Leitsatz (amtlich)
1. Beauftragt das Familiengericht eine Diplom-Sozialpädagogin mit der Erstattung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens, muss es sich hinsichtlich ihrer im Sinne von § 163 Abs. 1 S. 2 FamFG ausreichenden Qualifikation vergewissern und diese in seiner Entscheidung gehaltvoll darlegen.
2. In einem Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB, in dem die Wegnahme eines Säuglings von seiner Mutter unmittelbar nach der Geburt gegenständlich ist, muss zum Sachverständigen jedenfalls dann ein Diplom-Psychologe oder ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie bestellt werden, wenn die Mutter in der Vergangenheit u.a. wegen des Verdachts einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis psychiatrisch behandelt worden ist.
3. Hilfe zur Erziehung in Form der gemeinsamen Unterbringung einer Mutter mit ihrem Kind in einer Mutter-Kind-Einrichtung muss von Verfassungs wegen auch dann fortgeführt werden, wenn die Fortschritte der Mutter nicht zufriedenstellend sind, solange die Mutter die Grundregeln der Einrichtung beachtet, das Kind bei Fortführung dieser Hilfeform nicht im Sinne von § 1666 BGB gefährdet ist und im Falle deren Beendigung das Kind von der Mutter getrennt werden müsste.
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Homburg vom 13. September 2018 - 9 F 199/18 SO - aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht - Familiengericht - in Homburg zurückverwiesen.
2. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.
3. Der Verfahrenswert der Beschwerdeinstanz wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Aus der Beziehung der Beschwerdeführerin (fortan: Mutter) mit dem weiteren Beteiligten zu 2. (mutmaßlicher Vater), die weder miteinander verheiratet waren noch sind, ging am 7. September 2018 die beteiligte Tochter S. G. hervor. S. wurde vom Jugendamt kurz nach ihrer Geburt in Obhut genommen und direkt bei Entlassung aus der Geburtsklinik am 13. September 2018 in einer Pflegefamilie untergebracht, bei der sie seitdem lebt.
Bereits am 24. Mai 2018 hatte das Familiengericht aufgrund einer Gefährdungsanzeige des Jugendamts das vorliegende Verfahren eingeleitet und dem damals noch ungeborenen Kind eine Verfahrensbeiständin bestellt. Im Erörterungstermin vom 11. Juni 2018 hat das Familiengericht die Eltern, die Verfahrensbeiständin und zwei Sachbearbeiter des Jugendamts persönlich angehört. Durch Beschluss vom 18. Juni 2018 hat das Familiengericht die Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens - u.a. zur Erziehungsfähigkeit der Eltern und der Frage, ob das Wohl des ungeborenen Kindes in deren Haushalt gefährdet wäre und welche Maßnahmen erforderlich und ausreichend seien, um eine Fremdunterbringung des Kindes zu vermeiden - angeordnet. Zur Sachverständigen hat das Familiengericht Frau H. bestellt. Deren unter dem 24. August 2018 schriftlich erstattetes, knapp 19 Seiten umfassendes Gutachten ist im Erörterungstermin vom 3. September 2018 - in welchem erneut die Eltern, die Verfahrensbeiständin und zwei Sachbearbeiter des Jugendamts persönlich angehört worden sind - mündlich erläutert und erörtert worden. Zu ihrer Qualifikation hat die Sachverständige in dieser Sitzung angegeben, sie sei Diplom-Sozialpädagogin und habe eine Ausbildung als Sachverständige beim Institut für Lösungsorientierte Arbeit in B. absolviert. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sachverständigengutachten vom 24. August 2018 und die Sitzungsniederschriften vom 11. Juni und 3. September 2018 verwiesen.
Durch den angefochtenen Beschluss vom 13. September 2018, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht der Mutter die elterliche Sorge für das Kind entzogen, Vormundschaft angeordnet und das Kreisjugendamt des Saarpfalz-Kreises zum Vormund bestellt.
Mit ihrer Beschwerde erstrebt die Mutter die Aufhebung dieses Beschlusses; vorsorglich stellt sie Antrag nach § 69 Abs. 1 S. 3 FamFG.
Durch Beschluss vom 1. Oktober 2018, der in Bezug genommen wird, hat der Senat die angegriffene Entscheidung außer Vollzug gesetzt.
Seitdem bereitet das Jugendamt im Einverständnis der Mutter deren gemeinsame Unterbringung mit S. in einer Mutter-Kind-Einrichtung vor.
Dem Senat liegen die Akten 9 F 105/17 UG und 17 F 267/17 SO des Amtsgerichts Homburg vor.
II. Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde hat in der Sache vorläufigen Erfolg und führt - wie von der Mutter zuletzt beantragt - zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Familiengericht. Denn das - allerdings bedenkenfrei bereits vorgeburtlich eingeleitete (siehe dazu OLG Frankfurt FamRZ 2018, 190 m.w.N.) - Verfahren des Familiengerichts leidet an einem wesentlichen Mangel und für eine Entscheidung des Senats wären aufwändige Ermittlungen, u.U. auch durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens, erforderlich (§ 69 Abs. 1...