Leitsatz (amtlich)

Die Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrags auf Verlegung eines Hauptverhandlungstermins ist ausnahmsweise dann statthaft, wenn sie für den Angeklagten eine besondere selbstständige Beschwer beinhaltet, etwa weil hierdurch sein Recht, sich von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen, berührt wird.

Begründet ist eine solche Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrags auf Terminsverlegung, wenn sie ermessensfehlerhaft ist, was insbesondere dann der Fall ist, wenn das Recht des Angeklagten, sich von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen, nicht berücksichtigt worden ist.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Entscheidung vom 06.05.2014; Aktenzeichen 10 Ns 88/14)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Angeklagten vom 7. Mai 2015 werden die Verfügung des Vorsitzenden der 10. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 6. Mai 2015 und der auf den 2. Juni 2015 bestimmte Termin zur Berufungshauptverhandlung a u f g e h o b e n.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeklagten in diesem entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht - Strafrichter - Saarbrücken verurteilte den - bereits erstinstanzlich sowohl von einem Pflichtverteidiger (Rechtanwalt pp.) als auch von einem Wahlverteidiger (Rechtsanwalt pp.) verteidigten - Angeklagten mit Urteil vom 4. April 2014 (Az.: 119 Ds 358/13) wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Gegen dieses Urteil legten der Angeklagte mit Schriftsatz seines Wahlverteidigers vom 4. April 2014 - eingegangen beim Amtsgericht am 10. April 2014 - wie auch die Staatsanwaltschaft rechtzeitig Berufung ein.

Am 25. Februar 2015 bestimmte der Vorsitzende der 10. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken, bei dem die Akten am 2. Juli 2014 eingegangen waren (Bl. 144 d. A.), Termin zur Berufungshauptverhandlung auf den 14. April 2015, 9.00 Uhr (Bl. 155 d. A.). Nachdem der zu diesem Termin am 6. März 2015 geladene Angeklagte - im Gegensatz zu seinen beiden Verteidigern - unentschuldigt nicht erschienen war, erließ das Landgericht in der Hauptverhandlung vom 14. April 2015 einen Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 StPO (Bl. 169, 171 f. d. A.).

Mit Schriftsatz vom 22. April 2015 (Bl. 199 f. d. A.) beantragte der Wahlverteidiger des Angeklagten mit der Begründung, der Angeklagte habe sich - was in Form eines zur Akte gelangten Vermerks einer Justizbeschäftigten des Landgerichts Saarbrücken über einen entsprechenden Anruf einer Wachtmeisterin des Amtsgerichts Saarbrücken bestätigt worden war (Bl. 167 d. A.) - zu dem Hauptverhandlungstermin vom 14. April 2015 versehentlich beim Amtsgericht Saarbrücken statt beim Landgericht eingefunden gehabt, die Aufhebung des Haftbefehls, was der Vorsitzende der 10. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken mit Verfügung vom 24. April 2015 ablehnte (Bl. 200 Rs. d. A.).

Am 27. April 2015 wurde der Angeklagte aufgrund des gegen ihn bestehenden Haftbefehls anlässlich einer Gerichtsverhandlung beim Amtsgericht Saarbrücken in Anwesenheit seines Wahlverteidigers (vgl. Bl. 175 d. A.) festgenommen (vgl. Bl. 184 d. A.) und ca. zwei Stunden später dem Vorsitzenden der 10. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken zwecks Verkündung des Haftbefehls vorgeführt (vgl. Bl. 181, 184 d. A.). Bei der Verkündung des Haftbefehls war der Pflichtverteidiger, nicht aber der Wahlverteidiger anwesend. Eingangs des diesbezüglichen Protokolls vom 27. April 2015 (Bl. 175 f. d. A.) heißt es hierzu: "Auf Frage des Gerichts wird mitgeteilt, der Wahlverteidiger, RA pp., habe nicht erreicht werden können." Nach Verkündung des Haftbefehls bestimmte der Vorsitzende nach vorheriger Absprache mit "dem Pflichtverteidiger und der Nebenklägervertreterin" Termin zur Berufungshauptverhandlung auf den 2. Juni 2015, 9.00 Uhr und setzte zugleich den Haftbefehl vom 14. April 2015 unter der Auflage außer Vollzug, "dass der Angeklagte sämtlichen Ladungen in dieser Sache - insbesondere der Ladung zum Hauptverhandlungstermin am 02.06.2015 - zuverlässig Folge leistet."

Mit am 5. Mai 2015 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag (Bl. 187 d. A.) beantragte der Wahlverteidiger, der die Ladung zu dem auf den 2. Juni 2015 bestimmten Hauptverhandlungstermin am 5. Mai 2015 erhalten hatte (Bl. 189 d. A.), die Verlegung dieses Termins, da er "sich am gleichen Tag ab 9.00 Uhr als Offizialverteidiger beim Amtsgericht Saarbrücken bei einer Fortsetzungsverhandlung" befinde. Mit Verfügung vom 6. Mai 2015 (Bl. 187 d. A.) lehnte der Vorsitzende der 10. Kleinen Strafkammer die Verlegung des Hauptverhandlungstermins ab, da der Termin bei der Verkündung des Haftbefehls "mit dem Angeklagten und dem Pflichtverteidiger abgesprochen" worden und die Vereinbarung eines zeitnahen Termins Voraussetzung für die Außervollzugsetzung des Haftbefehls gewesen sei.

Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der durch seinen Wahlverteidiger mit S...

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