Leitsatz (amtlich)
Zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine auf § 826 BGB gestützte Schadensersatzforderung eines Gläubigers wegen einer sittenwidrig erschlichenen Restschuldbefreiung.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 12.03.2015; Aktenzeichen 4 O 11/15) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG Saarbrücken vom 12.3.2015 (Aktenzeichen 4 O 11/15) aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag vom 19.1.2015 an das LG Saarbrücken zurückverwiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin und Antragstellerin (im Folgenden als Klägerin bezeichnet) hat am 20.1.2015 beim LG Saarbrücken "Klage und Prozesskostenhilfeantrag" vom 19.1.2015 eingereicht und nimmt den Beklagten und Antragsgegner (im Folgenden als Beklagter bezeichnet), ihren Bruder, auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung in Anspruch (Bl. 1 d.A.).
Der Vater der Parteien hatte mit notariellem Vertrag vom 17.12.1996 unter Zustimmung seiner Ehefrau an dem Grundstück eingetragen im Grundbuch von L.-D. Band XX Blatt XXXX laufende Nummer X Flur X Nr. XXX/X, Gebäude- und Freifläche, Wohnen, ... straße, groß 2,41 ar, Wohnungseigentum begründet und seinen ½ Miteigentumsanteil an den dies annehmenden Beklagten verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichneten Wohnung nebst Balkon im Erdgeschoss übertragen. Gemäß Teil IV § 15 Abs. 1 der notariellen Urkunde galt die vom Beklagten an seine Eltern zu leistende Herauszahlung von 100.000 DM dadurch als erbracht, dass er in dieser Höhe in der Vergangenheit Investitionen in den Umbau des Hauses getätigt hat. Nach Teil IV § 16 Abs. 1 bis 3 derselben Urkunde verpflichtete sich der Beklagte gegenüber der Klägerin, an diese als Ausgleich für die Übertragung einen Übernahmepreis i.H.v. 30.000 DM zu zahlen, der zinsfrei fällig war nach Ablauf von 15 Jahren. Im Jahre 2005 stellte der Beklagte Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen und beantragte Restschuldbefreiung (Aktenzeichen XX XX XX/XX des AG Idar-Oberstein). Kurz zuvor hatte er sein Wohnungseigentum an eine ihm offensichtlich bekannte Person veräußert. Seine Zahlungsverpflichtung auf Grund der notariellen Urkunde gegenüber der Schwester hatte der Beklagte gegenüber dem Insolvenzgericht und dem Insolvenzverwalter nicht angegeben, weshalb die Klägerin in der Folgezeit keine Kenntnis von der Eröffnung des Verfahrens erhielt und keine Forderung zur Tabelle anmeldete. Dem Beklagten wurde die Restschuldbefreiung erteilt. Die Klägerin forderte den Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 24.3.2014 unter Fristsetzung zum 29.3.2014 ohne Erfolg zum Ausgleich des Übernahmepreises auf.
Mit der vorliegend eingereichten, dem Beklagten noch nicht zugestellten Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten Zahlung von 15.338,76 EUR zzgl. außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.029,35 EUR, jeweils nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.3.2014 (Bl. 2 d.A.). Sie trägt vor, der Beklagte habe seine ihm bestens bekannte Zahlungsverpflichtung gegenüber der Klägerin im Insolvenzverfahren nicht angegeben, weshalb die Klägerin in der Folgezeit keine Kenntnis von diesem Verfahren erhalten habe. Damit habe der Beklagte vorsätzlich oder doch zumindest grob fahrlässig seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten verletzt. Auf Grund des gezielten Verschweigens der Forderungsposition der Klägerin im Insolvenzverfahren sei eine eigenständige und neue Schadensersatzforderung wegen unerlaubter Handlung i.S.v. § 826 BGB entstanden, die nicht von dem laufenden Insolvenzverfahren erfasst worden sei und von der Klägerin nur im streitigen Erkenntnisverfahren verfolgt werden könne.
Der Beklagte hat sich für den Fall der Durchführung des Klageverfahrens sämtliche Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbehalten (Bl. 10 d.A.).
Das LG hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe durch Beschluss vom 12.3.2015 (Bl. 16 f. d.A.) zurückgewiesen. Die Klägerin hat gegen diesen ihr am 17.3.2015 zugestellten (Bl. 19 d.A.) Beschluss mit am 17.4.2015 beim LG eingegangenem Telefax sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 24 d.A.). Das LG hat dem Rechtsmittel durch Beschluss vom 24.4.2015 (Bl. 28 d.A.) nicht abgeholfen und die sofortige Beschwerde dem Saarländischen OLG vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gem. §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§§ 127 Abs. 2 Satz 2, 569 Abs. 1 ZPO) eingelegt. In der Sache hat sie insofern Erfolg, als der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht mit der Begründung des LG zurückgewiesen werden kann, die Rechtsverfolgung biete gegenüber dem Beklagten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Da weitere Feststellungen geboten sind (nachfolgend unte...