Leitsatz (amtlich)
Ein als beschränkte persönliche Dienstbarkeit vereinbartes Wohnungsrecht kann nicht mit dem Inhalt bestellt werden, dass der Wohnungsberechtigte - auch - mit dinglicher Wirkung dazu verpflichtet sein soll, die anfallenden Kosten der Versicherungen sowie die Grundsteuer zu tragen.
Normenkette
BGB § 1093
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Saarbrücken - Saarländisches Grundbuchamt - vom 16. Januar 2023 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Der Wert für das Beschwerdeverfahren beträgt 96.000,- Euro.
Gründe
I. Der Antragsteller zu 1) ist als Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Flur 1, Flurstück ..., S. in P., in das Grundbuch von H. eingetragen. Bei dem Antragsteller zu 2) handelt es sich um den Sohn des Antragstellers zu 1). Durch notarielle Urkunde vom 6. Dezember 2022 des Notariats ... (Urk.-Nr. 1976/2022 J, Bl. 22 GA) übertrug der Antragsteller zu 1) dem Antragsteller zu 2) das eingangs bezeichnete Grundstück zu Alleineigentum. Als Gegenleistung wurde dem Antragsteller zu 1) und dessen - vor dem Notar ebenfalls anwesenden - Ehefrau ein lebenslanges unentgeltliches Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht unter Ausschluss des jeweiligen Eigentümers sowohl für das Wohnhaus als auch für das unbebaute Grundstück bewilligt. Des Weiteren sieht der notarielle Vertrag vor:
"(...) Die berechtigte Person trägt die Kosten für Strom, Wasser, Gas und Heizung, für Müllabfuhr-, Straßenreinigungs- und Kaminkehrergebühren, die für den gesamten Vertragsgegenstand anfallenden Versicherungen, die Grundsteuer, die sonstigen laufenden Hauskosten sowie den gewöhnlichen Erhaltungsaufwand. (...)"
Mit Antrag vom 6. Dezember 2022 begehrten die Antragsteller die Eigentumsumschreibung, die Eintragung des Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts sowie die Eintragung einer im notariellen Vertrag ebenfalls vorgesehenen Rückübereignungsvormerkung (Bl. 21 GA). Mit Verfügung vom 12. Dezember 2022 sowie angegangener Zwischenverfügung 16. Januar 2023 (Bl. 39 GA) lehnte das Grundbuchamt die Eintragung des Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts mit der Begründung ab, dieses könne nicht mit dem Inhalt bestellt werden, dass der Wohnungsberechtigte die auf den Vertragsgegenstand anfallenden Versicherungen und die Grundsteuer zu tragen habe. Eine solche Regelung sei nur schuldrechtlich, nicht aber dinglich möglich.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller hat dagegen mit Schriftsatz vom 19. Januar 2023 (Bl. 44 GA) bei dem Saarländischen Oberlandesgericht Beschwerde eingelegt.
II. Der Senat hat davon abgesehen, das unmittelbar bei ihm als Beschwerdegericht eingelegte Rechtsmittel dem Grundbuchamt vorab zur Durchführung des Abhilfeverfahrens nach § 75 GBO zuzuleiten, sondern im Beschleunigungsinteresse von seiner Befugnis Gebrauch gemacht, in der Sache sogleich selbst zu entscheiden (vgl. Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 6. November 2013 - 12 Wx 26/13, FGPrax 2014, 56; OLG Köln, Beschluss vom 3. Januar 2011 - I-2 Wx 197/10, FGPrax 2011, 172 m.w.N.)
Die gemäß §§ 71 ff. GBO zulässige Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 16. Januar 2023 (§ 18 Abs. 1 GBO) ist aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die der Senat vorab zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt und die durch das Beschwerdevorbringen nicht ausgeräumt werden, unbegründet.
1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bildet allein das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis, auf das sich die angefochtene Zwischenverfügung bezieht. Insoweit ist das Grundbuchamt zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verpflichtung der Wohnungsberechtigten, die auf den Vertragsgegenstand entfallende Versicherung und Grundsteuer zu tragen, nicht zum Inhalt des dinglichen Wohnungsrechts gemacht werden kann.
a) Der Inhalt einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit in der Form des Wohnungsrechts gemäß § 1093 Abs. 1 Satz 1 BGB ist durch die Verweisung in § 1090 Abs. 2 BGB auf bestimmte Vorschriften der Grunddienstbarkeit und durch weitere Verweisung in § 1093 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Vorschriften des Nießbrauchsrechts gekennzeichnet. Dieser Inhalt kann grundsätzlich nicht durch Vertrag abweichend bestimmt werden, weil auf dem Gebiet des Sachenrechts die Gestaltungsfreiheit weitgehend ausgeschlossen ist. Das Gesetz bestimmt nicht nur die Zahl der dinglichen Rechte abschließend, sondern schreibt auch ihren Inhalt zwingend vor (BayObLG, Beschluss vom 29. Juli 1988 - BReg. 2 Z 76/88, NJW-RR 1989, 14; BayObLG, Beschluss vom 18. Juni 1980 - BReg. 2 Z 28/80, MDR 1980, 385).
Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Abweichende Vereinbarungen über den Inhalt eines dinglichen Rechts sind dann nicht nur mit schuldrechtlicher, sondern auch mit dinglicher Wirkung möglich, wenn entweder das Gesetz selbst die Abänderbarkeit vorsieht oder zulässt oder wenn bei einer Änderung des Inhalts eines Rechts nicht gegen tragende und zwingende Grundprinzipien verstoßen wird, die...