Leitsatz (amtlich)
Gegen Beschlüsse über die Einstellung der Zwangsvollstreckung ist das Rechtsmittel der sofortigen bzw. außerordentlichen Beschwerde seit In-Kraft-Treten des Anhörungsrügengesetzes unzulässig.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 06.03.2006; Aktenzeichen 15 O 446/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des LG Saarbrücken vom 6.3.2006, 15 O 446/05, wird kostenpflichtig als unzulässig verworfen.
Gründe
I. Der Kläger, der mit schriftlichem Pachtvertrag vom 23.2.2005 von der Beklagten eine Grundstücksteilfläche zur gewerblichen Nutzung (Flüssiggasabgabe/Tankstelle) gepachtet hatte, nimmt die Beklagte auf Schadensersatz i.H.v. 6.395 EUR wegen Nichtüberlassung der Grundstücksteilfläche in Anspruch.
Nachdem der Beklagten mit Verfügung vom 19.12.2005 die Klageschrift mit der Aufforderung, einen beim LG zugelassenen Rechtsanwalt zu bestellen, innerhalb von zwei Wochen Verteidigungsbereitschaft anzuzeigen und binnen vier Wochen seit der Zustellung durch einen beim LG zugelassenen Rechtsanwalt eine Klageerwiderung einzureichen (LZ 22), mit Belehrung (LZ 13) am 21.12.2005 zugestellt worden war (Bl. 18, 19 d.A.), teilte der in der Klageschrift bezeichnete Rechtsanwalt mit, dass er die Beklagte nicht mehr vertrete (Bl. 20 d.A.). Am 9.1.2006 erging gegen die Beklagte ein Versäumnisurteil, mit dem die Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger 6.395 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2005 zu zahlen (Bl. 21/22 d.A.). Das Versäumnisurteil wurde der Beklagten am 11.1.2006 zugestellt (Bl. 24 d.A.).
Mit am 12.1.2006 eingegangenem Schriftsatz legte die Beklagte gegen das Versäumnisurteil Einspruch ein (Bl. 31 d.A.). Mit Schriftsatz vom 22.2.2006 beantragte die Beklagte die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil, notfalls gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 6.395 EUR (Bl. 49/50 d.A.).
Das LG hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 6.3.2006 die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 8.300 EUR einstweilen eingestellt und der Beklagten gestattet, die Sicherheitsleistung auch in Form einer schriftlichen, unwiderruflichen, unbedingten und unbefristeten Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse oder durch Hinterlegung von Geld zu erbringen; den Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung hat es hingegen zurückgewiesen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien (Bl. 51/52 d.A.).
Gegen den ihr am 7.3.2006 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit am 10.3.2006 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil einstweilen ohne Sicherheitsleistung einzustellen. Zur Begründung hat sie darauf hingewiesen, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen sei, weil die Klage, wie der Hinweis des Gerichts vom 6.2.2006 zeige, offenkundig unschlüssig sei.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen OLG zur Entscheidung vorgelegt.
II.1. Das Beschwerdegericht hat gem. § 568 Abs. 1 ZPO durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden, weil die angefochtene Entscheidung durch den Einzelrichter getroffen wurde.
2. Die sofortige Beschwerde ist nicht zulässig.
Auf Beschlüsse über die Einstellung der Zwangsvollstreckung (§§ 707, 719 Abs. 1 ZPO) findet seit In-Kraft-Treten des Anhörungsrügengesetzes zum 1.1.2005 die Regelung des § 321a ZPO Anwendung, weil es sich um rügefähige Entscheidungen im Sinne dieser Vorschrift handelt. Dies bedeutet, dass das Verfahren, gleichgültig, ob die Partei auf die befristete Gegenvorstellung oder auf § 321a ZPO verwiesen wird, zur Selbstkontrolle in der Instanz verbleibt (Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 707 Rz. 22; Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 707 Rz. 17).
Das Rechtsmittel ist auch nicht als außerordentliche Beschwerde zulässig. Zwar hat die früher wohl herrschende Rechtsprechung die sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen über Anträge auf Einstellung der Zwangsvollstreckung (§§ 707, 719 Abs. 1 ZPO) trotz der eindeutigen und gegenteiligen Regelung in § 707 Abs. 2 S. 2 ZPO in Fällen greifbarer Gesetzeswidrigkeit ausnahmsweise zugelassen (Musielak/Lackmann, ZPO, 3. Aufl., § 707 Rz. 13; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 707 Rz. 22, jeweils m.w.N.). Diese Rechtsprechung ist jedoch angesichts der grundlegenden Neugestaltung des Verfahrensrechts durch das am 1.1.2002 in Kraft getretene Zivilreformgesetz und insb. nach In-Kraft-Treten des Anhörungsrügengesetzes zum 1.1.2005 überholt, weil der Gesetzgeber die von der Rechtsprechung praktizierte Ausnahmebeschwerde nicht in die Zivilprozessordnung übernommen hat. Mit dem In-Kraft-Treten der vorgenannten Neuregelungen muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die Zulassung einer Ausnahmebeschwerde nicht (mehr) dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Dementsprechend hat schon der 9. Zivilsenat des BGH, dem sich auch andere Senate angeschlossen haben, mit Beschluss vom 7.3.2002 (BGH v. 7.3.2002...