Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfolglose Gebührenfestsetzung nach Erhebung nicht offenkundig haltloser Einwände

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Festsetzung anwaltlicher Gebühren gem. § 11 Abs. 1 RVG kommt trotz nicht im Gebührenrecht gründender Einwände oder Einreden des Antragsgegners i.S.d. § 11 Abs. 5 RVG allenfalls dann in Betracht, wenn offenkundig auf der Hand liegt, dass der Einwand oder die Einrede unter keinem denkbaren Gesichtspunkt Bestand haben kann.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Beschluss vom 16.05.2008; Aktenzeichen 11 O 100/07)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG Saarbrücken vom 16.5.2008 (11 O 100/07) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

3. Der Beschwerdewert beträgt 419,48 EUR.

 

Gründe

I. Am 12.6.2007 hatte die - nicht anwaltlich vertretene - Antragsgegnerin beim LG Saarbrücken eine Klage wegen Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss erhoben. Mit Verfügung vom 18.6.2007 wurde sie auf den am LG bestehenden Anwaltszwang hingewiesen. Die Antragsgegnerin fragte an, ob der Anwaltszwang auch für die "eingereichte Zwangsvollstreckungsgegenklage" gelte (Bl. 103 d.A.). Das LG teilte ihr hierauf mit Verfügung vom 18.7.2007 mit (Bl. 104 Rs. d.A.), für den Rechtsstreit sei eine anwaltliche Vertretung erforderlich und sie sei dessen ungeachtet mit ihren Einwendungen gem. § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen; ihr wurde eine Klagerücknahme anheimgestellt. Die Antragsgegnerin reagierte mit Schriftsatz vom 10.8.2007, in welchem sie u.a. ausführte, ob ein Anwaltszwang bestehe, könne dahinstehen, da sie jederzeit einen Anwalt beauftragen könne (Bl. 114 d.A.).

In dem auf den 13.9.2007 anberaumten Verhandlungstermin sie nicht. Es erging ein Versäumnisurteil (Bl. 156 d.A.), das ihr am 14.9.2007 zugestellt wurde (Bl. 159 d.A.). Mit Schriftsatz vom 12.9.2007 rügte sie, das Gericht hätte im Hinblick auf den angenommenen Anwaltszwang die Klage nicht zustellen und auch keinen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen dürfen (Bl. 160 d.A.).

Am 28.9.2007 - am letzten Tag der Einspruchsfrist gegen das Versäumnisurteil - beauftragte die Antragsgegnerin die Sozietät der Antragstellerin, durch welche am selben Tag Einspruch eingelegt wurde (Bl. 162 d.A.). Im Termin am 15.11.2007 wurde der für die Antragsgegnerin aufgetretene Rechtsanwalt W., der keine eigene Einspruchsbegründung gefertigt und sich auf das Vorbringen seiner Partei berufen hatte, auf die fehlende Erfolgsaussicht der Klage hingewiesen (S. 2 der Sitzungsniederschrift vom 15.1.2007, Bl. 171 d.A.). Unter dem 28.11.2007 wandte sich die Antragsgegnerin an ihre Prozessbevollmächtigten und erklärte, sie könne sich nicht zu einer Rücknahme des Einspruchs gegen das Versäumnisurteil entscheiden (Bl. 173 d.A.).

Mit Urteil vom 6.12.2007 hat das LG das Versäumnisurteil unter Berufung auf die Vorschrift des § 767 Abs. 2 ZPO aufrechterhalten.

Die antragstellende Sozietät begehrte mit Schriftsatz vom 31.3.2008, die von der Antragsgegnerin an sie zu zahlende Vergütung auf einen Bruttobetrag von 419,48 EUR (Verfahrensgebühr, Terminsgebühr, Post- und Telekommunikationspauschale zzgl. Umsatzsteuer) festzusetzen (Bl. 253 d.A.). Die Antragsgegnerin hat sich dem entgegengestellt und beantragt, das Kostenfestsetzungsgesuch zurückzuweisen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das LG habe die Klage als unzulässig abgewiesen und auf die Unschlüssigkeit des klägerischen Vorbringens hingewiesen. Sie habe aber von ihrem Anwalt erwarten können, dass dessen Vorbringen schlüssig sei und dass kein unzulässiges Klageverfahren geführt werde (Schriftsatz vom 2.5.2008, Bl. 256 d.A.).

Die Rechtspflegerin beim LG Saarbrücken hat am 16.5.2008 den Antrag auf Festsetzung der Vergütung gem. § 11 RVG zurückgewiesen mit der Begründung, die Antragsgegnerin mache nicht im Gebührenrecht begründete Einwendungen i.S.d. § 11 Abs. 5 RVG geltend (Bl. 257 d.A.).

Die Antragstellerin hat sich mit Schriftsatz vom 20.5.2008 darauf berufen, dass ihre Mandatierung erst am letzten Tag der Einspruchsfrist betreffend das ergangene Versäumnisurteil erfolgt sei, ohne dass man eine Prüfung habe vornehmen können. Am 26.5.2008 ist der Beschluss des LG vom 16.5.2008 der Antragstellerin zugestellt worden (Bl. 265 d.A.). Auf Anfrage von Seiten der Rechtspflegerin hat sie unter dem 29.5.2008 darum gebeten, das Schreiben vom 20.5.2008 als sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 16.5.2008 zu werten (Bl. 310 d.A.).

Die Antragstellerin ist der Ansicht, schon bei oberflächlicher Prüfung nach Aktenlage ergebe sich die Haltlosigkeit der Einwendungen der Antragsgegnerin (Bl. 348 d.A.).

Die Rechtspflegerin beim LG Saarbrücken hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Rechtsbehelfsführerin ist die Anwaltssozietät "S. Rechtsanwälte". Es handelt sich hierbei um eine nach außen am Rechtsverkehr teilnehmende Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die als rechts- und par...

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