Leitsatz (amtlich)
Die Klärung von auf ein Grundstück einwirkenden Geräusch- und Geruchsimmissionen an zulässiger Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens sein.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 13.10.2014; Aktenzeichen 3 OH 34/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Saarbrücken vom 13.10.2014 - 3 OH 34/14 - aufgehoben. Die weiter erforderlichen Anordnungen und Maßnahmen werden dem LG übertragen.
Gründe
Der Antragsteller begehrt im selbständigen Beweisverfahren die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung einer Belastung seines Wohngrundstücks durch Geräusch- und Geruchsimmissionen.
Er hat behauptet, von dem benachbarten Supermarkt der Antragsgegnerin zu 2 gehe schon ab 5:30 Uhr morgens unerträglicher Lärm aus, der nach seiner Einschätzung die zulässigen Richtwerte für Mischgebiete überschreite. Ursächlich seien insbesondere Lade- und Entladevorgänge von teilweise mit laufenden Kühlaggregaten ausgestatteten Lkw im Bereich einer nahe an der Grundstücksgrenze gelegenen Laderampe, außerdem sich ständig öffnende und wieder schließende Türen sowie rund um die Uhr betriebene Kühlaggregate des Supermarkts selbst. Unzumutbar seien auch die auf sein Grundstück einwirkenden Gerüche von den Schornsteinen auf dem Dach des Supermarkts und aus den Auspuffanlagen der Lkw. Der Antragsteller ist der Ansicht gewesen, ihm stünden insoweit Abwehransprüche gem. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Die in der Antragsschrift vom 2.6.2014 formulierten Beweisfragen hat er mit Schriftsatz vom 14.7.2014 konkretisiert.
Der Antragsteller hat beantragt (Bl 2 d.A. i.V.m. Bl. 29 d.A.), das schriftliche Gutachten eines Sachverständigen über folgende Fragen einzuholen:
1. Wurden bei Errichtung des Rewe-Marktes, in Sch.-H. die Anforderungen an den Schallschutz eingehalten? Werden insbesondere bei den Be- und Entladevorgängen die Emmissionsrichtwerte gemäß der TA Lärm 60 dB (A) tagsüber in der Zeit von 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr und 45 dB (A) nachts in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr überschritten?
2. Geht von den Kühlaggregaten des Rewe-Marktes H. eine richtwertüberschreitende Lärmeinwirkung gemäß der TA Lärm 60 dB (A) tagsüber in der Zeit von 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr und 45 dB (A) nachts in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr auf das Anwesen des Antragstellers aus?
3. Welche Maßnahmen sind erforderlich um die in Ziff. 1 und 2 beschriebene Symptomatik abzustellen? Ist insbesondere die Errichtung einer Schallschutzmauer entlang der gemeinsamen Grenze zum Anwesen des Antragstellers zielführend?
4. Sind die auf dem Rewe-Markt H. befindlichen Schornsteine bauplanungs- und bauordnungsrechtlich zu beanstanden? Wurden die entsprechenden DIN-Normen eingehalten? Gehen von den auf dem Dach des Rewe-Marktes befindlichen Schornsteinen richtwertüberschreitende Geruchsimmissionen aus?
5. Welche Maßnahmen sind erforderlich, um die unter Ziff. 4 beschriebene Problematik zu beheben?
Die Antragsgegnerinnen haben Zurückweisung der Beweisanträge beantragt.
Die Antragsgegnerin zu 1 - mit ihr war der vorgerichtliche Schriftverkehr geführt worden (s. Schreiben Bl. 38 d.A.) - hat ihre Passivlegitimation in Abrede gestellt und vorgetragen, "materiell-rechtlich in die Sache nicht involviert" zu sein. Überdies hat sie die zu klärenden Beweisfragen als zu unpräzise erachtet (Bl. 47 d.A.). Die Antragsgegnerin zu 2 ist der Ansicht gewesen, die Überschreitung von Emissionsrichtwerten betreffe nicht den "Zustand einer Sache" i.S.d. § 485 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (Bl. 99 d.A.). Im Übrigen seien die vom Antragsteller formulierten Beweisfragen zumindest teilweise als unzulässige Ausforschung zu betrachten, u.a. weil kurzzeitige Geräuschspitzen in den Beweisfragen nicht berücksichtigt seien und Angaben zu dem Ort, an welchem die Messung durchgeführt werden solle, fehlten (Bl. 96 ff. d.A.). Richtwertüberschreitungen durch Lärm oder Gerüche hat die Antragsgegnerin zu 2 bestritten.
Das LG - Einzelrichter - hat mit Beschluss vom 13.10.2014 (Bl. 125 d.A.) den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zurückgewiesen. Bei der mit den Anträgen zu 1 und 2 begehrten Feststellung von Geräuschbelästigungen nach Maßgabe der TA Lärm gehe es um die Messung und Bewertung von auf dem Grundstück des Antragstellers ankommenden Schallwellen, die von auf dem Gelände des Supermarkts tätigen Personen und dort aufgestellten Maschinen ausgingen. Derartige nicht zwangsläufig stets gleichförmig auftretende Emissionen beträfen aber nicht den "Zustand einer Sache". Das LG hat auch die weiteren Beweisanträge für unzulässig erachtet. Die Empfindung von Geruchsbelastungen (Beweisfrage zu 4) sei rein subjektiv und sachverständig nicht überprüfbar.
Der Antragsteller hat gegen den am 21.10.2014 zugestellten Beschluss am 28.10.2014 sofortige Beschwerde erhoben (Bl. 133 d.A.), mit der er die Beweiserhebung zu der Frage richtwertüberschreitender Geräusch- und Geruchsimmissionen weiter verfolgt. Er beruft sich darauf, dass der im Bereich der Zimmer seines Anwes...