Leitsatz (amtlich)
Vertritt ein Rechtsanwalt, der zugleich als Patentanwalt zugelassen ist, eine Partei auf Grund einer doppelten Mandatierung in einem einstweiligen Verfügungsverfahren nach dem Halbleiterschutzgesetz in beiden Eigenschaften, so kann er von dieser die anfallenden Gebühren als Rechtsanwaltsgebühren und Patentanwaltsgebühren, also in doppelter Höhe, verlangen und die Partei hat gegen den Prozessgegner nach Maßgabe der Kostengrundentscheidung einen Kostenerstattungsanspruch, da es sich um notwendige Kosten handelt.
Normenkette
EGRL 48/2004 Art. 3, 14; GebrMG § 27; HalblSchG § 11 Abs. 2; MarkenG § 140 Abs. 3; PatG § 143 Abs. 3; RVG § 15 Abs. 2; ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, § 104 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 27.01.2022; Aktenzeichen 7HK O 21/21) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 27.01.2022 (7HK O 21/21) dahin abgeändert, dass die auf Grund des Urteils des Landgerichts in Saarbrücken vom 05.07.2021 von der Antragstellerin an die Antragsgegnern zu erstattenden Kosten auf 17.715,- EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 08.07.2021 festgesetzt werden.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.847,50 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Antragstellerin hat im Wege der einstweiligen Verfügung Unterlassungsansprüche in Bezug auf den Vertrieb von Plasmaschneidern in Deutschland geltend gemacht, wobei sie sich - in dieser Reihenfolge - zunächst auf Designrecht, dann auf ergänzenden Leistungsschutz nach dem UWG und schließlich auf das Halbleiterschutzgesetz gestützt hat (Bl. 1 ff d.A. und Bl. 534 d.A.).
I. Das Landgericht - Kammer für Handelssachen - hat durch den Vorsitzenden mit Beschluss vom 27.05.2021 gegen die Antragsgegnerin eine einstweilige Verfügung des Inhalts erlassen, dass der Antragsgegnerin untersagt wird, in der Bundesrepublik Deutschland näher bezeichnete Plasmaschneider herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen (im Einzelnen Bl. 168 d.A. und Bl. 534 - 538 d.A.).
Hiergegen hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 06.06.2021 (Bl. 183 d.A.) Widerspruch eingelegt, auf dessen Begründung Bezug genommen wird.
Das Landgericht hat daraufhin mit dem am 05.07.2021 verkündeten Urteil (Bl. 533 d.A.) festgestellt, dass die "Beschlussverfügung" vom 27.05.2021 von der Antragstellerin nicht angegriffen worden ist, soweit sie den ursprünglichen Antrag zurückgewiesen hat, und im Übrigen die einstweilige Verfügung auf den Widerspruch der Antragsgegnerin aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens hat das Landgericht der Antragstellerin auferlegt (Bl. 534 d.A.).
Gegen dieses Urteil hat die Antragstellerin kein Rechtsmittel eingelegt.
II. Auf den Kostenfestsetzungsantrag der Antragsgegnerin vom 06.07.2021 (Bl. 605 und 609 d.A.) hat das Landgericht Saarbrücken - Rechtspflegerin - mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.01.2022 (Bl. 695 d.A.) - der Antragsgegnerin zugestellt am 27.01.2022 (Bl. 699 d.A.) -, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, die von der Antragstellerin auf Grund des Urteils an die Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten auf 8.867,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.07.2021 festgesetzt.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 15.02.2022 (Bl. 701 d.A.) - eingegangen am selben Tag (Bl. 700 d.A.) - sofortige Beschwerde eingelegt.
Mit Schriftsatz vom 28.02.2022 (Bl. 748 d.A.), der zunächst versehentlich nicht zur Akte gelangt war, hat die Antragsgegnerin die Auffassung vertreten, das Landgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass die Kosten für einen Patentanwalt nur erstattungsfähig seien, wenn sie unter den Voraussetzungen des § 11 HalblSchG objektiv gemäß § 91 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig seien, oder wenn der Patentanwalt nicht von Anfang an mitgewirkt habe, sondern erst später nachträglich einbezogen worden sei, was im Falle einer Doppelqualifikation nicht möglich sei (Bl. 749 d.A.).
In dem Gesetzestext des auch auf Gebrauchsmusterstreitsachen gemäß § 27 Gebrauchsmustergesetz (GebrMG) anwendbaren § 11 HalblSchG tauche der bisher bei der Auslegung angewandte Begriff "Hinzuziehung" nicht auf. Vielmehr verlange das Gesetz nur, dass der Patentanwalt "mitgewirkt" habe, also neben dem Rechtsanwalt tätig geworden sei. Dabei komme es nicht darauf an, ob die beiden Anwälte von Anfang an gemeinsam an dem Fall gearbeitet hätten oder ob es erst zur Mitwirkung des Patentanwalts gekommen sei, nachdem sich der Rechtsanwalt schon einige Zeit mit der Sache befasst habe. Mitwirkung als Kausalbeitrag verlange gemäß §§ 11 HalblSchG, 27 GebrMG nur irgendeine Mitwirkung des Patentanwalts (im Einzelnen Bl. 7...