Entscheidungsstichwort (Thema)
FGG-Kindschaftssache: Statthaftigkeit einer ausschließlich gegen die Kostenentscheidung gerichteten Beschwerde; Voraussetzungen einer Kostenpflicht für die Gesamtverfahrenskosten trotz Sorgeantragsrücknahme
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Zulässigkeit einer Beschwerde, die ausschließlich gegen die Kostenentscheidung in einer Kindschaftssache gerichtet ist.
2. Den Voraussetzungen, unter denen es in Betracht kommt, in einer Kindschaftssache erstinstanzlich einem Beteiligten die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (hier trotz Antragsrücknahme verneint)
Verfahrensgang
AG Völklingen (Beschluss vom 15.12.2010; Aktenzeichen 8 F 547/10 SO) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - in Völklingen vom 15.12.2010 - 8 F 547/10 SO - teilweise dahingehend abgeändert, dass die Kosten des ersten Rechtszugs gegeneinander aufgehoben werden.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Beschwerdewert: bis 700 EUR.
4. Der Antragsgegnerin wird für das Beschwerdeverfahren mit Wirkung vom 17.2.2011 Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenanordnung bewilligt und Rechtsanwältin, beigeordnet.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind miteinander verheiratet. Aus der Ehe ist die Tochter J., geboren am 4.8.2006, hervorgegangen. Am 9.10.2010 haben sich die Kindeseltern getrennt. J. hielt sich beim Antragsteller bzw. dessen Eltern auf.
Der Antragsteller hat vorgetragen, dass die Antragsgegnerin im Rotlichtmilieu arbeite, Sexfilme verkaufe und einer Sekte beigetreten sei. Sie kümmere sich nicht um J.. Mit Antrag vom 2.11.2010 hat der Antragsteller die alleinige elterliche Sorge für J. begehrt.
Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie hat vorgetragen, dass sich der Antragsteller für den verfahrensgegenständlichen Antrag bereits bei ihr entschuldigt habe und die Ehe fortsetzen wolle. Zwischen den Beteiligten werde versucht, eine vergleichsweise Regelung herbeizuführen.
Das Jugendamt hat berichtet, dass die Kindeseltern in einem Gespräch vom 11.11.2010 erklärt hätten, in naher Zukunft die eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufnehmen zu wollen. Die Antragsgegnerin sei damit einverstanden, dass J. weiterhin beim Antragsteller bzw. dessen Eltern lebe.
Mit am 17.11.2010 eingereichtem Schriftsatz hat der Antragsteller mitgeteilt, dass die Beteiligten einen Versöhnungsversuch unternommen hätten und beantragt, das Verfahren zum Ruhen zu bringen. Die Antragsgegnerin hat einer Anordnung des Ruhens des Verfahrens widersprochen. Mit am 19.11.2010 eingereichtem Schriftsatz hat der Antragsteller den Sorgerechtsantrag zurückgenommen.
In dem angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht die erstinstanzlichen Kosten dem Antragsteller auferlegt.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, mit der er erreichen will, dass die Kosten des ersten Rechtszugs gegeneinander aufgehoben werden. Der Antragsteller trägt vor, dass der Sorgerechtsantrag Aussicht auf Erfolg gehabt habe, weil die Antragsgegnerin nur dann weiter mit ihm habe zusammenleben wollen, wenn er sich ihrer Glaubensgemeinschaft angeschlossen hätte, wozu er jedoch nicht bereit sei. Die Rücknahme des Antrags sei erst erfolgt, nachdem das Gericht dies dreimal angeregt habe.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und bittet um Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren. Sie hält die Beschwerde für verfristet, verteidigt den angefochtenen Beschluss und trägt ergänzend vor, dass sie vom Antragsteller getrennt lebe; er sei drogenabhängig, teils gewalttätig und in seinem Verhalten schwankend. Die gegen sie erhobenen Vorwürfe seien unberechtigt.
II. Die als Beschwerde zu behandelnde sofortige Beschwerde ist nach §§ 58 ff. FamFG statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere handelt es sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht um eine Familienstreitsache, bei der unter Umständen in Erwägung gezogen werden könnte, ob nicht eine sofortige Beschwerde das statthafte Rechtsmittel sein könnte, denn Streitgegenstand war die elterliche Sorge und somit eine Kindschaftssache i.S.v. § 111 Nr. 2 FamFG; diese gehört jedoch zweifellos nicht zu den Familienstreitsachen i.S.v. § 112 FamFG.
Dass nicht die Entscheidung in der Hauptsache, sondern allein die Kostenentscheidung angefochten wird, steht der Statthaftigkeit des Rechtsmittels nicht entgegen. Denn mit der Neuregelung des Familienverfahrensrechts durch das FamFG ist die Anfechtung von Kostenentscheidungen betreffend Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit unabhängig davon statthaft, ob ein Rechtsmittel in der Hauptsache eingelegt wurde. Dies entspricht der einhelligen Meinung in Rechtsprechung und Literatur und ergibt sich auch aus der gesetzlichen Begründung (BT-Drucks. 16/6308, 168; OLG Saarbrücken, 9. Zivilsenat, Beschl. v. 9.10.2010 - 9 UF 80/10; OLG Karlsruhe, FuR 2010, 536; OLG Stuttgart FamRZ 2010...