Leitsatz (amtlich)
Ratenzahlungen aus einer vorangegangenen Verfahrenskostenhilfebewilligung sind im aktuellen VKH-Verfahren als besondere Belastung im Rahmen der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens zu berücksichtigen. Es ist unzulässig, stattdessen anzuordnen, dass die Ratenzahlung im aktuellen VKH-Verfahren (erst) nach vollständiger Leistung der Raten aus dem vorangegangenen Verfahren aufzunehmen ist.
Verfahrensgang
AG St. Ingbert (Beschluss vom 26.10.2012; Aktenzeichen 4 F 194/12 VKH1) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - in St. Ingbert vom 26.10.2012 - 4 F 194/12 VKH1 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Die nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet.
Allerdings sind durch die Zweite Prozesskostenhilfebekanntmachung 2012 (BGBl. I 2012, 2462, ausgegeben am 11.12.2012) rückwirkend zum 1.4.2012 die Freibeträge nach § 115 Abs. 1 S. 3 ZPO erhöht worden. Dem ist - in Abweichung vom angegangenen Beschluss - Rechnung zu tragen.
Entgegen der Rechtssicht des Familiengerichts ist ferner das von der Antragstellerin bezogene Kindergeld verfahrenskostenhilferechtlich zunächst zur Deckung des notwendigen Lebensbedarfs des Kindes - also bis zur Höhe des Freibetrages nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 Buchstabe b ZPO - heranzuziehen; nur im hiernach verbleibenden Umfang ist es Einkommen der Antragstellerin (BGH FamRZ 2005, 605; s. auch BGH FamRZ 2010, 1324, dort Rz. 29). Dies wirkt sich jedoch rechnerisch - wie dargestellt werden wird - nicht aus.
Zutreffend hat das Familiengericht den Unterhaltsfreibetrag jedes Kindes um die Unterhaltsvorschussleistungen bereinigt, da dieser Einkommen des Kindes sind (OLG Köln, Beschl. v. 2.12.2011 - 4 WF 190/11 -, juris; OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.11.2007 - 9 WF 301/07 -, juris).
Den Abzug der sonstigen Mietnebenkosten - mithin auch von Haushaltsstrom - hat das Familiengericht zu Recht abgelehnt (dazu BGH FamRZ 2008, 781; Senatsbeschluss vom 18.2.2010 - 6 WF 20/10 -, juris, m.w.N.; Beschluss des 9. Zivilsenats des Saarländischen OLG vom 26.10.2011 - 9 WF 81/11).
Vergebens erstrebt die Antragstellerin den Abzug ihrer Aufwendungen für Telefon und GEZ sowie die Anerkennung monatlicher Bankspesen von 8 EUR. Diese Beträge stellen allgemeinen Lebensbedarf dar und sind daher aus den Freibeträgen zu bestreiten.
Einem Abzug der mit der Beschwerde außerdem pauschal und unbeziffert geltend gemachten Aufwendungen für Hausratversicherung und Schule steht bereits entgegen, dass die Antragstellerin diese Kosten entgegen eigener Ankündigung, dies nachholen zu wollen, nicht belegt hat.
Der Antragstellerin ist der Haftpflichtversicherungsbeitrag von monatlich 6,20 EUR gutzubringen.
Dass das Familiengericht angeordnet hat, dass die Ratenzahlungen im vorliegenden Verfahren (erst) nach Leistung der letzten Rate im Verfahren 4 F 196/12 UG des AG - Familiengericht - in St. Ingbert von monatlich pp. EUR aufzunehmen sind, ist der Antragstellerin günstig, soweit damit ein Zahlungsaufschub verbunden ist. Eine diesbezügliche Änderung des angefochtenen Beschlusses ist dem Senat daher ob des im Beschwerdeverfahren geltenden Verschlechterungsverbots (dazu Prütting/Gehrlein/Völker/Zempel, ZPO, 4. Aufl., § 127 Rz. 35 m.w.N.) verschlossen, obwohl die Handhabung des Familiengerichts durchgreifenden Rechtsbedenken begegnet. Denn die Raten in jenem Verfahren hätten vielmehr als besondere Belastung im Rahmen der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens im vorliegenden Verfahren berücksichtigt werden müssen, in dem dann jedoch keine Stundung der Raten hätte gewährt werden dürfen (dazu OLG Stuttgart FamRZ 2009, 1163; Prütting/Gehrlein/Völker/Zempel, a.a.O., § 115 Rz. 31; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 115 Rz. 40 und 43, jeweils m.w.N.).
Auch unter - bei richtiger Handhabung gebotener - Berücksichtigung des mithin zugleich zum Ungunsten der Antragstellerin unterbliebenen Abzugs der Raten aus dem Parallelverfahren 4 F 196/12 UG benachteiligt der angegangene Beschluss die Antragstellerin indes nicht. Denn nach Maßgabe der im Übrigen unangegriffenen Rechenweise des Familiengerichts ermittelte sich das einzusetzende Einkommen der Antragstellerin dann wie folgt:
Nettoeinkommen pp. EUR
abzgl. Erwerbstätigenfreibetrag pp. EUR
abzgl. Einkommensfreibetrag pp. EUR
abzgl. Unterhaltsfreibetrag der beiden Kinder
jeweils pp. EUR
abzgl. Unterhaltsvorschuss jeweils pp. EUR
abzgl. einzusetzender Kindergeldanteil pp. EUR
bleiben 0 EUR
zzgl. restliches Kindergeld als Einkommen der
Antragstellerin, also (pp.) * 2 = pp. EUR
abzgl. Heizkosten pp. EUR
abzgl. Haftpflichtversicherung pp. EUR
abzgl. VKH-Rate aus 4 F 196/12 UG pp. EUR
einzusetzendes Einkommen (abgerundet, § 115 Abs. 2 ZPO) pp. EUR
Dieses einzusetzende Einkommen rechtfertigte die vom Familiengericht angeordnete Rate von pp. EUR monatlich.
Nach alledem hat es mit dem angefochtenen Beschluss sein Bewenden.
Die Kostenent...