Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsfähigkeit einer Informationsreise im Kostenfestsetzungsverfahren

 

Normenkette

ZPO § 104 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 4 O 1349/91)

 

Tenor

Der Kostenfestsetzungsbeschluss II des LG in Saarbrücken v. 29.3.2001 – 4 O 1349/91 – wird dahin abgeändert, dass die vom Kläger an die Beklagten zu 1) bis 3) zu erstattenden Kosten auf 38.040,83 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.11.2000 festgesetzt werden.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: bis 12.000 DM

 

Gründe

I. Der Kläger hatte die Beklagten zu 1) bis 4) als ehemalige Geschäftsführer bzw. Aufsichtsratsmitglieder der S.-P. GmbH, über deren Vermögen im Jahre 1986 das Konkursverfahren eröffnet worden war, auf Schadensersatz wegen Subventionsbetruges in Anspruch genommen.

Durch Urteil des LG Saarbrücken vom 17.12.1998 i.d.F. des Urteils des Saarländischen OLG vom 24.10.2000 wurde der Klage teilweise stattgegeben. Die Kosten der ersten Instanz wurden zu 99/100 dem Kläger und zu 1/100 den Beklagten und diejenigen der Berufungsinstanz zu 9/10 dem Kläger und zu 1/10 den Beklagten – diesen jew. als Gesamtschuldnern – auferlegt.

Die Rechtspflegerin des LG hat durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss II die vom Kläger an die Beklagten zu 1) bis 3) zu erstattenden Kosten auf 33.918,07 DM festgesetzt. Dabei hat sie von den Beklagten angemeldete Kosten für je zwei Informationsreisen der Beklagten zu 1) und 2) von Biel/Schweiz nach Saarbrücken und für die in Hamburg ansässigen Korrespondenzanwälte des Beklagten zu 3), der hilfsweise die Kosten für zwei fiktive Informationsreisen von London/England nach Saarbrücken geltend gemacht hat, abgesetzt und für jede Instanz nur eine Informationspauschale von jew. 50 DM für die Beklagten zu 1) und 2) und 200 DM für den Beklagten zu 3) zuerkannt.

Hiergegen wenden sich die Beklagten zu 1) bis 3) mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie weiterhin die Festsetzung der erstinstanzlich angemeldeteten Kosten begehren.

Der Kläger bittet um Zurückweisung der sofortigen Beschwerde. Er beruft sich auf Verfristung und verteidigt den angefochtenen Beschluss.

II. Die am 15.5.2001 fristgemäß – der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss wurde den Beklagten zu 1) bis 3) am 2.5.2001 zugestellt – eingelegte und auch i.Ü. zulässige (§§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567, 569, 577 ZPO) sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1) bis 3) hat teilweise Erfolg.

Der vom Kläger zu erstattende Betrag ist in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang zu erhöhen, weil die Beklagten zu 1) bis 3) die Kosten jew. einer – tatsächlich durchgeführten bzw. fiktiven – Informationsreise an den Sitz ihrer Prozessbevollmächtigten in Saarbrücken ersetzt verlangen können.

Nach ständiger Senatsrechtsprechung darf eine Partei in aller Regel in jeder Instanz wenigstens eine Informationsreise zu ihrem Prozessbevollmächtigten unternehmen, sofern den Gegenstand des Rechtsstreits nicht eine unternehmensbezogene Streitigkeit ohne besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art bildet (vgl. etwa OLG Saarbrücken, Beschl. v. 27.3.2000 – 6 W 87/00 – 22). Die Annahme der Rechtspflegerin, dass den Beklagten zu 1) bis 3) hier eine telefonische oder schriftliche Information ihrer Prozessbevollmächtigten am Sitz des LG möglich und zumutbar gewesen und deswegen nur eine Informationspauschale erstattungsfähig sei, trägt dem Umstand nicht hinreichend Rechnung, dass die Beklagten im vorliegenden Fall auf Schadensersatz aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung in Anspruch genommen worden sind, was nicht als einfach gelagerte unternehmensbezogene Streitigkeit i.S.d. Senatsrechtsprechung angesehen werden kann.

Die Beklagten zu 1) und 2) haben ihre behauptete Informationsreise erster Instanz durch eidesstattliche Versicherung der Bürovorsteherin B. bzw. anwaltliche Versicherung des RA H. glaubhaft gemacht. Die hierfür angesetzten Kosten von jew. 971,20 DM sind nicht überhöht und werden vom Kläger auch nicht angegriffen.

Der Beklagte zu 3), dem es möglich und zumutbar war, ebenso wie die Beklagten zu 1) und 2) die gemeinsamen Prozessbevollmächtigten unmittelbar zu informieren, kann die beanspruchten Verkehrsanwaltsgebühren der ersten Instanz nur i.H.d. fiktiven Kosten einer Informationsreise nach Saarbrücken beanspruchen, die er unangegriffen mit 2.522 DM angibt.

Ein weitergehender Erstattungsanspruch besteht nicht. Informationsreisen der Beklagten zu 1) und 2) in zweiter Instanz sind nicht glaubhaft gemacht. Entsprechende fiktive Reisekosten des Beklagten zu 3) sind nicht erstattungsfähig, weil Verkehrsanwaltsgebühren für die zweite Instanz nicht angefallen sind. Erstattungsfähig sind nämlich niemals fiktive Kosten als solche, sondern immer nur tatsächlich entstandene, ggf. bis zur Höhe anderweit ersparter (fiktiver) Kosten (Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, 14. Aufl., § 52 Rz. 48).

Nach alldem belaufen sich die erstattungsfähigen Kos...

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