Leitsatz (amtlich)

Es kann nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass ein Unterhaltsgläubiger verfahrenskostenhilferechtlich mutwillig handelt, wenn er erst den Verfahrenswert erhöhende Rückstände auflaufen lässt, bevor er den Unterhalt gerichtlich geltend macht. Der Vorwurf der Mutwilligkeit dieses Verhaltens erfordert jedenfalls stets eine konkrete Einzelfallprüfung.

 

Verfahrensgang

AG St. Ingbert (Beschluss vom 16.12.2013; Aktenzeichen 4 F 259/13 VKH1)

 

Tenor

1. Auf die als sofortige Beschwerde zu wertende Eingabe der Antragstellerin vom 19.12.2013 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - in St. Ingbert vom 16.12.2013 - 4 F 259/13 VKH1 - unter Zurückweisung der weiter gehenden Beschwerde teilweise aufgehoben und die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG - Familiengericht - in St. Ingbert zurückverwiesen, soweit der Antragstellerin die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe auch für die Geltendmachung von Trennungsunterhalt i.H.v. monatlich XXXX EUR - abzgl. hierauf geleisteter Zahlungen - für die Zeit von November 2012 bis Oktober 2013 verweigert worden ist.

2. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

3. Die Gebühr gem. Nr. 1912 KV-FAmGKG wird auf 30 EUR herabgesetzt.

 

Gründe

Die als sofortige Beschwerde zu wertende Eingabe der Antragstellerin ist gem. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO zulässig. Sie hat im Umfang des Beschlusstenors einen vorläufigen Teilerfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das Familiengericht der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe für die Geltendmachung von Trennungsunterhalt von März 2012 bis Oktober 2012 verweigert, denn insoweit hat der beabsichtigte Antrag keine Aussicht auf Erfolg (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 40 EGZPO, 114 ZPO a.F.). Es kann dahinstehen, ob für diesen Zeitraum überhaupt Unterhaltsrückstände aufgelaufen sind, denn die Antragstellerin kann sie schon deshalb nicht mehr geltend machen, weil sie verwirkt sind (§ 242 BGB). Grundsätzlich gilt, dass das Zeitmoment der Verwirkung in der Regel für die Zeitabschnitte vorliegt, die mehr als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit des Antrags oder einem erneuten Tätigwerden zurückliegen (vgl. dazu Wendl/Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., §, 6, Rz. 143, m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin ihren Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe am 31.10.2013 beim Familiengericht eingereicht und er ist dem Antragsgegner im November 2013 übersandt worden. Der für März 2012 bis Oktober 2012 geschuldete Trennungsunterhalt wurde zuvor, wovon mangels weiter gehenden nachvollziehbaren Sachvortrags hierzu auszugehen ist, lediglich mit Schreiben vom 7.3.2012 (Bl. 12f d.A.) geltend gemacht. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner auf die damalige Unterhaltsforderung der Antragstellerin hin eine eigene Berechnung vorgelegt und auf dieser Grundlage monatlich XXX EUR gezahlt hat, ohne dass dies, soweit ersichtlich, in der Folgezeit von der Antragstellerin beanstandet worden ist. Im Gegenteil ergibt sich aus den Schreiben vom 22. und 23.10.2012 (Bl. 14 ff. d.A.), dass die Antragstellerin für die Zeit vor Oktober 2012 ersichtlich keine Ansprüche mehr stellen wollte, denn darin wird lediglich für die Zeit ab November 2012 ein erhöhter Unterhalt gefordert. Damit ist auch das Umstandsmoment zweifelsfrei erfüllt. Der Antragstellerin stehen daher für den davor liegenden Zeitraum keine Ansprüche mehr zu. Die Verweigerung von Verfahrenskostenhilfe in dem angefochtenen Beschluss hält also insoweit den Beschwerdeangriffen stand.

Der angefochtene Beschluss hat auch insofern Bestand, als das Familiengericht der Antragstellerin für die Zeit ab November 2013 Verfahrenskostenhilfe für die Geltendmachung von Trennungsunterhalt i.H.v. monatlich XXXX EUR bewilligt hat, denn dies benachteiligt die Antragstellerin nicht, da sie insoweit ohnehin nur Verfahrenskostenhilfe für Anträge auf Zahlung von monatlich XXX EUR begehrt hat.

Soweit beabsichtigt ist, Trennungsunterhalt für die Zeit von November 2012 bis Oktober 2013 i.H.v. monatlich XXXX EUR - abzgl. geleisteter, im Einzelnen aufgeführter Zahlungen des Antragsgegners - geltend zu machen, kann der Antragstellerin mit der Begründung des Familiengerichts die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe indes nicht verweigert werden.

Allerdings geht das Familiengericht zutreffend davon aus, dass die Voraussetzungen des § 1613 BGB, der hier gem. §§ 1361 Abs. 4 S. 4, 1360a Abs. 3 BGB entsprechend anzuwenden ist, nicht vorliegen, soweit die Antragstellerin einen über XXXX EUR monatlich hinausgehenden Unterhalt verlangt, da nicht ersichtlich ist, dass der Antragsgegner insoweit wirksam in Verzug gesetzt wurde. Hinsichtlich dieses Zeitraums hat die Antragstellerin zwar zunächst mit Schreiben vom 22.10.2012 Trennungsunterhalt i.H.v. XXXX EUR monatlich verlangt, in dem Schreiben vom 23.10.2012 (Bl. 16f d.A.) ist allerdings nur noch von der Erhöhung des Ehegattenunterhalts von XXX EUR auf XXXX EUR die Rede. Der A...

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