Leitsatz (amtlich)
Eine Gerichtsstandsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kommt nicht in Betracht, wenn für mehrere Beklagte gem. § 32 ZPO ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet ist.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 16 O 244/07) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 25.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die - inzwischen verstorbene (Bl. 46 d.A.) - Klägerin macht Schadensersatzansprüche geltend aufgrund behaupteter ärztlicher Behandlungsfehler in der ...-klinik der Beklagten zu 1 in S. und dem Krankenhaus des Beklagten zu 2 in T.. Der Beklagte zu 2 rügt im Hinblick auf seinen allgemeinen Gerichtsstand in Trier die örtliche Unzuständigkeit des LG Saarbrücken (Bl. 34/35, 65 d.A.).
Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben mit Schriftsatz vom 19.9.2007 (Bl. 75, 76 d.A.) beantragt, das Verfahren dem OLG Saarbrücken zur Entscheidung nach § 36 Abs. 1 Satz 3 ZPO vorzulegen. Sie sind der Ansicht, die Beklagten seien notwendige Streitgenossen ohne gemeinsamen Gerichtsstand.
Das LG hat die Sache mit Verfügung vom 25.9.2007 (Bl. 76 Rs. d.A.) dem Saarländischen OLG zur Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt.
II. Der Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist zurückzuweisen, weil für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand gem. § 32 ZPO in Saarbrücken begründet ist.
Das Saarländische OLG ist für die Entscheidung über den Antrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zuständig. Das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht i.S.d. § 36 Abs. 2 ZPO wäre der BGH, da die hier für eine Zuständigkeitsbestimmung in Betracht kommenden Gerichtsstände in den Bezirken verschiedener OLG liegen. Das zum hiesigen Bezirk gehörende LG Saarbrücken ist das zuerst mit der Sache befasste (36 Abs. 2, letzter Halbs. ZPO).
Der Senat ist an einer Entscheidung über den Antrag nicht deshalb gehindert, weil die Klägerin verstorben ist. Es kann dahinstehen, inwieweit eine Zuständigkeitsbestimmung gem. § 36 ZPO trotz Unterbrechung des Verfahrens nach § 239 ZPO möglich wäre (zur Zulässigkeit gerichtlicher Entscheidungen über bloße "Nebenpunkte" trotz Unterbrechung vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 249 Rz. 8). Die Klägerin war durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten, so dass nach § 246 Abs. 1 ZPO eine Unterbrechung nicht eingetreten ist. Aussetzungsanträge wurden - bislang - nicht gestellt.
Eine Zuständigkeitsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO scheitert daran, dass für die Beklagten gem. § 32 ZPO ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand im Bezirk des LG Saarbrücken begründet ist.
Schadensersatzansprüche wegen Körper- und Gesundheitsverletzungen infolge ärztlicher Behandlungsfehler können aus den §§ 823 ff. BGB hergeleitet werden. Für ihre Geltendmachung ist demnach der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO begründet.
Anzuknüpfen ist an den Ort, an welchem die unerlaubte Handlung begangen wurde. Dabei kann auf jeden Ort abgestellt werden, an dem auch nur eines der wesentlichen Tatbestandsmerkmale verwirklicht worden ist. Bei Begehungsdelikten ist dies sowohl der Ort, an dem der Täter gehandelt hat, als auch der Ort, an dem der Verletzungserfolg eingetreten ist (Vollkommer in Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 32 Rz. 16). Letzterer liegt vorliegend bezüglich beider Beklagter in der zum Bezirk des LG Saarbrücken gehörenden Stadt F., wo die unter den Folgen der durchgeführten beziehungsweise unterlassenen Behandlungsmaßnahmen leidende Klägerin ihren Lebensmittelpunkt und Wohnsitz hatte (zum Wohnort des Verletzten als Erfolgsort bei der Körperverletzung vgl. BGH, Beschl. v. 14.12.1989 - I ARZ 700/89, NJW 1990, 1533; KG NJW 2006, 2336 - ebenfalls betreffend eine auf ärztliche Behandlungsfehler gestützte Klage).
Das gem. § 32 ZPO zuständige LG Saarbrücken hat den Rechtsstreit gem. § 17 Abs. 2 S. 1 GVG unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, weshalb der gemeinsame Gerichtsstand auch vertragsrechtliche Anspruchsgrundlagen betrifft (vgl. nur BGH, Beschl. v. 10.12.2002 - X ARZ 208/02, NJW 2003, 828).
Da der Antrag wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zurückzuweisen ist, sind die Kosten nicht entsprechend der - späteren - Kostenentscheidung in der Hauptsache zu erstatten, sondern in entsprechender Anwendung des § 91 ZPO der mit dem Antrag unterliegenden klagenden Partei aufzuerlegen (vgl. BGH, Beschl. v. 5.2.1987 - I ARZ 703/86, NJW-RR 1987, 757; BayObLG NJW-RR 2000, 141; OLG Stuttgart, NJW 2003, 1708; Vossler, NJW 2006, 117).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar, da das OLG an Stelle des BGH entscheidet und daher keine Entscheidung im ersten Rechtszug i.S.d. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gegeben ist. Daher kann die Rechtsbeschwerde im Bestimmungsverfahren nicht zugelassen werden (Senat, Beschl. v. 16.8.2007 - 5 W 167/07-55; BayObLG NJW 2002, 2888; Vollkommer in Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 37 Rz. 4).
Der Streitwert...