Leitsatz (amtlich)
1. § 839a BGB gilt auch für Ansprüche des Meistbietenden im Zwangsversteigerungsverfahren gegen den Verkehrswertgutachter im Sinne des § 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG (Anschluss an BGH, Urteil vom 10.10.2013 - III ZR 345/12 -, BGHZ 198, 265, juris)
2. Der nach § 839a BGB zu leistende Schadensersatz soll die Vermögenslage herstellen, die bei pflichtgemäßem Verhalten des Sachverständigen eingetreten wäre, also im Falle des § 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG bei korrekter Ermittlung des Grundstückswerts. Demnach kann der Schadensersatzanspruch entweder darauf gestützt werden, dass der Geschädigte so gestellt wird, als hätte er das Objekt nicht ersteigert, oder darauf, dass er bei korrekter Wertfestsetzung das Grundstück zu einem niedrigeren Meistgebot hätte ersteigern können, wobei die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO gelten (Anschluss an BGH, Urteil vom 10.10.2013 - III ZR 345/12 -, BGHZ 198, 265, juris).
3. Die insoweit zu stellenden Anforderungen müssen umso strenger sein, je geringer die Differenz zwischen dem vom Sachverständigen ermittelten und dem richtigen Verkehrswert ist und je deutlicher das zum Zuge gekommene Meistgebot unter diesen Werten liegt (Anschluss an BGH, Urteil vom 10.10.2013 - III ZR 345/12 -, BGHZ 198, 265, juris).
4. Auch für die Frage der Schadenskausalität kommt es (jedenfalls: in erster Linie) auf die (Un-)Richtigkeit des ermittelten Verkehrswerts an und nicht des im Verkehrswertgutachten beschriebenen Gebäudezustands. Das Vertrauen des Bieters darauf, dass die der Ermittlung des Verkehrswertes zugrunde gelegten Werte korrekt sind, ist im Rahmen des § 839a BGB nicht geschützt.
5. Die Annahme eines Schadens kommt grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn das zum Zuge gekommene Meistgebot unter dem Verkehrswert liegt. Der Umstand, dass der Geschädigte möglicherweise eine objektiv adäquate Gegenleistung erhalten hat, schließt es nicht grundsätzlich aus, dass er bei korrekter Wertfestsetzung mit einem noch geringeren Gebot hätte zum Zuge kommen können und die Mehraufwendungen damit erspart hätte.
Normenkette
BGB §§ 249, 839a; ZVG § 74a Abs. 5
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 17.11.2021; Aktenzeichen 7 O 29/21) |
Tenor
Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 17.11.2021 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz gemäß § 839a BGB mit der Begründung, dieser habe in einem Zwangsversteigerungsverfahren ein unrichtiges Wertgutachten erstellt.
Der Beklagte hatte nach Beauftragung durch das Amtsgericht Saarbrücken ein Wertgutachten betreffend zur Zwangsversteigerung anstehendes Wohnungseigentum in einem Gebäude in Saarbrücken-Burbach zum Stichtag 04.11.2016 erstellt. In Ziffer 1.1 des Gutachtens ("Angaben zum Bewertungsobjekt") sind Sondernutzungsrechte lediglich in Bezug auf eine Hoffläche sowie einen Pkw-Stellplatz aufgeführt. Demgegenüber heiß es unter Ziffer 3.4.1 ("Lage im Gebäude, Wohnfläche, Raumaufteilung und Orientierung"):
"Die Wohnung hat folgende Räume:
Flur/Diele/Forum; 2 Zimmer, Küche, Bad; Kellerraum"
In einer dem Gutachten beigefügten Anlage 2 ("Grundrisse und Schnitte") sind drei von insgesamt sieben Kellerräumen des Gebäudes mit einer "4" gekennzeichnet. Unstreitig war der Eigentumswohnung, die im Aufteilungsplan mit der Nr. 4 bezeichnet ist, kein Sondernutzungsrecht an einem Kellerraum zugeordnet.
Der Beklagte bezifferte den Verkehrswert unter Zugrundelegung eines entsprechenden Ertragswerts und eines zur Stützung ermittelten Sachwerts von rund 90.100 EUR auf 91.800 EUR. Das Versteigerungsgericht bestimmte das Mindestgebot auf die Hälfte dieses Betrags (45.900 EUR). Im Versteigerungstermin vom 04.09.2018 war der Kläger der einzige Bieter und ersteigerte das Objekt zum Mindestgebot (Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 04.09.2018 - 48 K 115/16, Bl. 32 d. A.).
Der Kläger hat behauptet, er habe am Versteigerungstermin in der vermeintlichen Annahme teilgenommen, neben der Wohnung drei Kellerräume mit zu ersteigern (Bl. 4 d. A.). Dem Beklagten hat er vorgeworfen, "in seinem Gutachten Ausführungen zum Umfang des zu versteigernden Grundbesitzes insbesondere zum Umfang des mit dem entsprechenden Miteigentumsanteil verbundenen Sondereigentums" gemacht zu haben, ohne sich in dieser Hinsicht durch Einsicht ins Grundbuch vergewissert zu haben (Bl. 5 d. A.).
Der Kläger hat Schadensersatz in Höhe von 13.000 EUR verlangt. Er hat behauptet, diese Summe entspreche dem "Unterschiedsbetrag zwischen dem Wert der Wohnung mit den drei Kellerräumen und dem Wert der Wohnung ohne diese" (Bl. 5 d. A.). Der Kläger hat sich insoweit sich auf ein von ihm beauftragtes Gutachten des Sachverständigen A.H. gestützt (Anlage K 9). In diesem Gutachten wurde der Sachwert auf rund 111.000 EUR beziffert. Im Rahmen der Ertragswertermittlung wies der Parteisachverständige H. darauf hin, dass beim Rohertrag "aufgrund des fehlenden Kellers"...