Leitsatz (amtlich)
Zur gerichtlichen Zuständigkeit bei Geltendmachung von Rückabwicklungsansprüchen aus einem Kaufvertrag nach Anfechtung und Rücktritt.
Verfahrensgang
AG Saarlouis (Aktenzeichen 26 C 1228/04) |
Tenor
Zuständiges Gericht ist das AG Saarlouis.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Rückzahlung des Preises eines ihr von dem Beklagten verkauften und übereigneten Pkw Mitsubishi Colt Zug zum Zug gegen Rückgabe des Kraftfahrzeugs. Weil der Beklagte ihr, wie sie behauptet, Vorschäden verschwiegen habe, ist sie vom Kaufvertrag zurückgetreten und hat zunächst mit ihrer am 10.7.2004 zugestellten Klage die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangt. Im Verlauf des Rechtsstreits hat sie den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung durch den Beklagten angefochten, da ihr der Beklagte lediglich zwei statt der tatsächlich sechs Vorbesitzer angegeben habe.
Nachdem der Beklagte die örtliche Zuständigkeit des von der Klägerin angerufenen AG Saarlouis gerügt hat, hat das AG Saarlouis sich zunächst dahin geäußert, für das Rückabwicklungsbegehren halte es sich für örtlich zuständig; später hat es die Klägerin angehört, weil im Hinblick auf die erklärte Anfechtung Bedenken gegen seine örtliche Zuständigkeit bestünden. Die Klägerin hat daraufhin mitgeteilt, sie gehe aus "zweierlei Rechtsgründen" gegen die Beklagte vor. Daraufhin hat das AG Saarlouis den Rechtsstreit auf einen hilfsweise gestellten Verweisungsantrag der Klägerin an das für den Wohnsitz des Beklagten zuständige AG Trier verwiesen. Das AG Trier hat den Rechtsstreit "nicht übernommen", weil der Verweisungsbeschluss § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO missachte. Das AG Saarlouis hat die "erneute Übernahme der Sache" abgelehnt und den Rechtsstreit dem Saarländischen OLG zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
II. Das Saarländische OLG ist zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreits zwischen dem AG Saarlouis und dem AG Trier nach § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO berufen, weil beide AG sich "rechtskräftig" für unzuständig zur Entscheidung des Rechtsstreits erklärt haben. Zuständiges AG ist das AG Saarlouis.
1. Die Zuständigkeit folgt allerdings nicht bereits daraus, dass dem Beklagten die Rüge der örtlichen Unzuständigkeit nach § 296 Abs. 3 ZPO versagt wäre. Zwar hat der Beklagte erst nach Ablauf der ihm gesetzten Frist zur Klageerwiderung gerügt, das AG Saarlouis sei örtlich unzuständig. Nach zwar nicht unbestrittener, wohl aber überwiegend vertretener Rechtsauffassung, der sich der Senat anschließt, fallen indessen verspätete Rügen, die die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts betreffen, auf Grund der besonderen Regelungen der §§ 39, 504 ZPO nicht unter die Präklusion, die § 296 Abs. 3 ZPO anordnet (BGH v. 21.11.1996 - IX ZR 264/95, MDR 1997, 288 = NJW 1997, 397 [398]; OLG Frankfurt v. 22.9.1992 - 17 U 65/81, OLGZ 1983, 99 [101]; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 296 Rz. 8a; Musielak/Huber, ZPO, 4. Aufl., § 296 Rz. 34).
2. Das AG Saarlouis ist für das Verlangen der Klägerin nach Rückabwicklung des Kaufvertrages mit dem Beklagten auf der Grundlage der §§ 437 Nr. 2, Nr. 440, 323, 346 f. BGB gem. § 29 Abs. 1 ZPO örtlich zuständig. Das hat das AG Saarlouis zu Recht selbst so gesehen. Denn der die Zuständigkeit nach § 29 Abs. 1 ZPO bestimmende Leistungsort für die Rückabwicklung eines Kaufvertrages nach Rücktritt ist der "Austauschort", also derjenige Ort, an dem sich die Sache zur Zeit des Rücktritts vertragsgemäß befindet (BGH v. 9.3.1983 - VIII ZR 11/82, MDR 1983, 660 = NJW 1983, 1479; MDR 1962, 399; BayObLG v. 9.1.2004 - 1Z AR 140/03, MDR 2004, 646 = BayObLGReport 2004, 181).
Daran ändert sich auch dann nichts, wenn mit dem auf ein gesetzliches Rücktrittsrecht gestützten Rückabwicklungsbegehren andere Ansprüche, die zu dem gleichen Ergebnis führen würden, jedoch von anderen örtlich für sie zuständigen Gerichten zu entscheiden wären, verbunden werden.
3. Die örtliche Zuständigkeit des AG Saarlouis - für den auf den Rücktritt der Klägerin wegen Mängeln des gekauften Kraftfahrzeugs gestützten Anspruch - ist nicht durch die grundsätzlich nach § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO eintretende Bindungswirkung seines Verweisungsbeschlusses auf das AG Trier übergegangen. Die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses tritt nämlich ausnahmsweise dann nicht ein, wenn sich die Verweisung so weit von der gesetzlichen Grundlage entfernt, dass sie im Hinblick auf das Gebot des gesetzlichen Richters und das Willkürverbot des Grundgesetzes nicht hingenommen werden kann oder wenn die Verweisung unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ergangen ist (st. Rspr. des OLG Saarbrücken, Beschl. v. 8.12.2003 - 5 W 253/03-58; v. 12.3.2002 - 5 W 61/02-15, OLGReport Saarbrücken 2002, 331 [333]; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 281 Rz. 17 f.).
a) Dem Verweisungsbeschluss fehlt es allerdings nicht schon deshalb an einer Bindungswirkung, weil die örtliche Zuständigkeit des AG Trier als des für den Wohnsitz des Beklagten allgemein zuständigen AG für die Geltendmachung eines bereicherungsrechtli...