Leitsatz (amtlich)
Auflagenverfügungen sind wegen § 329 Abs. 2 S. 2 ZPO - der auch im Verfahrenskostenhilfe-Aufhebungsverfahren nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 124 ZPO gilt - dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten förmlich zuzustellen. Eine Heilung der fehlenden Zustellung durch den eventuellen Zugang der Verfügung kommt mangels Zustellungswillens des Rechtspflegers nicht in Betracht. Unterbleibt die Zustellung und wird die vormals bewilligte Verfahrenskostenhilfe dennoch aufgehoben, so leidet das Aufhebungsverfahren an einem schwerwiegenden Verfahrensfehler, der zur ersatzlosen Aufhebung des angefochtenen Aufhebungsbeschlusses führen muss.
Verfahrensgang
AG Völklingen (Aktenzeichen 8 F 333/17 VKH3) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Völklingen vom 3. Mai 2019 - 8 F 333/17 VKH3 - aufgehoben.
2. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Die gemäß § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin ist begründet.
Die Aufhebung der ihr bewilligten Verfahrenskostenhilfe durch den angefochtenen Beschluss kann keinen Bestand haben; denn entgegen der Annahme der Rechtspflegerin liegen die Voraussetzungen des (§ 76 Abs. 1 FamFG i.V.m.) § 124 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO derzeit nicht vor. Zwar hat das Familiengericht die Beschwerdeführerin - zutreffend über den für sie im Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren tätig gewesenen Rechtsanwalt (siehe dazu nur BGH FamRZ 2011, 463, st. Rspr.) - unter Fristsetzung aufgefordert und sodann daran erinnert, eine Erklärung unter Verwendung des hierfür vorgesehenen Formulars darüber abzugeben, ob sich eine Verbesserung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber dem Zeitpunkt der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe ergeben hat. Auch hat die Beschwerdeführerin hierauf bis heute nicht reagiert.
Indessen entspricht es zwischenzeitlich gefestigter, ganz herrschender Meinung - auch des Senats -, dass diese Aufforderungen nicht nur mit einer Fristsetzung versehen, sondern ferner analog § 329 Abs. 2 S. 2 ZPO förmlich zugestellt werden müssen; denn die Zustellung hat Beweisfunktion und ist im Hinblick auf die erheblichen wirtschaftlichen Folgen, die eine Aufhebung der Bewilligung für den Beteiligten hat, wegen deren Sanktionscharakter und in Ansehung der vierjährigen Änderungsfrist des § 120 a Abs. 1 S. 4 ZPO von rechtlicher Bedeutung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. November 2019 - 6 WF 163/19 -, vom 22. Juli 2019 - 6 WF 100/19 - und vom 19. September 2018 - 6 WF 120/18 -; OLG Frankfurt JurBüro 2019, 545; OLG Stuttgart FamRZ 2018, 1013 und 1340; OLG Karlsruhe FamRZ 2018, 1341, jeweils m.w.N.).
Diesen Grundsätzen wird die Verfahrensweise des Familiengerichts nicht gerecht, nachdem die beiden Aufforderungen - entsprechend den diesbezüglichen Verfügungen der Rechtspflegerin - lediglich formlos übersandt worden sind. Da insoweit ein Zustellungswille des Familiengerichts nicht erkennbar ist, kann dieser Verfahrensmangel auch nicht nach § 189 ZPO geheilt werden (Senatsbeschlüsse a.a.O.; OLG Frankfurt a.a.O.; OLG Stuttgart a.a.O.; vgl. auch BGHZ 214, 294).
Wegen des aufgezeigten Verfahrensmangels ist der angefochtene Beschluss aufzuheben, wobei es dem Familiengericht unbenommen bleibt, erneut ein - formell ordnungsgemäßes - Nachprüfungsverfahren durchzuführen.
Der Kostenausspruch beruht auf § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.
Fundstellen
Haufe-Index 13582622 |
FuR 2020, 379 |