Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen die Inkraftsetzung des sachlichen Teiles eines Umlegungsplanes
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 12.04.1994; Aktenzeichen 4 Baul O 3/93) |
Tenor
Unter Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Saarbrücken (Kammer für Baulandsachen) vom 12. April 1994 – 4 Baul O 3/93 – wird die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs des Antragstellers gegen die Inkraftsetzung des sachlichen Teiles des Umlegungsplanes … wiederhergestellt.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
Die gemäß § 221 Abs. BauGB in Verbindung mit den §§ 567 Abs. 1, 577, 793 ZPO – entsprechend – zulässige Beschwerde ist begründet.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts – Kammer für Baulandsachen – ist die von dem Antragsgegner angeordnete sofortige Vollziehung der Inkraftsetzung des sachlichen Teiles des Umlegungsplanes … auszusetzen (zur Befugnis, Verwaltungsakte im Umlegungsverfahren für sofort vollziehbar zu erklären vgl. § 11 Abs. 2 der 1. Saarl. VO zur Durchführung des BBauG vom 28.2.1961, Amtbl. S. 149; Kalb in Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 212 Rdnr. 37), wobei im Ergebnis dahinstehen kann, ob sich in Fällen der vorliegenden Art die Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO – entsprechend – richtet (so Kalb, a.a.O., § 212 Rdnr. 42) oder – ausgehend von § 221 Abs. 1 BauGB – die §§ 572 Abs. 3, 707, 712, 713, 719 ZPO analog anzuwenden sind (so Porger in Berliner Kommentar zum BauGB, § 212 Rdnr. 15).
Jedenfalls ist die Entscheidung über den Aussetzungsantrag des Antragstellers auf der Grundlage einer Abwägung der für und wider die Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehbarkeit des umstrittenen Verwaltungsaktes sprechenden Interessen der Beteiligten zu treffen. Diese auch an den Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs zur orientierende Interessenabwägung fällt vorliegend zum Nachteil des Antragsgegners aus.
Ansatzpunkt dieser Beurteilung ist die Feststellung, daß der Ausgang des Hauptsacheverfahrens, das – wie zu betonen ist – die Anfechtung der Inkraftsetzung des sachlichen Teiles des in Rede stehenden Umlegungsplanes zum Gegenstand hat, noch durchaus offen ist, da sich die Frage der Rechtmäßigkeit der umstrittenen behördlichen Maßnahme nach dem Erkenntnisstand des nur die summarische Würdigung der Sach- und Rechtslage ermöglichenden Antragsverfahrens nicht abschließend entscheiden läßt.
Die Rechtsgrundlage für das Inkraftsetzen von räumlichen oder – wie hier – sachlichen Teilen eines Umlegungsplanes vor dessen Unanfechtbarkeit ergibt sich aus § 71 Abs. 2 BauGB. Nach dieser Bestimmung setzt eine derartige Maßnahme voraus, daß sich die Entscheidung über eingelegte Rechtsbehelfe auf die betreffenden, „vorzeitig” in Kraft gesetzten Teile des Umlegungsplanes nicht auswirken kann. Dieses Erfordernis ist nur erfüllt, wenn ausgeschlossen ist, daß ein voller oder teilweiser Erfolg eines Rechtsbehelfs gegen den Umlegungsplan Auswirkungen auf den Bestand der bereits in Kraft gesetzten Regelungsteile hat (so ausdrücklich Gaentzsch, BauGB, 1991, Erläuterungen zu § 71; Schriever in Brügelmann, BauGB, Stand Juni 1993, Rdnr. 11, unter Hinweis auf die Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 27.7.1977 – 2 U Baul. 26/77 –). Auf die Erfolgsaussichten des gegen den Umlegungsplan eingelegten Rechtsbehelfs kommt es hingegen in diesem Zusammenhang nicht an (vgl. Schriever, a.a.O.; OLG Hamm, Urteil vom 31.5.1990, NVwZ 1990, 1107). Diese Auslegung entspricht der der Bestimmung des § 71 Abs. 1 BauGB zugrundeliegenden gesetzgeberischen Absicht, den Umlegungsplan, von dem in § 71 Abs. 1 Satz 2 BauGB aufgeführten Ausnahmefall einer auf die Höhe der Geldabfindung beschränkten Anfechtbarkeit abgesehen, wegen der regelmäßig gegebenen wechselseitigen Abhängigkeit der darin getroffenen Festsetzungen und der weitreichenden Folgen seines Wirksamwerdens (§ 72 Abs. 1 BauGB) nur dann in Kraft treten zu lassen, wenn er unanfechtbar geworden ist. Damit steht die durch § 71 Abs. 2 BauGB eröffnete Möglichkeit in Einklang, räumliche oder sachliche Teile des Umlegungsplanes trotz eingelegter Rechtsbehelfe vorzeitig in Kraft zu setzen, wenn feststeht, daß diese durch die Entscheidung über diese Rechtsbehelfe, wie immer sie auch ausfallen mag, nicht mehr berührt werden können, ihr Bestand mithin in einer der Unanfechtbarkeit des Planes vergleichbaren Weise gesichert ist. Eine Auslegung des § 71 Abs. 2 BauGB, die das Inkrafttreten eines durch einen Rechtsbehelf in Frage gestellten Teiles des Umlegungsplanes auf der Grundlage einer in keiner Weise verbindlichen Vorausbeurteilung der Erfolgsaussichten dieses Rechtsbehelfs zuließe, liefe hingegen dem in § 71 BauGB zum Ausdruck gebrachten gesetzgeberischen Willen zuwider. Für die Anwendbarkeit von § 71 Abs. 2 BauGB kann es daher allein darauf ankommen, daß Rechtsbehelfe gegen den Umlegungsplan unabhängig vom Ausgang der betreffenden Verfahren in jedem Falle ohne Einfluß auf den R...