Leitsatz (amtlich)

Zur Aufhebung eines Verfahrenskostenhilfe ablehnenden Beschlusses wegen eines Begründungsmangels.

 

Normenkette

FamFG §§ 76, 78 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Völklingen (Beschluss vom 20.02.2014; Aktenzeichen 8 F 31/14 VKH1)

 

Tenor

Der Beschluss des AG - Familiengericht - in Völklingen vom 20.2.2014 - 8 F 31/14 VKH1 - wird teilweise dahin geändert, dass den Beteiligten zu 1. und 2. im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe Rechtsanwältin ..., beigeordnet wird.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht den Kindeseltern in der vorliegenden Umgangssache ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Mit der gegen die gleichzeitige Ablehnung der beantragten Anwaltsbeiordnung gerichteten sofortigen Beschwerde, der das Familiengericht nicht abgeholfen hat, verfolgen die Kindeseltern ihr diesbezügliches Gesuch weiter.

Die gem. § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. §§ 567, 569 Abs. 1 Satz 1, 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

Der angefochtene Beschluss hält dem Beschwerdeangriff nicht stand. Da im vorliegenden Verfahren eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist (§§ 114 Abs. 1, 111 Nr. 2, 151 Nr. 2 FamFG), kommt eine Anwaltsbeiordnung im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe nur in Betracht, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint (§ 78 Abs. 2 FamFG). Ausgehend von den vom BGH hierzu aufgestellten Grundsätzen (BGH FamRZ 2010, 1427), denen sich der Senat bereits angeschlossen hat (Senatsbeschluss vom 22.12.2011 - 9 WF 134/11; vgl. auch 6. Zivilsenat des Saarländischen OLG, Beschl. v. 19.2.2014 - 6 WF 28/14) ist entscheidend darauf abzustellen, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage des unbemittelten Gesuchstellers vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Dies bedingt eine Berücksichtigung auch der subjektiven Fähigkeiten des Gesuchstellers (BGH, a.a.O.) und lässt in Kindschaftssachen im Hinblick auf die Vielfalt der dort anzutreffenden Lebenssachverhalte keinen Raum für - auf den einfachen, mittleren oder hohen Schwierigkeitsgrad einer Verfahrensart abstellende - Regel-Ausnahme-Sätze (BGH, a.a.O.; 6. Senat, a.a.O.; Völker/Clausius, FamRMandat - Sorge- und Umgangsrecht, 6. Aufl. 2014, § 8 Rz. 26 und 29).

Soweit der angefochtene Beschluss die Anwaltsbeiordnung ablehnt, ermangelt er einer Begründung im Rechtssinne, weil er sich in der Aussage in der Entscheidungsformel, dass eine anwaltliche Vertretung nicht erforderlich erscheine, nebst Nennung der "§§ 76 ff. FamFG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO" in den Gründen erschöpft. Die - wie oben dargelegt - gebotene konkrete, an den objektiven wie subjektiven Gegebenheiten des Einzelfalles orientierte Notwendigkeitsprüfung (Völker/Clausius, a.a.O., Rz. 26) ist damit einer Rechtsmittelkontrolle durch den Senat anhand der Entscheidungsbegründung von vornherein entzogen. Indem in der Nichtabhilfeentscheidung lediglich auf die "Gründe des angefochtenen Beschlusses" verwiesen und festgestellt wird, dass das Beschwerdevorbringen "keine neuen Tatsachen, die eine andere Einschätzung der Notwendigkeit einer Anwaltsbeiordnung rechtfertigen würden", enthalte, fehlt es auch an einer das nachträgliche Vorbringen der Kindeseltern würdigenden Entscheidung des Familiengerichts, die einer Nachprüfung in der Beschwerdeinstanz zugänglich wäre. Indes kann der Senat im gegebenen Sachstand über die Frage der Anwaltsbeiordnung selbst abschließend entscheiden. Ausgehend von o.g. Beurteilungsmaßstab kommt unter Würdigung des Beschwerdevorbringens die Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung in Betracht, bedarf jedoch im Ergebnis keiner abschließenden Beurteilung. Aufgrund der aktenersichtlichen Verfahrensweise des Familiengerichts, in dem aus Anlass der schriftlichen Mitteilungen der Umgangspflegerin vom 3. und 12.12.2013 im Anschluss an das unmittelbar vorangegangene Umgangsverfahren - 8 F 260/13 UG - vorliegend neu angelegten Abänderungsverfahren (§ 1696 BGB) die im Ausgangsverfahren bestellte Verfahrensbevollmächtigte der Kindeseltern zur Abgabe sachbezogener Stellungnahmen heranzuziehen, bevor diese sich überhaupt für die Kindeseltern gemeldet hatte, durften diese nämlich darauf vertrauen, dass - wie im Ausgangsverfahren - ein Beiordnungsantrag nicht abschlägig beschieden werden und ihre anwaltliche Vertretung sie nicht mit zusätzlichen Kosten belasten würde. Unter diesen besonderen Umständen war es dem Familiengericht jedenfalls mit Rücksicht auf das verfassungsrechtliche Gebot des fairen Verfahrens versagt, den Beiordnungsantrag mangels Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung zurückzuweisen (vgl. dazu auch OLG Karlsruhe FamRZ 2013, 895). Deswegen ist der angefochtene Beschluss wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich abzuändern.

Der Kostenausspruch beruht auf § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Die...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?