Leitsatz (amtlich)
Zum Kostenerstattungsanspruch des obsiegenden - mittellosen - Streitgenossen bei gleichzeitigem Unterliegen des anderen - vermögenden - Streitgenossen.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 08.06.2005; Aktenzeichen 14 O 66/98) |
Tenor
1. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG in Saarbrücken vom 8.6.2005 - 14 O 66/98 - wird teilweise dahingehend abgeändert, dass die von der Klägerin an die Beklagte zu 1) zu erstattenden Kosten der ersten und zweiten Instanz über die bereits zuerkannten Beträge hinaus auf weitere 971,97 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 9.8.2004 festgesetzt werden.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Beschwerdewert: 971,97 EUR.
4. Der Beklagten zu 1) wird mit Wirkung vom 20.6.2005 ratenfreie Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt und Rechtsanwalt, ..., beigeordnet.
Gründe
I. Die Klägerin verklagte die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung. Diese verteidigten sich gegen die Klage und erhoben in zweiter Instanz Widerklage. Nach dem Urteil des Saarländischen OLG vom 8.7.2003 - 7 U 418/99-112 - wurden der Klägerin die der Beklagten zu 1) entstandenen Kosten der ersten Instanz ganz sowie der zweiten Instanz zu 2/3 auferlegt und die Beklagte zu 1) hat u.a. 1/6 der zweitinstanzlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Mit Schriftsatz vom 5.8.2004 haben die Beklagten insgesamt 12.029,15 EUR zum Kostenausgleich angemeldet. In dem angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat der Rechtspfleger des LG die von der Klägerin an die Beklagte zu 1) zu erstattenden Kosten auf 1.530,80 EUR nebst Zinsen festgesetzt.
Hiergegen wendet sich die Beklagte zu 1) mit ihrem als Erinnerung bezeichneten Rechtsmittel, mit dem sie die Kostenfestsetzung auf der Basis eines kopfteiligen Anteils der beiden Beklagten begehrt und für das sie um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bittet.
Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen. Der Rechtspfleger des LG hat die Erinnerung als sofortige Beschwerde behandelt und dieser nicht abgeholfen.
II. Das nach § 127 Abs. 2 ZPO zulässige, als sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel ist begründet und führt zur Abänderung des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss dahingehend, dass die Klägerin der Beklagten zu 1) weitere 971,97 EUR - nebst Zinsen - zu erstatten hat.
Nach der Rechtsprechung des BGH gilt folgendes: Wenn Streitgenossen in einem Prozess durch einen gemeinschaftlichen Anwalt vertreten wurden und ein Streitgenosse obsiegt hat, während ein anderer unterlegen ist, so kann der obsiegende Streitgenosse grundsätzlich den seiner Beteiligung am Rechtsstreit entsprechenden Bruchteil der Anwaltskosten von dem Prozessgegner erstattet verlangen (BGH MDR 2003, 1140, m.w.N.). Dem trägt das Begehren der Beklagten zu 1) Rechnung, indem sie die Festsetzung der Kosten unter Berücksichtigung eines auf sie entfallenden Hälfteanteils an den auf der Beklagtenseite entstandenen Gesamtkosten verlangt.
Entgegen der Auffassung des LG kommt der Ansatz einer geringeren Beteiligung der Beklagten zu 1) an den Gesamtkosten vorliegend nicht in Betracht. Von der Aufteilung nach Kopfteilen wird zwar nach der wohl herrschenden Rechtsprechung dann eine Ausnahme gemacht, wenn der obsiegende Streitgenosse im Innenverhältnis mehr Kosten zu tragen hat, als es seinem nach Kopfteilen bestimmten Haftungsanteil entspräche, etwa weil der unterlegene Streitgenosse mittellos ist und daher von ihm ein Ausgleich nach § 426 BGB nicht erlangt werden kann (BGH MDR 2003, 1140; OLG Hamm JurBüro 2005, 91).
Von einem solchen Sachverhalt ist hier jedoch gerade nicht auszugehen, denn vorliegend hat der mittellose und nicht der - nach Ansicht des LG - vermögende Streitgenosse obsiegt. Dass indes der obsiegende Streitgenosse weniger erstattet verlangen kann, als es seinem kopfteiligen Anteil an den Gesamtkosten entspricht, weil nur der andere Streitgenosse über die Mittel verfügt, um die Anwaltskosten aufzubringen, wird soweit ersichtlich nirgends vertreten und ist auch nicht zu rechtfertigen; denn dies hätte zur Konsequenz, dass der grundsätzlich erstattungspflichtige Prozessgegner nur deswegen geringere Kosten zu tragen hätte, weil die mittellose und nicht die vermögende Partei obsiegt hat. Zu einer solchen Entlastung des Prozessgegners besteht jedoch kein Anlass. Dies gilt umso mehr, als im Hinblick auf einen den Kopfteilen entsprechenden Kostenerstattungsanspruch der mittellosen Partei ein Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB anders als bei deren Unterliegen nicht an deren sonstigen Vermögenslosigkeit scheitern würde. Dieser Erwägung steht auch nicht die insoweit vom Rechtspfleger angeführte "Sperrwirkung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO" entgegen, denn diese kommt hier nicht zum Tragen, weil sie das Verhältnis zur unterliegenden Gegenpartei nicht betrifft (§ 123 ZPO).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte zu 1) die Kosten der Revisionsinstanz in einem von der Kopfteilhaftung abweichendem, ungünstigeren Verhältnis gelten...