Das Wichtigste in Kürze:

1. Auch die mit der Vernehmung von Zeugen durch die StA zusammenhängenden Fragen sind von praktischer Bedeutung.
2. Bei der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung eines Zeugen hat der Verteidiger nach h.M. kein Anwesenheitsrecht.
3. Bei der Vernehmung des Zeugen durch die StA hat der Beschuldigte kein Anwesenheitsrecht.
4. Daneben kann aber anderen Personen ein Anwesenheitsrecht zustehen.
5. Die staatsanwaltschaftliche Vernehmung von Zeugen ist in § 161a geregelt.
6. Für die Verwertung der Vernehmung von Zeugen durch die StA im EV können sich BVV ergeben.
7. Der Rechtsanwalt erhält für seine Teilnahme an einer Zeugenvernehmung durch die StA eine Terminsgebühr nach Nr. 4102 Nr. 2 VV RVG.
 

Rdn 4144

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Vernehmung von Zeugen, Allgemeines, Teil V Rdn 4796, bei → Beweisverwertungsverbote, ­Allgemeines, Teil B Rdn 1287, bei → Polizeiliche Vernehmung, Beschuldigter, Allgemeines, Teil P Rdn 3708, bei → Vernehmungen, Allgemeines, Teil V Rdn 4722, und bei → Videovernehmung im Ermittlungsverfahren, Teil V Rdn 5132, sowie bei den weiteren u.a. Stichworten.

 

Rdn 4145

1. Die staatsanwaltschaftliche Vernehmung von Zeugen im EV, für die § 161a gilt, hat nicht die praktische Bedeutung wie die polizeiliche Vernehmung von Zeugen (→ Polizeiliche Vernehmung, Zeugen, Teil P Rdn 3832). Sie wurde aber immer wieder von der StA angeordnet, wenn es darum geht, durch diese Art der Vernehmung "Druck" aufzubauen. Nachdem nun allerdings durch das "Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens" v. 17.8.2017 das Erscheinen des Zeugen bei polizeilichen Vernehmungen erzwungen werden kann, besteht für Vernehmungen der StA zur Herbeiführung der Erscheinenspflicht kein Anlass mehr.

Im Einzelnen gilt für die staatsanwaltschaftliche Vernehmung von Zeugen:

 

Rdn 4146

2. Bei der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung eines Zeugen steht dem Verteidiger ein Anwesenheitsrecht ebenso wie einer polizeilichen Vernehmung nicht zu (zur polizeilichen Vernehmung → Polizeiliche Vernehmung, Zeugen, Teil P Rdn 3835). Das folgt aus dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 161a im Vergleich zu § 163a Abs. 4 S. 2 mit dem Verweis auf § 168c Abs. 1, 5 ([zum alten Recht] LR-Erb [26. Aufl.], § 161a Rn 31; zur Kritik u.a. Dahs NJW 1985, 1118; LR-Erb, vor § 158 Rn 54 m.w.N.). Das bedeutet allerdings – ebenso wie bei der polizeilichen Vernehmung – nicht, dass die StA den Verteidiger nicht zur Vernehmung eines Zeugen zulassen darf (KK-Griesbaum, § 161a Rn 6). Möglicherweise wird sich das im Interesse der Wahrheitsfindung sogar empfehlen.

 

☆ Benachrichtigt wird der Verteidiger vom Vernehmungstermin jedoch nicht. Es bietet sich deshalb an, ggf. schon im Bestellungsschreiben um Benachrichtigung zu bitten .Bestellungsschreiben um Benachrichtigung zu bitten.

 

Rdn 4147

3.a) Bei der Vernehmung des Zeugen durch die StA hat der Beschuldigte ebenfalls kein Anwesenheitsrecht (KK-Griesbaum, § 161a Rn 6). Jedoch kann auch dem Beschuldigten die Anwesenheit gestattet werden; i.d.R. wird das jedoch nicht zweckmäßig sein (LR-Erb, § 163a Rn 97, 93).

 

Rdn 4148

b) Ist abzusehen, dass die Mitwirkung eines Verteidigers im gerichtlichen Verfahren notwendig wird, gilt auch für die staatsanwaltschaftliche Vernehmung, dass dem unverteidigten Beschuldigten vor der zum Zweck der Beweissicherung durchgeführten Vernehmung der zentralen Belastungszeugen ggf. ein (Pflicht-)Verteidiger bestellt werden muss (vgl. wegen Nachw. aus der Rspr. → Polizeiliche Vernehmung, Zeugen, Teil P Rdn 3838).

 

☆ Diese Problematik stellt sich unabhängig von der Frage der Bestellung eines Pflichtverteidigers nach § 140 Abs. 1 Nr. 10 . Denn die gilt nur im Fall der richterlichen Vernehmung (→ Richterliche Vernehmung, Zeugen , Teil R Rdn  4042 ; → Pflichtverteidiger, Beiordnung wegen richterlicher Vernehmung , Teil P Rdn  3460 ).unabhängig von der Frage der Bestellung eines Pflichtverteidigers nach § 140 Abs. 1 Nr. 10. Denn die gilt nur im Fall der richterlichen Vernehmung (→ Richterliche Vernehmung, Zeugen, Teil R Rdn 4042; → Pflichtverteidiger, Beiordnung wegen richterlicher Vernehmung, Teil P Rdn 3460).

 

Rdn 4149

4. Für das Anwesenheitsrecht anderer Personen als Verteidiger (vgl. Teil S Rdn 4146) und Beschuldigter (vgl. Teil S Rdn 4147 f.) bei der Vernehmung von Zeugen durch die StA gelten die Ausführungen zur polizeilichen Vernehmung (→ Polizeiliche Vernehmung, Zeugen, Teil P Rdn 3839) im Wesentlichen entsprechend.

 

Rdn 4150

 

Anwesenheitsrechte anderer Personen:

Der Rechtsbeistand des nicht nebenklageberechtigten Verletzten und der → Verletztenbeistand/Opferanwalt, Teil V Rdn 4699, hat nach §§ 406f Abs. 1 S. 2, 406h Abs. 2 ein Anwesenheitsrecht.
Der → Vernehmungsbeistand, Teil V Rdn 4745, hat ebenfalls ein – sich aus § 68b Abs. 2, Abs. 1 S. 1 u. 2 i.V.m. § 161a Abs. 1 S. 2 ergebendes – Anwesenheitsrecht (Rieß NJW 1998, 3242; Seitz JR 1998, 310).
Der Zeuge kann nach § 68b Abs. 1 S. 1 und 2 einen allgemeinen → Zeugenbeistand, Teil Z Rdn 5404,...

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