Leitsatz (amtlich)

1. Die von Amts wegen gebotene Prüfung der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers erstreckt sich bei der zu eigenen Gunsten bewilligten Auflassungsvormerkung auch auf seine Berechtigung zur Vornahme eines solchen Insichgeschäfts, wobei deren Fehlen im Zweifel zur Unwirksamkeit der Bewilligung auch hinsichtlich der übrigen Miterwerber führt.

2. Eine Befreiung des Testamentsvollstreckers vom Verbot des Selbstkontrahierens setzt voraus, dass das Insichgeschäft dem Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses entspricht; daran fehlt es, wenn die bewilligte Auflassungsvormerkung der Absicherung einer freihändigen Veräußerung u.a. an den Testamentsvollstrecker als Miterben dienen soll, dahingehende Anordnungen durch den Erblasser nicht getroffen wurden und eine angemessene Beteiligung der anderen Miterben nicht feststeht.

3. Die Bewilligung einer Grundschuld zugunsten eines Kreditinstituts durch den Testamentsvollstrecker ist kein entgeltliches Geschäft, wenn nicht sichergestellt erscheint, dass die besicherte Darlehenssumme in voller Höhe dem Nachlass zugeführt werden wird.

 

Normenkette

BGB §§ 139, 181, 883, 885, 2203, 2205 S. 2, § 2216; GBO § 53 Abs. 1, § 71 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Saarbrücken (Verfügung vom 24.10.2022; Aktenzeichen Grundbuch von St. Johann Blatt 5207)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 14. November 2022 wird das Grundbuchamt angewiesen, gegen die im Grundbuch von St. Johann Blatt 5207 am 24. Oktober 2022 eingetragene Auflassungsvormerkung in Abteilung 2, lfd. Nr. 2 sowie gegen die am selben Tage eingetragene Grundschuld über 225.000,- Euro in Abteilung 3, lfd. Nr. 10, von Amts wegen einen Widerspruch gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO einzutragen.

 

Gründe

I. Mit Schreiben vom 25. Februar 2022 beantragte die Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 2) bis 4) namens der von ihr vertretenen Antragsteller die Eintragung einer Grundschuld an dem im Grundbuch von St. Johann Blatt 5207 eingetragenen Grundbesitz zugunsten der Beteiligten zu 4) sowie, unmittelbar im Nachrange hierzu, einer auflösend bedingten Auflassungsvormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Eigentumsübertragung auf die Beteiligten zu 2) und zu 3) als Grundstückserwerber. Derzeit eingetragene Eigentümerin ist die am 27. Februar 2019 in Saarbrücken verstorbene Frau J.S. geb. G. (im Folgende: Erblasserin). Diese wurde ausweislich eines gemeinschaftlichen Erbscheins des Amtsgerichts Saarbrücken vom 19. November 2019 - 18 VI 1521/19 - von den Beteiligten zu 1) und zu 2), ihren beiden Kindern, zu je 1/2-Anteil beerbt; der Erbschein enthält den Zusatz, dass Testamentsvollstreckung angeordnet sei (Bl. 178 d.A.). Mit privatschriftlichem Testament vom 12. Mai 2008, das am 8. März 2019 unter dem Aktenzeichen 32 IV 70/89 eröffnet wurde, hatte die Erblasserin außer der Erbeinsetzung ihrer beiden Kinder auch noch folgende Anordnungen getroffen (Bl. 44 d.A. 32 IV 70-71/89):

"Meine Tochter erhält das Klavier, meinen Schmuck, Kaffeeservice Krautheim Wiesenblumen und Kleidungsstücke.

Mein Sohn erhält im Hinblick darauf, dass er seit 1988 meine Altersrente mit monatlich 410,33 Euro mitfinanziert hat, die Eigentumswohnung in R./Kleinwalsertal. Darüber hinaus erhält er die Teppiche, das Tafelgeschirr Hutschenreuther und das barocke Silberbesteck.

Meine Enkelin A. erhält meine Pelzmäntel und -jacken.

Die Bilder und sonstigen Vermögensgegenstände sollen im gegenseitigen Einvernehmen hälftig geteilt werden.

Meinen Sohn setze ich hiermit als Rechtsanwalt und Steuerberater zum Testamentsvollstrecker ein."

Dem Beteiligten zu 2) wurde am 27. Juli 2021 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt (AG Saarbrücken, 18 VI 801/19, Bl. 286 d.A.). Mit - auszugsweise vorgelegter - notarieller Urkunde seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 24. Februar 2022 (UR. NR. 216/2022) veräußerte der Beteiligte zu 2) in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker den gegenständlichen Grundbesitz mit allen Rechten und gesetzlichen Bestandteilen an sich selbst sowie an den Beteiligten zu 3) zu je 1/2-Anteil (Bl. 155 ff. d.A.); als Kaufpreis für das nach Angaben in der Urkunde mit mehreren (älteren) Briefgrundschulden zugunsten der Sparkasse belastete Grundstück wurde ein Betrag in Höhe von 360.000,- Euro vereinbart, der vereinbarungsgemäß vorrangig der Ablösung von diesen Grundpfandrechten zugrunde liegenden Verbindlichkeiten dienen und im Übrigen auf ein noch durch separate Anweisung anzugebendes Konto des Veräußerers überwiesen werden sollte (Bl. 156 f., 158 d.A.). Zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsübertragung wurde die Eintragung einer - auflösend bedingten - entsprechenden Vormerkung für den Erbwerber im jeweiligen Erwerbsverhältnis zu Lasten des Grundstücks beantragt und bewilligt. Mit weiterer notarieller Urkunde vom selben Tage (UR Nr. 217/2022) wurde überdies unter Mitwirkung u.a. der Beteiligten zu 2) und zu 3) durch den Eigentümer als Verfügungsberechtigten eine Grundschuld in Höhe von 225.000,- Euro nebst 15 Prozent Jahreszi...

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