Leitsatz (amtlich)
In besonderen Fällen kann der betreuende Elternteil im Rahmen der Umgangsregelung verpflichtet werden, sich an dem zeitlichen und organisatorischen Mehraufwand zu beteiligen, der dadurch entstanden ist, dass er eine erhebliche räumliche Distanz zwischen den Eltern geschaffen hat. Dies gilt etwa dann, wenn die Ausübung des Umgangsrechts aufgrund der räumlichen Distanz mit einem erheblichen Zeit- und Kostenaufwand für den Umgangsberechtigten verbunden ist und es diesem angesichts eingeschränkter finanzieller Möglichkeiten nur unter erheblichen Einschränkungen überhaupt möglich ist, den Umgang regelmäßig auszuüben, während es dem betreuenden Elternteil möglich wäre, eine Übernahme mit dem Umgang für ihn verbundener Fahrtkosten durch das Jobcenter zu erreichen.
Verfahrensgang
AG Neunkirchen (Aktenzeichen 17 F 263/18 UG) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Neunkirchen vom 22. November 2018 - 17 F 263/18 UG - wird zurückgewiesen.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Beschwerdewert: 1.000 EUR.
4. Der Antragsgegnerin wird die für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe verweigert.
5. Dem Antragsteller wird mit Wirkung vom 18. Februar 2019 für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenanordnung bewilligt und Rechtsanwalt L. M. mit der Maßgabe beigeordnet, dass Kosten, die dadurch entstehen, dass der beigeordnete Rechtsanwalt seinen Sitz nicht im Bezirk des Beschwerdegerichts hat, nur bis zur Höhe der Vergütung eines am Wohnort des Antragsgegners ansässigen Verkehrsanwalts erstattet werden.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind miteinander verheiratet und leben seit dem 8. Juni 2018 getrennt. Aus der Ehe ist die am 6. April 2018 geborene S. hervorgegangen. Sie lebt bei der Antragsgegnerin, welche die eheliche Wohnung in L. verlassen hat und mit dem Kind nach N., wo ihre Eltern wohnen, verzogen ist.
Mit am 6. September 2018 eingereichtem Schriftsatz hat der Antragsteller beantragt, ihm ein im Einzelnen näher bezeichnetes Umgangsrecht mit S. einzuräumen. Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie hat hierzu vorgetragen, dass Einigkeit darüber bestehe, dass S. ihren Lebensmittelpunkt bei der Antragsgegnerin habe; hinsichtlich des Umgangs bestehe das Problem in der enormen Entfernung zwischen den Wohnorten der beteiligten Eltern.
Das Familiengericht hat die Beteiligten persönlich angehört. Anlässlich der mündlichen Erörterung hat es vorgeschlagen, dass die Umgangskontakte alle sechs Wochen stattfinden sollten, womit sich die Eltern im Grundsatz auch einverstanden erklärt haben. Keine Einigung konnte indes hinsichtlich der Übergabemodalitäten erzielt werden. Während der Antragsteller nach Beendigung des Umgangs als Übergabeort den Hauptbahnhof in Hannover vorgeschlagen hat, hat sich die Antragsgegnerin lediglich mit dem Hauptbahnhof in Frankfurt einverstanden erklärt.
Das Jugendamt hat vorgeschlagen, dass der Treffpunkt für die Übergabe des Kindes auf der Rückfahrt so festgelegt sein sollte, dass beide Elternteile in etwa die gleiche Wegstrecke zurücklegen müssten.
In dem angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht den Umgang mit S. dahingehend geregelt, dass
1. der Kindesvater das Recht und die Pflicht hat, die gemeinsame Tochter im Abstand von sechs Wochen für den Zeitraum von einer Woche und zwar jeweils von sonntags um 10:00 Uhr bis zum darauf folgenden Sonntag um 14:00 Uhr zu sich zu holen,
2. der Kindesvater verpflichtet wird, das Kind sonntags um 10:00 Uhr im Haushalt der Kindesmutter in Neunkirchen abzuholen,
3. die Rückgabe des Kindes am darauf folgenden Sonntag um 14:00 Uhr am Hauptbahnhof in Hannover stattfindet und zwar am Info-Punkt der Deutschen Bahn, in der Mittelhalle, nahe des Ausgangs Ernst-August-Platz, Richtung Innenstadt,
wobei der Kindesvater dazu verpflichtet wird, das Kind am Hauptbahnhof in Hannover zu übergeben, die Kindesmutter verpflichtet wird, das Kind in Empfang zu nehmen.
Der erste so ausgestaltete Umgangskontakt findet in abgekürzter Form statt und zwar von Mittwoch, dem 5. Dezember 2018, 10:00 Uhr, bis Sonntag, dem 9. Dezember 2018, 14:00 Uhr. Der nächste Umgangskontakt findet dann von Sonntag 20. Januar 2019 bis Sonntag 27. Januar 2019 statt.
Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie erreichen will, dass die Rückgabe des Kindes nicht in Hannover, sondern am Hauptbahnhof in Kassel stattfinden solle. Die Antragsgegnerin trägt vor, dass dies dem Vorschlag des Jugendamtes entspreche und sie aus Angst vor körperlichen Übergriffen des Antragstellers, die in der Vergangenheit stattgefunden hätten, bei der Übernahme des Kindes eine Begleitperson bei sich haben wolle.
Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und trägt vor, dass er die weitaus größere finanzielle Last im Zusammenhang mit dem Umga...