Leitsatz (amtlich)
Auch die im Rahmen des Strafvollzugs erfolgende, nicht nur kurzfristige Fixierung eines Betroffenen unterliegt dem Richtervorbehalt des Art. 104 Abs. 2 GG.
Zwar kann der Betroffene die Zulässigkeit seiner Fixierung auch nach deren Beendigung gerichtlich klären lassen. Ein derartiges Recht des Leiters der Justizvollzugsanstalt, der die Fixierung angeordnet hat, folgt aus dem Richtervorbehalt des Art. 104 Abs. 2 GG jedoch nicht.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Entscheidung vom 18.09.2018; Aktenzeichen II StVK 1068/18) |
Tenor
1. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer II des Landgerichts Saarbrücken vom 18. September 2018 wird als unbegründet
v e r w o r f e n.
2. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der dem Antragsgegner in diesem entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse.
3. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 500,-- EURO.
Gründe
I.
Gegen den Antragsgegner wird seit dem 21.06.2017 in dem Verfahren 51 VRs 3 Js 759/17 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken eine gegen ihn mit Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 8. September 2017 (Az.: 1 Ks 14/17) - rechtskräftig seit dem 15.09.2017 - u. a. wegen gefährlicher Körperverletzung verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren vollstreckt.
Mit an das Amtsgericht Saarbrücken - Betreuungsgericht - gerichtetem, dort am 30.08.2018 per Telefax eingegangenem Schreiben vom selben Tag (bei dem in dem Schreiben angegebenen Datum "19.08.2018" handelt es sich, wie sich aus dem Inhalt des Schreibens ergibt, um ein offenkundiges Versehen) hat der Antragsteller, der Leiter der Justizvollzugsanstalt S., in der die gegen den Antragsgegner verhängte Gesamtfreiheitsstrafe zum damaligen Zeitpunkt vollstreckt wurde, beantragt,
"die zeitweise oder regelmäßige erfolgende Freiheitsentziehung des Gefangenen M. L. * XX.XX.XXXX durch 4 - Punkt - Fixierung in einem besonders gesicherten Haftraum im Rahmen der in der JVA S. durchgeführten Haft anzuordnen."
Zur Begründung dieses Antrags hat der Antragsteller im Wesentlichen ausgeführt, dass der unter - näher dargestellten - Symptomen einer floriden Schizophrenie leidende, eine medikamentöse Therapie bisher kategorisch ablehnende Strafgefangene am "heutigen Morgen gegen 10 Uhr 30" immer wieder mit dem Kopf voran gegen das Mauerwerk des besonders gesicherten Haftraums gesprungen sei.
Er sei daher gegen 10.45 Uhr unter Anwendung unmittelbaren Zwangs "auf das Fesselbett" verbracht und mit einem 4-Punkt-Gurt fixiert worden. Mit Blick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24.07.2018 (2 BvR 309/15, 2 BvR 502/16) sei nunmehr eine richterliche Entscheidung über die Fixierungsmaßnahme einzuholen.
Mit Beschluss vom 3. September 2018 hat das Amtsgericht Saarbrücken "sich sachlich für unzuständig" erklärt und den Antrag "gem. § 17a Abs. 2, Abs. 6 GVG an die gem. § 118 S. 2 Nr. 2 SLStVollzG i.V.m. § 119 StVollzG zuständige Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Saarbrücken verwiesen.
Mit an das Amtsgericht Saarbrücken adressiertem, aber erst im Rahmen des Rechtsbeschwerdeverfahrens zur Akte gelangtem Schreiben vom 4. September 2018 hat der Antragsteller mitgeteilt, die Fixierung des Gefangenen habe seit den Morgenstunden des 31.08.2018 beendet werden können und sei seither nicht mehr erforderlich gewesen. Die Verlegung des Gefangenen als psychisch kranker Häftling "in die SKFP M." sei "für den heutigen Tag vorgesehen." Gleichwohl sei vor dem Hintergrund der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.07.2018 "zumindest eine nachträgliche richterliche Genehmigung der Maßnahme erforderlich." Die Verlegung des Gefangenen in die Saarländische Klinik für Forensische Psychiatrie erfolgte - wie angekündigt - am 04.09.2018.
Mit Beschluss vom 7. September 2018 hat die Strafvollstreckungskammer II des Landgerichts Saarbrücken "die Übernahme des Verfahrens abgelehnt und die Sache gemäß § 14 StPO dem Saarländischen Oberlandesgericht zwecks Bestimmung des sachlich zuständigen Gerichts vorgelegt.
Mit Beschluss vom 12. September 2018 (5 Sa 3/18) hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts als zuständiges Gericht das Landgericht Saarbrücken bestimmt.
Mit Beschluss vom 18. September 2018 hat die Strafvollstreckungskammer II des Landgerichts Saarbrücken "den Antrag der Justizvollzugsanstalt S. vom 19. August 2018" zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: "Mangels einer gesetzlichen Ermächtigungsnorm" sei die Strafvollstreckungskammer nicht befugt, über den Fixierungsantrag zu entscheiden. § 79 Abs. 1 SLStVollzG, wonach die Anstaltsleitung besondere Sicherungsmaßnahmen, zu denen gemäß § 78 Abs. 2 Nr. 6 SLStVollzG auch die Fesselung zähle, anordne, enthalte keinen Richtervorbehalt. Auch unter Berücksichtigung der von dem Antragsteller in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts seien die genannten Vorschriften nicht dahingehend verfassungsgemäß auszulegen, dass die Fixierung eine...