Entscheidungsstichwort (Thema)
Umgangsrecht des Kindes mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil
Leitsatz (redaktionell)
Der Umgang des Kindes mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil unterliegt nicht der Disposition der Eltern, sondern ist in § 1684 BGB als ein im Interesse des Kindes pflichtgebundenes und unverzichtbares Recht konstruiert, dessen Umfang erforderlichenfalls durch das FamG konkretisiert werden muss.
Normenkette
BGB § 1684 Abs. 1, 4 Sätze 2-3, § 1697a
Verfahrensgang
AG Saarlouis (Beschluss vom 06.03.2006; Aktenzeichen 22 F 53/05 UG) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des AG - FamG - in Saarlouis vom 6.3.2006 - 22 F 53/05 UG - wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat den übrigen Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Der Antragsgegnerin und dem Antragsteller wird die nachgesuchte Prozesskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz verweigert.
Gründe
I. Die heute fünf Jahre alten Zwillinge F. und L. sind aus der nichtehelichen Beziehung der Parteien hervorgegangen. Sie leben bei der Antragsgegnerin, die alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge ist, und besuchen derzeit noch den Kindergarten. Die Einschulung ist für das kommende Schuljahr 2006/2007 vorgesehen.
Der Antragsteller - er ist österreichischer Staatsangehöriger - hat am 4.3.2004 beim AG - FamG - in Pankow/Weißensee auf Regelung seines Umgangsrechts angetragen. Dieses hat - nachdem die Antragsgegnerin mit den Kindern ab 1.10.2004 Wohnsitz im Saarland genommen hatte - das Verfahren mit Beschl. v. 2.11.2004 - 23a F 1368/04 - an das AG - FamG - in Saarlouis abgegeben.
Durch einstweilige Anordnung vom 4.5.2005 - 22 F 53/05 - hat das FamG begleitete Besuchskontakte des Antragstellers mit beiden Kindern, jeweils am ersten Montag und Dienstag eines Monats für die Dauer von jeweils zwei Stunden - beginnend mit dem 6./7.6.2005 - festgelegt, die in der Folgezeit unter Mitwirkung eines Mitarbeiters des Caritas-Verbandes in stattgefunden haben.
Die Antragsgegnerin ist dem Begehren des Antragstellers erstinstanzlich zunächst entgegen getreten und hat auf Ausschluss des Umgangs angetragen. Zuletzt hat sie sich vor dem FamG dafür ausgesprochen, die Besuchskontakte am Wochenende stattfinden zu lassen.
Durch den angefochtenen Beschluss, auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat das FamG in der Hauptsache den Umgang - nach Anhörung - dahin geregelt, dass der Antragsteller die Kinder jeweils am ersten Montag und Dienstag eines Monats in der Zeit von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr - erstmals am 3. und 4.4.2006 - sowie ab September 2006 jeweils am ersten Montag und Dienstag eines Monats in der Zeit von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr - erstmals am 4. und 5.9.2006 zu Besuchszwecken zu sich nehmen darf, und ergänzende Anordnungen getroffen. Weiterhin hat es der Antragsgegnerin "für den Fall des Zuwiderhandelns" ein Zwangsgeld i.H.v. bis zu 1.000 EUR angedroht.
Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde, für die sie um Bewilligung von Prozesskostenhilfe bittet. Mit dem Rechtsmittel erstrebt sie - unter Beibehaltung der festgelegten Besuchstage - eine Modifikation der Übergabezeiten und -modalitäten sowie eine räumliche Beschränkung des Besuchsrechts auf das Saarland. Darüber hinaus begehrt sie die Androhung eines Zwangsgeldes ggü. dem Antragsteller.
Der Antragsteller bittet um Zurückweisung der Beschwerde und um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug. Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Das beteiligte Jugendamt hat sich schriftlich geäußert und auf seinen erstinstanzlichen Bericht verwiesen.
Die Akten des zuletzt vor dem AG - FamG - in Saarlouis anhängig gewesenen Sorgerechtsverfahrens - 22 F 119/05 - waren beigezogen.
II. Die gem. §§ 621e Abs. 1 und 3, 621 Abs. 1 Nr. 2, 517, 520 ZPO zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Seine internationale Zuständigkeit und die Anwendung des deutschen materiellen Rechts hat das FamG im Streitfall - stillschweigend - zu Recht und von den Parteien unangegriffen bejaht.
Die in dem angefochtenen Beschluss getroffene Umgangsregelung ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 1684 Abs. 1 BGB steht dem Antragsteller dem Grunde nach ein Recht zum geregelten persönlichen Umgang mit den gemeinsamen Töchtern zu, was auch von der Antragsgegnerin, die mit ihrer Beschwerde insoweit im Wesentlichen nur eine Modifikation des Beginns und des Endes der Besuchszeiten sowie der Übergabemodalitäten anstrebt, zweitinstanzlich letztlich nicht mehr in Frage gestellt wird. Nach § 1684 Abs. 1 BGB hat das Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil und sind die Eltern zum Umgang mit dem Kind berechtigt und verpflichtet. Diese gesetzgeberische Entscheidung beruht auf der Erkenntnis, dass der Umgang des Kindes mit seinen Eltern, gerade wenn und soweit es nicht bei ihnen lebt, für die Entwicklung und das Wohl des Kindes von herausragender Bedeutung ist (Senatsbeschluss vom 21.12.2005 - 6 UF 94/05; OLG Brandenburg v. 21.1.2004 - 1...