Verfahrensgang

AG St. Ingbert (Beschluss vom 26.03.2010; Aktenzeichen 4 F 11/10 VKH2)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin werden der Beschluss des AG - Familiengericht - in St. Ingbert vom 26.3.2010 - 4 F 11/10 + 4 F 12/10 - und der "berichtigte Beschluss" des Familiengerichts vom 14.4.2010 - 4 F 11/10 VKH2 + 4 F 12/10 VKH1 - aufgehoben, soweit der Antragsgegnerin darin jeweils die nachgesuchte Anwaltsbeiordnung versagt worden ist, und die Sache in diesem Umfang zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückverwiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Ablehnung der Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten im Rahmen bewilligter Verfahrenskostenhilfe.

Das Familiengericht hatte im vorliegenden, am 18.1.2010 eingeleiteten Verfahren mit Beschluss vom 12.2.2010 in Abänderung einer vorangegangenen Sorgerechtsentscheidung die elterliche Sorge für das gemeinsame Kind der Kindeseltern dem Antragsteller allein übertragen.

Mit Beschluss vom 26.3.2010 hat das Familiengericht - ausweislich der Urschrift, die das Aktenzeichen 4 F 11/10 + 4 F 12/10 trägt (Bl. 40 - 41 d.A. 4 F 11/10 VKH2) - der Antragsgegnerin Verfahrenskostenhilfe gegen Ratenzahlung bewilligt, allerdings eine Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten abgelehnt, weil eine anwaltliche Vertretung nicht wegen einer irgend gearteten Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage erforderlich erscheine.

Die der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin übermittelte Ausfertigung dieses Beschlusses, die sich der Senat von dieser hat vorlegen lassen, trägt lediglich das Aktenzeichen 4 F 11/10 VKH2; in dieser wurde die Anwaltsbeiordnung nicht abgelehnt, sondern ausgeführt: "Es wird Frau Rechtsanwältin E.-M. E., [Ort], beigeordnet" (Bl. 51 - 52 d.A. 4 F 11/10 SO).

Dieselbe Anordnung der Beiordnung findet sich auf den Abschriften dieses Beschlusses (s. Bl. 42 - 43 d.A. 4 F 11/10 VKH2 - Aktenzeichen dort: 4 F 11/10 VKH2 -, Bl. 40 - 41 d.A. 4 F 11/10 SO - Aktenzeichen dort: 4 F 11/10 VKH2 + 4 F 12/10 - und Bl. 11 - 12 d.A. 4 F 12/10 EASO - Aktenzeichen dort: 4 F 11/10 VKH2).

Mit "berichtigtem Beschluss" vom 14.4.2010 - dessen Urschrift allerdings nicht unterzeichnet ist (s. Bl. 42 d.A. 4 F 11/10 SO - Aktenzeichen dort: 4 F 11/10 VKH2 + 4 F 12/10 VKH1) - hat das Familiengericht den Beschluss vom 26.3.2010 dahingehend berichtigt, dass die Beiordnung von Rechtsanwältin E. abgelehnt wird, weil eine anwaltliche Vertretung nicht wegen einer irgend gearteten Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage erforderlich erscheint.

Die der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zugeleitete Ausfertigung dieses Beschlusses, die der Senat sich hat vorlegen lassen, trägt lediglich das Aktenzeichen 4 F 11/10 VKH2 (s. Bl. 49 d.A. 4 F 11/10 SO).

Die bei den Akten befindlichen Abschriften dieses Beschlusses tragen beide das Aktenzeichen 4 F 11/10 VKH2 + 4 F 12/10 VKH1 (s. Bl. 44 - 45 d.A. 4 F 11/10 VKH2 und Bl. 13 d.A. 4 F 12/10 EASO).

Die Antragsgegnerin beantragt mit ihrer - allein zum Aktenzeichen 4 F 11/10 VKH2 eingelegten - sofortigen Beschwerde, ihr für die erste Instanz rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung ihre Verfahrensbevollmächtigte als Rechtsanwältin beizuordnen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, es hätten unbeschadet des Umstandes, dass das Kind kurz vor seinem 18. Geburtstag gestanden habe, erhebliche Bedenken gegen den Wechsel des Kindes zum Vater bestanden, außerdem sei die Gegenseite ebenfalls anwaltlich vertreten gewesen, weshalb eine Vertretung der Antragsgegnerin durch einen Rechtsanwalt erforderlich gewesen sei.

Das Familiengericht hat der sofortigen Beschwerde vermerkweise - ohne Begründung - nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die nach § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat einen vorläufigen Erfolg und führt in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des Beschlusses vom 26.3.2010 und - zwecks Klarstellung - auch des Scheinbeschlusses vom 14.4.2010 sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht zur erneuten Behandlung und Entscheidung.

Der Beschluss vom 26.3.2010 kann keinen Bestand haben; denn die Verweigerung der von der Antragsgegnerin nachgesuchten Anwaltsbeiordnung ist von den Gründen dieses Beschlusses und vom Nichtabhilfevermerk nicht mehr getragen. Das Familiengericht hat die ihm nach § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 572 Abs. 1 ZPO obliegende Prüfung, ob der sofortigen Beschwerde abzuhelfen ist, nicht in einer Weise veranlasst, die im Lichte des grundrechtsgleichen Anspruchs der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör Bestand haben könnte.

Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Diese verfassungsrechtlichen Anforderungen sind verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht seiner Pflicht zur Kenntnisnahm...

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