Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des Nachschiebens von Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung begründen, wenn die Wiedereinsetzungsfrist abgelaufen und das fristgerecht eingegangene Wiedereinsetzungsgesuch nicht unklar oder ergänzungsbedürftig ist.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 23.08.2012; Aktenzeichen 3 O 47/12) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 23.8.2012 - 3 O 47/12 - wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag des Klägers vom 6.11.2012 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 29.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger nahm den Beklagten erstinstanzlich auf Zahlung von 29.000 EUR zzgl. Zinsen und Nebenforderungen in Anspruch. Durch Urteil vom 23.8.2012 wurde die Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem Kläger am 29.8.2012 zugestellt worden. Mit am 1.10.2012 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger gegen das Urteil Berufung eingelegt. Mit am 6.11.2012 eingegangenem Faxschreiben hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der am 29.10. abgelaufenen Berufungsbegründungsfrist unter gleichzeitiger Begründung der Berufung beantragt. Er hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass er am 29.10.2012 einen auswärtigen Termin habe wahrnehmen müssen, der eine Anreise am Ort schon sonntags notwendig gemacht habe. Zuvor sei er, da er zudem für die Zeit vom 31.10. bis 4.11.2012 Urlaub genommen habe, am 27.10.2012 im Büro gewesen, um die Fristen für die kommende Woche durchzugehen. Wegen fehlender Informationen in der vorliegenden Sache sei klar gewesen, dass er die Frist zur Begründung der Berufung nicht würde wahren können. Bei Durchsicht der Fristen und Vorfristen sei ihm aufgefallen, dass die Frist für die Einreichung der Berufungsbegründung bei einer Umtragung vom Eingangsdatum "27.8.2012" auf das korrekte Eingangsdatum nachträglich falsch eingetragen worden sei, was von ihm zunächst nicht bemerkt worden sei. Er habe daraufhin zunächst den Antrag auf Fristverlängerung um einen Monat an das OLG diktiert. Er habe sodann der erfahrensten und am längsten im Büro tätigen Rechtsanwaltsfachangestellten, Frau Wö., den Auftrag erteilt, die richtige Frist (29.10.2012) zu notieren, und nach Diktat die klare Anweisung, den Verlängerungsantrag durch einen der anwesenden Anwälte unterzeichnen zu lassen und sodann noch am 29.10.2012 per Telefax an das OLG Saarbrücken zu senden. Die Rechtsanwaltsfachangestellte habe getan wie ihr geheißen. Hierbei habe sie das von einem Rechtsanwalt unterschriebene Schriftstück in eine Mappe mit anderen Schreiben gefügt, welche ebenfalls per Telefax bzw. auf dem Postwege hätten versendet werden sollen. Da es sich um eine größere Anzahl gehandelt habe, habe sie versehentlich den Verlängerungsantrag überschlagen. In der sicheren Überzeugung, auch den Verlängerungsantrag gefaxt zu haben, habe sie die Berufungsbegründungsfrist als "erledigt" gestrichen und gleichzeitig entsprechend dem Verlängerungsantrag eine neue Frist auf den 29.11.2012 notiert. Erst nach Fristablauf sei aufgefallen, dass der Fristverlängerungsantrag zwar in der Postausgangsmappe liege, das entsprechende Sendeprotokoll hierzu aber nicht vorhanden sei. Die Rechtsanwaltsfachangestellte könne sich das versehentliche Streichen der tatsächlich nicht erledigten Frist nur so erklären, dass sie bei der Vielzahl der nicht nur per Telefax zu versendenden Schriftstücke der sichereren Überzeugung gewesen sei, auch den Fristverlängerungsantrag gefaxt zu haben.
Der Beklagte ist dem Antrag unter Hinweis darauf entgegen getreten, dass es im Büro des Prozessbevollmächtigten des Klägers an einer wirksamen Ausgangskontrolle mangele.
Der Kläger hat zu dem Vorbringen des Beklagten mit Schriftsatz vom 10.12.2012 Stellung genommen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die Berufung des Klägers war gem. § 522 Abs. 1 i.V.m. § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil die Berufungsbegründungsfrist von zwei Monaten ab Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils (§ 517 ZPO) nicht eingehalten worden ist. Das Urteil ist dem Kläger am 29.8.2012 zugestellt worden, die Berufungsbegründungsfrist ist am 29.10.2012 (einem Montag) abgelaufen. Bis zum Ablauf der Zweimonatsfrist ist eine Berufungsbegründungsschrift nicht bei Gericht eingegangen.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist war nicht zu gewähren. Der Antrag vom 6.11.2012 ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 234, 236 ZPO), aber nicht begründet. Denn der Kläger war gem. § 233 ZPO nicht ohne sein Verschulden gehindert, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Insoweit muss der Kläger sich das Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 85 ZPO