Entscheidungsstichwort (Thema)
Sorgerechtsbeeinträchtigende Maßnahmen: Entziehung der elterlichen Sorge und Herausnahme eines Kindes aus dem Haushalt der Mutter
Leitsatz (redaktionell)
Voraussetzungen für Maßnahmen, die das elterliche Sorgerecht beschneiden
Normenkette
BGB § 1666 Abs. 1, 3 Nr. 6, § 1666a Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Ottweiler/Saar (Beschluss vom 30.07.2009; Aktenzeichen 12 F 86/09 SO) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - in Ottweiler vom 30.7.2009 - 12 F 86/09 SO - wird auf Kosten der Antragsgegner zurückgewiesen.
2. Die von den Kindeseltern nachgesuchte Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird verweigert.
3. Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die am 14.3.2009 geborene, vorliegend allein verfahrensbetroffene J. S. ging aus der am 7.11.2008 geschlossenen Ehe der Kindeseltern hervor.
Die Kindesmutter hat aus früheren Beziehungen zwei weitere Kinder, die am geborene M. und den am geborenen S.-C.. Ein diese beide Kinder betreffendes, aufgrund einer am 31.8.2005 eingegangenen Gefährdungsmitteilung des Jugendamts eingeleitetes Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB wurde vom Familiengericht Saarbrücken - 2 F 366/05 SO - nach Einholung eines schriftlichen psychiatrischen Gutachtens des Sachverständigen Dr. G., auf das Bezug genommen wird, am 7.6.2006 eingestellt, nachdem sich die Kindesmutter mit ambulanten Jugendhilfe-maßnahmen einverstanden erklärt hatte. Mit am 12.6.2008 eingegangenem Bericht zeigte das Jugendamt erneut eine Gefährdung M. und S. an. Das Familiengericht Ottweiler entzog der Kindesmutter mit Beschlüssen vom 30.7.2009 im Verfahren 12 F 506/08 SO bzw. 12 F 462/08 SO das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht der Gesundheitsfürsorge und das Recht, Anträge auf Leistungen nach dem Jugendhilfegesetz zu stellen und ordnete insoweit Ergänzungspflegschaft an. Das Jugendamt, das zum Ergänzungspfleger bestimmt wurde, brachte diese Kinder im August 2009 in einer Sieben-Tage-Wohngruppe in S. unter, wo M. weiterhin wohnt. S. wechselte von dort im November 2009 zu seinem Vater nach K., der zwischenzeitlich die elterliche Sorge für S.-C. übertragen bekam. Die Kindesmutter hat zu M. Besuchskontakte mittwochs und samstags.
Im vorliegenden Verfahren hat das Jugendamt mit Eingang vom 4.2.2009 eine Gefährdung der damals noch ungeborenen J. angezeigt. Das Familiengericht hat den in den Verfahren betreffend M. und S. bestellten Sachverständigen Diplom-Psychologen A. am 13.2.2009 gebeten, J. in die Begutachtung jener Kinder einzubeziehen. Dieser hat sein schriftliches Gutachten, das in Bezug genommen wird, am 3.4.2009 erstattet.
Das Jugendamt und die Verfahrenspflegerin haben sinngemäß beantragt, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Kinder außerhäuslich untergebracht werden können.
Die Kindeseltern haben dem Sinn nach darum gebeten, hiervon abzusehen.
Durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht den Kindeseltern bezüglich J. das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht der Gesundheitsfürsorge und das Recht, Anträge auf Leistungen nach dem Jugendhilfegesetz zu stellen, entzogen, Ergänzungspflegschaft angeordnet und das Jugendamt des Regionalverbandes S. als Ergänzungspfleger ausgewählt. Dieses hat J. am 19.8.2009 in einer Bereitschaftspflegefamilie untergebracht, wo sie seitdem lebt.
Mit ihrer fristgerechten Beschwerde erstreben die Kindeseltern die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Sie suchen ferner um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nach.
Das Jugendamt und die Verfahrenspflegerin verteidigen den angefochtenen Beschluss.
Dem Senat haben die Akten 2 F 366/05 SO des AG Saarbrücken und 12 F 462/08 SO sowie 12 F 506/08 SO des AG Ottweiler vorgelegen.
II. Die Senatsentscheidung richtet sich gem. Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG nach den bis zum 31.8.2009 geltenden Vorschriften (vgl. etwa BGH FamRZ 2010, 195).
Die - nach §§ 621e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 1, 621e Abs. 3, 517, 520 ZPO zulässige - Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Zu Recht und auf der Grundlage eines beanstandungsfreien Verfahrens hat das Familiengericht den Kindeseltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht der Gesundheitsfürsorge und das Recht zur Antragstellung nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz entzogen, Ergänzungspflegschaft angeordnet und das Jugendamt des Regionalverbandes S. als Ergänzungspfleger ausgewählt.
Nach § 1666 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 6 BGB kann das Familiengericht, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet wird und die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden, den Sorgeberechtigten das Sorgerecht teilweise oder vollständig entziehen. Nach § 1666a Abs. 1 S. 1 BGB sind Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden sind, nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann.
Bei der Beurteilung, ob und wenn j...