Leitsatz (amtlich)
Ergibt sich der Grund zur Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit aus dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens, so läuft die Frist für die Ablehnung des Sachverständigen mit der vom Gericht gesetzten - auch verlängerten - Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO, wenn sich die Partei zur Begründung des Antrags mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen muss.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 27.09.2007; Aktenzeichen 2 O 32/05) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des LG Saarbrücken vom 27.9.2007 - 2 O 32/05, wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde trägt die Beklagte.
III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 24.500 EUR festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz i.H.v. 73.606,33 EUR wegen unzureichender bzw. fehlerhafter Maßnahmen eines Mitarbeiters der Beklagten, der von Mitarbeitern der Streitverkündeten wegen Problemen an der Wärmeerzeugungsanlage der Klägerin hinzugezogen worden war, in Anspruch.
Mit Beweisbeschluss vom 23.3.2006 (Bl. 127, 128 d.A.) hat das LG Saarbrücken den Sachverständigen Dipl.-Ing. W. mit der Erstellung eines Gutachtens zu der - näher ausgeführten - Behauptung der Beklagten, eine Verantwortlichkeit ihres Mitarbeiters für den eingetretenen Schaden komme nicht in Betracht, beauftragt (Bl. 138 d.A.). Hierbei hat es dem Sachverständigen Tatsachengrundlagen vorgegeben und ihm alternativ aufgegeben, unabhängig von dieser Vorgabe die Beweisfragen zu beantworten.
Mit Schreiben vom 24.10.2006 teilte der Sachverständige mit, dass er für eine abschließende gutachterliche Bewertung das Teilgutachten eines Sachverständigen für Elektrotechnik benötige, und schlug den Sachverständigen Dipl.-Ing. G. vor. Die Parteien erhoben hiergegen keine Einwände.
Der Sachverständige erstattete daraufhin am 5.4.2007 sein Gutachten unter Einschluss des von dem Sachverständigen G. erstellten Gutachtens (Bl. 166 ff. d.A.).
Den Parteien und der Streitverkündeten wurde mit Verfügung des LG vom 16.4.2007 eine Frist zur Stellungnahme zu dem Gutachten von drei Wochen gesetzt (Bl. 192 d.A.), die der Beklagten auf ihren Antrag vom 15.5.2007 bis zum 15.6.2007 verlängert wurde (Bl. 199 d.A.).
Mit am 15.6.2007 eingegangenem Schriftsatz nahm die Beklagte zu dem Gutachten des Sachverständigen W. Stellung und lehnte diesen wegen Besorgnis der Befangenheit ab (Bl. 201 ff. d.A.). Zur Begründung verwies sie darauf, dass der Sachverständige nur unter Einbeziehung von unzulässigen Unterstellungen in die Tatsachengrundlagen zu seinem Ergebnis gelangt sei. Der Umstand, dass der Sachverständige in zwei entscheidenden Punkten auf diese Art und Weise vorgegangen sei und mit willkürlichen Unterstellungen gearbeitet habe, die zu ihren Lasten gingen, rechtfertige das Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit.
Das LG hat mit Beschluss vom 27.9.2007 nach Einholung einer Stellungnahme des Sachverständigen den Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit zurückgewiesen (Bl. 227 ff. d.A.). Es hat hierzu ausgeführt, dass der Antrag bereits unzulässig, da verspätet sei, weil er, soweit sich der Befangenheitsgrund aus dem Inhalt des Gutachtens ergebe, nicht unverzüglich angebracht worden sei. Dies gelte unabhängig von der vom Gericht gesetzten bzw. verlängerten Frist zur Stellungnahme zum Gutachten. Auch habe die Beklagte nicht glaubhaft gemacht, dass es ihr unverschuldet nicht möglich gewesen sei, das Ablehnungsgesuch früher zu stellen.
Gegen den ihr am 8.10.2007 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit am 22.10.2007 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 231 ff. d.A.). Sie verweist insbesondere darauf, dass der Befangenheitsantrag nicht verspätet gestellt worden sei, weil sie die vom Gericht gesetzte Stellungnahmefrist im Hinblick darauf, dass sich der Befangenheitsgrund erst aus dem Inhalt des Gutachtens ergeben habe, habe ausschöpfen dürfen. Im Übrigen rechtfertigten die von ihr vorgetragenen Gründe das Befangenheitsgesuch.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen OLG zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 237 ff. d.A.).
II.1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, §§ 406 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
2. Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
a) Der Ablehnungsantrag ist zulässig. Die Beklagte hat den Ablehnungsgrund, der Sachverständige arbeite willkürlich mit Unterstellungen, die zu ihren Lasten gingen, nicht verspätet geltend gemacht.
§ 406 Abs. 2 S. 2 ZPO verlangt, dass der Ablehnungsantrag innerhalb einer Zweiwochenfrist gestellt wird. Versäumt die Partei diese Frist, muss sie glaubhaft machen, dass sie ohne ihr Verschulden gehindert gewesen ist, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Eine unverschuldete Verhinderung kann darin liegen, dass sich...