichkeiten, dem Kind eine "umfassende körperliche, psychische, geistige und sittliche Entwicklung" zu gewährleisten. |
Rz. 100
Die Adoption von Geschwistern durch verschiedene Personen ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn sie dem überwiegenden Interesse des Kindes dient (Art. 124 Abs. 3 FGB). Als Adoptiveltern kommen Einzelpersonen und Ehepaare in Betracht (vgl. Art. 127 Abs. 4 FGB). Möchte eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ein Kind adoptieren, kommt nur eine Adoption durch eine Einzelperson in Betracht, da die gemeinsame Adoption allein Ehepaaren vorbehalten ist. Volljährigkeit und volle Geschäftsfähigkeit der Adoptierenden sind Voraussetzung (Art. 127 Abs. 1 Nr. 1, 2 FGB). Der Altersunterschied zwischen einem unverheirateten Adoptivelternteil und dem Kind muss in der Regel mindestens 16 Jahre betragen, wovon aber in begründeten Fällen abgewichen werden kann (Art. 128 Abs. 1 FGB). Bei Adoptionen durch Stiefeltern ist der Altersunterschied unbeachtlich (Art. 128 Abs. 2 FGB). Bei mehreren Anwärtern wird unter Berücksichtigung der Interessen des Kindes den Verwandten des Kindes der Vorzug gegeben (Art. 127 Abs. 5 FGB). Eine vorherige Pflegezeit ist nicht erforderlich.
2. Ausschlussgründe
Rz. 101
Ausschlussgründe sind nach Art. 127 Abs. 1 FGB u.a.:
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der vollständige oder teilweise Entzug des elterlichen Sorgerechts der Adoptierenden oder die Aufhebung ihrer Stellung als Vormund oder Pfleger wegen nicht ordnungsgemäßer Erfüllung ihrer Pflichten oder einer früheren Adoption aus von ihnen verschuldeten Gründen; |
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unzureichende gesundheitliche Voraussetzungen (z.B. bei Tuberkulose, Krebs, einer psychischen Erkrankung, Rauschgiftsucht, Alkoholsucht oder einer Behinderung der Gruppe I); |
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kein hinreichendes Einkommen, um dem Kind das durch das entsprechende Subjekt der RF festgelegte gesetzliche Existenzminimum zu sichern; |
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kein ständiger Wohnsitz (mit Ausnahme von Angehörigen kleiner Volksstämme, die als Nomaden oder Halbnomaden leben und keinen ständigen oder vorwiegenden Wohnort haben, bei der Adoption eines Kindes dieses Volksstammes); |
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eine Vorstrafe wegen einer Straftat gegen das Leben oder die Gesundheit, gegen die Freiheit, Ehre und Würde der Person (mit Ausnahme der unzulässigen Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt und der Verleumdung), gegen die sexuelle Integrität und die sexuelle Freiheit der Person, gegen die Familie und Minderjährige, gegen die Gesundheit der Bevölkerung und die öffentliche Sittlichkeit oder gegen die öffentliche Sicherheit, den Frieden und die Sicherheit der Menschheit (mit Ausnahme von rehabilitierten Personen); |
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eine Verurteilung wegen einer schweren oder besonders schweren Straftat, die nicht zu den soeben genannten Straftaten gehört. |
Darüber hinaus dürfen solche Personen keine Kinder adoptieren, die nicht an einem nach Art. 127 Abs. 6 FGB festgelegten Vorbereitungsprogramm teilgenommen haben. Hiervon ausgenommen sind nur nahe Verwandte des Kindes und Personen, die bereits ein Kind adoptiert haben und bei denen die Adoption nicht aufgehoben worden ist, sowie Personen, die bereits Vormund oder Pfleger eines Kindes sind bzw. waren und von ihren Pflichten nicht entbunden worden sind (Art. 127 Abs. 1 Nr. 12 FGB). Ferner ist eine Adoption ausgeschlossen durch Personen, die sich in einem Bund befinden, der zwischen gleichgeschlechtlichen Personen geschlossen wurde und gemäß der Gesetzgebung des Staates, in dem eine solche Ehe zulässig ist, als Ehe anerkannt und eingetragen wurde, sowie durch unverheiratete Personen, die Staatsangehörige eines solchen Staates sind (Art. 127 Abs. 1 Nr. 13 FGB).
Rz. 102
Der Adoption durch den Stiefvater bzw. die Stiefmutter stehen das Fehlen eines hinreichenden Einkommens und des Durchlaufens eines Vorbereitungsprogramms nicht entgegen (Art. 127 Abs. 3 FGB). Das Gericht kann unter Berücksichtigung der Interessen des zu adoptierenden Kindes und anderer, zu beachtender Umstände auch in anderen Fällen von der Anwendung dieser Ausschlussgründe absehen (Art. 127 Abs. 2 FGB). Unzureichende gesundheitliche Voraussetzungen für die Adoption sind unbeachtlich, wenn der Antragsteller mit dem Kind aufgrund schon bestehender familiärer Verhältnisse zusammenlebt.