Leitsatz (amtlich)
Erklärt der Käufer eines Grundstücks im Vorfeld eines bereits festgesetzten Termins zur notariellen Beurkundung des Kaufvertrags gegenüber dem Notar in einer E-Mail den Wunsch, die Beurkundung aus Gründen der Corona-Pandemie ohne seine persönliche Anwesenheit allein mit dem Verkäufer als Vertreter ohne Vertretungsmacht vorzunehmen, so liegt hierin jedenfalls dann ein Auftrag oder Antrag gemäß § 29 Nr. 1 GNotKG, wenn der Käufer in derselben E-Mail dem Notar gegenüber erklärt, er fühle sich durch den Notar ausreichend beraten und informiert. Dies gilt auch dann, wenn der Vertragsentwurf inhaltlich unabhängig von der Mitwirkung des Käufers zu Stande gekommen ist und auch inhaltlich nicht auf seine Veranlassung modifiziert wird.
Normenkette
FamFG § 58 Abs. 1, § 59; GNotKG § 19 Abs. 1, 3, § 29 Nr. 1, § 127 Abs. 1, § 129 Abs. 1, § 130 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 04.10.2021; Aktenzeichen 5 OH 8/21) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 04.10.2021 (5 OH 8/21) abgeändert. Die Kostenrechnung des Antragsgegners vom 25.03.2020 (Rechnungsnummer ...) mit auf 3.690,79 EUR reduziertem Rechnungsbetrag wird bestätigt.
2. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen trägt der Antragsteller.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.690,79 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller wollte, gemeinsam mit Frau N. Freifrau von und zu G. (in der Folge kurz Frau von G. genannt) handelnd, von Rechtsanwalt R. T. - in dessen Eigenschaft als gerichtlich bestelltem Nachlasspflegers - Grundbesitz erwerben.
Am 23.03.2020 wurde zu diesem Zweck ein durch den Antragsgegner entworfener Kaufvertrag (Urk.-Nr. ...) durch diesen beurkundet (Bl. 15 ff d. A.), wobei sich der Antragsteller und Frau von G. als Erwerber durch Herrn Rechtsanwalt R. T. als Vertreter ohne Vertretungsmacht vertreten ließen (Bl. 15 d. A.). Beabsichtigt war, dass der Antragsteller den Vertrag nachgenehmigen sollte. Die Genehmigung des Antragstellers erfolgte in der Folge jedoch nicht, der beabsichtigte Kaufvertrag kam demzufolge nicht zu Stande.
Mit Datum vom 25.03.2002 erstellte der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller die Kostenrechnung Nr. ... über 4.421,15 EUR (Bl. 6 ff d. A.), die eine Beurkundungsgebühr, eine Vollzugsgebühr und eine Betreuungsgebühr beinhaltete und dem Antragsteller die hälftige Gebührenhöhe in Rechnung stellte. Die Rechnung wurde dem Antragsteller am 15.12.2020 zugestellt (Bl. 9 d. A.). Den Rechnungsbetrag hat der Antragsgegner zwischenzeitlich im Vollstreckungsweg bei dem Antragsteller beigetrieben. Nachträglich hat der Antragsgegner die Rechnung durch ebenfalls auf den 25.03.2020 datierte Kostenrechnung mit identischer Rechnungsnummer auf 3.690,79 EUR ermäßigt (Bl. 64 d. A.).
Mit Schriftsatz vom 28.04.2021 (Bl. 2 d. A.) hat der Antragsteller Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 127 Abs. 1 GNotKG gestellt. Er hat bestritten, den Antragsgegner mit der Beurkundung des Kaufvertrags beauftragt zu haben. Dem Antragsteller sei lediglich der nach den Vorgaben des Verkäufers erstellte Entwurf des Antragsgegners zugestellt worden. Darüber hinaus hat er gegen die einzelnen abgerechneten Gebühren Einwendungen erhoben (Bl. 29 d. A.).
Der Antragsgegner hat demgegenüber behauptet, er sei durch den Antragsteller gemeinsam mit der weiteren Erwerbsinteressentin Frau von G. per E-Mail beauftragt worden, den Kaufvertrag entsprechend dem mit allen Parteien abgestimmten Entwurf zu beurkunden (im Einzelnen Bl. 12 f und 31 ff d. A.).
Der Präsident des Landgerichts Saarbrücken hat Dienstaufsichtsbehörde des Antragsgegners mit Datum vom 09.07.2021 eine Stellungnahme abgegeben (Bl. 48 d. A.), auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 04.10.2021 (Bl. 65 d. A.) - dem Antragsgegner zugestellt am 07.10.2021 (Bl. 80 d. A.) -, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken die sich gegen den Antragsteller richtende Kostenrechnung des Antragsgegners vom 25.03.2020 (Re.-Nr.: ...) aufgehoben.
Hiergegen hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 11.10.2021 - beim Landgericht eingegangen am 03.11.2021 (Bl. 78 d. A.) - Beschwerde eingelegt.
Der Antragsgegner ist der Auffassung, das Landgericht habe seinen Vortrag zu Unrecht als unschlüssig angesehen. Für schlüssigen Vortrag genüge es, darzutun, dass in der gesamten vor der Beurkundung stattgefundenen Kommunikation mit dem Notar, nicht zuletzt in einer kurz vor der Beurkundung eingegangenen E-Mail, ein Auftrag zur Durchführung der Beurkundung zu sehen gewesen sei (Bl. 78 d. A.).
Diese E-Mail habe das Landgericht jedoch praxisfremd ausgelegt, denn durch die Formulierung "...wünschen wir die Beurkundung durch unseren Vertreter ohne Vertretungsmacht ... vorzunehmen" habe der Antragsteller einen Beurkundungsauftrag erteilen wollen (Bl. 78 d. A.).
Das Landgericht habe keine plausible alternative Ausle...